Schlepper-Tour des BBV Aufklärung für mehr Wertschätzung

Günther Geiling
In der „Milchtankstelle“ -Schleicher in Junkersdorf die Kindergartenkinder mit Kreisbäuerin Cäcilie Werner, Bürgermeister Wolfram Thein, Lea Schleicher, Friedrich Grimmer, stellvertretender Kreisbäuerin Petra Grimmer und stellvertretendem Landrat Oskar Ebert. Foto: /Günther Geiling

Der Bayerische Bauernverband ist derzeit mit einem „Erklär-Traktor“ im Landkreis unterwegs. Halt machte er unter anderem in Ebern und Junkersdorf.

 
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Ebern/Junkersdorf - „Woher kommen unsere Lebensmittel und wie werden sie erzeugt?“ Diese Fragen beschäftigen immer mehr Menschen und seit der Corona-Krise noch intensiver. Der Bayerische Bauernverband (BBV) will dazu die passende Antwort geben, ist derzeit mit seinem Erklär-Traktor auf Tour durch Bayern und machte in den letzten Tagen Halt im Landkreis Haßberge, in Junkersdorf an einer „Milchtankstelle“ und in Ebern an einer Metzgerei, wo es vieles gab, „das durch den Magen geht“.

Der Bayerische Bauernverband will mit der Schleppertour 2021 „Essen-Aus-Bayern“ Einblicke in die Erzeugung regionaler Lebensmittel geben und dabei immer auch einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen, denn immer weniger Menschen haben noch einen direkten Bezug zur Landwirtschaft. Der bunt beklebte Traktor soll einerseits auf die Vorzüge und Vielfalt der regionalen Erzeugung aufmerksam machen und gleichzeitig wollen die Organisatoren vor Ort das Bewusstsein für die regionale Erzeugung fördern und den Konsum von heimischen Lebensmitteln ankurbeln.

„Das Coronavirus hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie abhängig wir von weltweiten Warenströmen sind. In dieser Zeit wurde der gesamten Gesellschaft wieder bewusst, wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft und die Versorgung mit hochwertigen heimischen Lebensmitteln sind“, meinte Klaus Pieroth vom BBV-Hassberge. Nach einer Erhebung der bayerischen Ernährungsministerin Michaela Kaniber hätten 44 Prozent bei einer Umfrage angegeben, dass sie ihr Einkaufsverhalten geändert hätten.

Von den landwirtschaftlichen Betrieben Dieter Reißenweber und Robert Bohla in der Gemeinde Untermerzbach, wo man einen Zwischenstand von der diesjährigen Ernte zog, ging es bei der Tour weiter nach Junkersdorf zum landwirtschaftlichen Betrieb von Kurt Schleicher mit 87 ha Acker- und 12 ha Grünlandfläche. Im Betrieb mit 25 Fleckvieh-Milchkühen und 21 Jungtieren sowie 520 Mastschweinen ist auch Tochter Lea tätig, die Landwirtschaftsmeisterin ist.

Sie hatte vor über einem Jahr die Idee, eine „Milchtankstelle“ mit Hofladen einzurichten, wo es auch Nudeln, Mehl, Speisekartoffel, Eier sowie Milchprodukte wie Butter, Käse, Mozzarella und anderes mehr gibt. Das Besondere ist aber der Milchautomat, wo man täglich rund um die Uhr frische Milch „zapfen“ kann. Lea Schleicher gibt aber zu, dass der tägliche Verbrauch schwer planbar sei und bisher täglich zwischen 5 bis 30 Liter geholt würden. „Dabei handelt es sich um eine Stammkundschaft aus dem Ort und der näheren Umgebung. Ohne sie würde es sich überhaupt nicht rentieren und ich hoffe, dass es noch mehr Abnehmer werden.“

Mit dem Bauernhof mitten im Ort sei man derzeit auch noch etwas eingeschränkt, sodass ihre Milchkühe in der Stallung in Anbindehaltung gehalten würden. „So ist es ja noch bei vielen kleineren Betrieben und der Absprung auf eine andere Ebene mit Freilandhaltung ist eigentlich viel zu teuer“, meinte die Landwirtschaftsmeisterin.

