Da gibt es eine ganze Palette, psychologische und körperliche. Häufig übersehen werden die unruhigen Beine in der Nacht, also das Restless-Legs-Syndrom, unter dem mindestens fünf Prozent der Bevölkerung leiden. Das tritt sogar dann am häufigsten auf, wenn man schön entspannt ist und es einem eigentlich richtig gut geht. In dem Falle ist also der Stress gerade nicht die Hauptursache für Schlafstörungen. Auch nächtliche Atemaussetzer können die Ursache von Schlafstörungen sein. Man sollte also nicht alle Schlafstörungen psychologisieren.
Wichtig beim Einschlafen sind auch die sogenannten aufrechterhaltenden Faktoren. Was bedeutet das genau?
Das wird auch manchmal als Teufelskreis der Schlafstörung bezeichnet. Denn das Problem beim Schlaf ist, dass er umso schwieriger wird, je mehr ich über ihn nachdenke. Wenn ich also bereits Schlafstörungen habe und mir Sorgen mache: „O Gott, jetzt kann ich wieder nicht schlafen, wie soll ich da nur den nächsten Tag überleben?“, oder mir auch über Lösungsmöglichkeiten für mein Schlafproblem den Kopf zerbreche, ob ich etwa die Matratze wechseln oder lieber bei offenem Fenster schlafen soll, trägt das auch zur Schlafstörung bei. Dann kann es sogar sein, dass der Stressfaktor, der ursprünglich zu ihr geführt hat, gar nicht mehr da ist, aber die Schlafstörung trotzdem bleibt, weil man sich dauernd damit beschäftigt, sie in den Griff zu bekommen.
Dann könnten Schlafmedikamente ja auch ein Teil dieses Problems sein …
Ja. Die können zwar vorübergehend sinnvoll sein. Doch wenn dann die Menschen das Mittel absetzen und sich darüber Sorge machen, wie sie jetzt noch ohne die pharmazeutische Hilfe zur Ruhe finden können, haben wir wieder den Teufelskreis. Diese Dinge spielen bei den psychisch bedingten Schlafstörungen eine große Rolle, und da muss man auch in der Therapie gezielt ansetzen.
Aber wie kommt man aus diesem Teufelskreis wieder heraus?
Mittels einer kognitiven Verhaltenstherapie. Bei uns geschieht das durch sieben Gruppensitzungen, einmal pro Woche. Ihre Erfolgsquote liegt bei 85 Prozent. Das hilft auch bei langwierigen Schlafstörungen.
Da lernen die Leute dann wieder zu schlafen?
Genau. Sie lernen, die Dinge zu tun, die ihren eigenen Schlaf begünstigen. Wie etwa, dass man den Lauf der Gedanken entspannt beobachtet. Wichtig ist außerdem das Verkürzen der Bettzeit, etwa auf sechs Stunden. So wird der Schlafdruck erhöht und die Gewohnheit umgestellt, und wenn das geklappt hat, wird die Bettzeit wieder schrittweise verlängert. Denn viele denken, sie müssen besonders früh ins Bett, um die Chancen für den Schlaf zu erhöhen. Dabei geht es darum, das Bett nur zum Schlafen, und nicht zum Wachliegen zu benutzen.
Eine gezielte Schlafverkürzung mal ausgenommen: Wie lange sollte denn ein erwachsener Mensch eigentlich schlafen?
Oft werden da sieben bis siebeneinhalb Stunden genannt. Doch letzten Endes kann das Schlafbedürfnis sehr unterschiedlich sein, die Spanne reicht von sechs bis elf Stunden. Wichtig dabei ist, dass der Schlaf erholsam ist und wir uns tagsüber fit fühlen. Das Problem ist aber, dass wir oft weniger schlafen, als wir bräuchten. In Deutschland geht man von einem durchschnittlichen Schlafdefizit von einer halben Stunde aus. Das liegt vor allem an unseren Lebensgewohnheiten. Ein Forscher hat mal gesagt: „Wir gehen ins Bett, wann wir wollen. Aber wir stehen auf, wann wir müssen.“ Das bringt unser Schlafproblem gut auf den Punkt.
Der Schlafforscher
Werdegang
Michael Schredl studierte Elektrotechnik an der TU Karlsruhe und Psychologie an der Universität Mannheim. Seit 2002 ist er wissenschaftlicher Leiter des Schlaflabors am Zentralinstitut für psychische Gesundheit in Mannheim.
Schwerpunkte
Schredl forscht unter anderem zu luziden Träumen, Traumerinnerungen, Schlafstörungen und dem Restless-Legs-Syndrom.