Neben ihr steht dabei Friedrich Grimmer, Sohn der stellvertretenden Kreisbäuerin Petra Grimmer aus Bischwind am Raueneck, der mit seinen ebenfalls 25 Jahren über dem Masterstudium Agrarwissenschaft ist. Sie gestehen „wir beide wünschen uns eine gemeinsame Zukunft, haben einen Traum und hätten Lust, gemeinsam etwas zu machen.“ Das würde aber bedeuten, einen neuen Stall zu bauen und von der Anbindehaltung auf Freiland umzuplanen.

„Ein solcher Neubau kostet aber ein bis eineinhalb Millionen Euro und da stellt sich schon die Frage, ob es sich rentiert. Wir sind zwei junge Leute und hätten Lust dazu. Aber es müssen auch die Rahmenbedingungen passen und es muss klar sein, dass dies umgesetzt werden kann. So haben sich in letzter Zeit auch die Baukosten exorbitant erhöht und deswegen muss man sich das schwer überlegen. “ Man wolle ja schließlich nicht nur für einen Stall und Maschinen arbeiten, sondern wolle auch eine Familie gründen, auch etwas an die Freizeit und persönliche Dinge denken.

Am Ende müsse das Geld erst einmal verdient werden und man brauche ein Einkommen, das langfristig gegeben sei. Dies sei auch ein Grund, warum Landwirte noch an ihrer Anbindehaltung festhielten und hier gelte es auch die Menschen mit solchen Problemen zu erreichen und Verständnis zu wecken. Ihre Kühe würden deswegen nicht schlechter behandelt.

Dies zeigte man dann den Buben und Mädchen vom Kindergarten, die auch erfuhren, wie wichtig die Milch für die Energiezufuhr, den Zellaufbau und das Wachstum sei. Sie durften dann die Milch probieren, Mixgetränke oder auch Kirsch- und Beerengrütze kosten.

Die Traktor-Tour führte dann zur Metzgerei Hümmer, wo Metzgermeisterin Marion Hümmer den Weg von der Urproduktion bis zum leckeren Stück Fleisch und Metzgereiprodukten aufzeigte. Sie hätten selbst 70 Milchkühe und betrieben auch die Nachzucht von Vieh mit einer Landwirtschaft mit 100 ha, die von ihrem Mann Norbert Müller und ihrem Schwager Siegfried Müller betrieben werde. „Mein Mann kann heute hier nicht dabei sein und hat mir gerade eine Zwillingsgeburt im Stall gepostet“, freute sich Marion Hümmer über eine Nachricht von ihm.

In Höchstädten habe man den „EU-zugelassenen Schlacht- und Zerlegebetrieb“ und lege viel Wert auf gute Qualität mit Tieren aus der Region. „Wir sind ein Familienunternehmen, das seit 45 Jahren Fleisch und Wurstwaren in bester Qualität liefert und wir sind Profis in Partyservice, für Feste und Familienfeiern aller Art.“ Auch beliefere man Biergärten und Gastronomen oder auch besondere Veranstaltungen wie die Feste im Schloss Eyrichshof.

Marion Hümmer betonte, dass man sich die Ursprünglichkeit des Metzgerberufs bewahrt habe und drückte dies aus mit dem Satz „bei uns läuft keine Wurst vom Band, wir arbeiten alle noch mit Herz und Hand“. Die Hausmacherwurst sei schon etwas Besonderes, die Bratwurst pure Handarbeit und das Steak gewürzt mit einer eigenen Gewürzmischung.

In der Stadt Ebern machten die BBV-Vertreter aber auch das Problem von Freiflächen-Fotovoltaik-Anlagen zum Thema, zumal einzelne Kommunen ihre Landwirte oder Eigentümer anschrieben, ob sie nicht Flächen für Fotovoltaik zur Verfügung stellten. Mit dem Bau von 30 ha Anlagen pro Tag in Bayern komme es zu einem regelrechten „Flächenfraß“, bei dem auch landwirtschaftliche Flächen aus der Bewirtschaftung genommen würden, der Tourismus Schaden nehme und auch das Landschaftsbild beeinträchtigt werde. Besser wäre es, überbaute Flächen für solche Anlagen zu nutzen.

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