Sendelbach Muss die „Gemeinde-Eiche“ sterben?

Günther Geiling

Sie ist groß, imposant und für viele ein „Highlight“ in Sendelbach. Anders hingegen für eine Anwohnerin, die sich unter anderem am herabfallenden Laub des Baumes stört.

 
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Blick auf die „Gemeinde-Eiche“ in Sendelbach, die als absolutes Highlight in Zeiten des Klimawandels gesehen wird, aber einem Grundstücksbesitzer (linke Seite) ein Dorn im Auge ist. Foto: /Günther Geiling

Rentweinsdorf - Recht emotional ging es in der jüngsten Rentweinsdorfer Gemeinderatssitzung zu. Im Fokus des Geschehens: eine „Gemeinde-Eiche“ im Ortsteil Sendelbach, die zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg gepflanzt worden und die der einzige Baum in dieser Dimension in Sendelbach sein soll. „In Zeiten des Klimawandels ist sie ein absolutes Highlight, das unbedingt erhalten werden muss. Sie hat Naturdenkmalcharakter, hat ein wunderbares Erscheinungsbild und eine herausragende Krone. Mit ihrer Stabilität hat sie den Stürmen der letzten 30 Jahre getrotzt“, so Förster Wolfgang Gnannt. Sie sei auch ökologisch sehr wertvoll, weil dort nachts viele Fledermäuse unterwegs seien und auch andere Insekten.

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Die Eiche sei eine Baumart des Klimawandels und deswegen sei auch die Bitte an die Untere Naturschutzbehörde gekommen, diesen Baum zu schützen und ihn zu einem Naturdenkmal zu machen. „Die Begehrlichkeit des Einzelnen ist dabei dem Allgemeinwohl unterzuordnen und die Vorteile der Erhaltung überwiegen die Nachteile.“

Mit dieser klaren Aussage stand Gnannt konträr zur Meinung einer Anliegerin, die mit ihrem Sohn die Sitzung verfolgte und der auch ein Rederecht eingeräumt wurde. Der Baum sei von ihrem Onkel gepflanzt worden und das sei vor höchstens 75 Jahren gewesen. Sie habe in all den Jahren das Laub immer weggeräumt, könne das aber nun in ihrem hohen Alter nicht mehr. „So wird unser ganzes Grundstück versaut. Wir lassen uns das nicht kaputtmachen. Außerdem bedeutet dies für uns bei einem Verkauf eine Wertminderung. Ich liebe Bäume, aber nicht eine solche Eiche, die in den Wald gehört. Ein Baum darf auch nicht mehr wert sein, als ein Mensch.“

Wolfgang Gnannt stand mit seinen Aussagen auch im Gegensatz zu einem Beschluss des Gemeinderates, der im Jahre 2020 die Fällung des Baumes in Aussicht gestellt hatte, weil man die Gesundheit des Menschen damals hoch einschätzte und auch Ersatzpflanzungen angeboten wurden. Auch sei man nicht von einem symbolischen Wert dieses Baumes für die Sendelbacher ausgegangen, meinte Bürgermeister Steffen Kropp.

Förster Gnannt spürte die sehr emotionale Bedeutung dieser Geschichte und einige Ratsmitglieder kamen auch zu Kompromissen wie einer Grundstücksänderung oder einer Unterstützung beim Aufräumen der Blätter und Früchte im Herbst. Kropp sicherte zu, dass man sich nächster Zeit im Gremium noch einmal mit diesem Punkt befassen werde und „hoffentlich zu einer guten Lösung“ komme.

„Unser Credo sind die Mischbestände. Standortgerechte, klimaangepasste Mischwälder sind die beste Risikoabsicherung für die Zukunft. Es gibt Baumarten, die mit dem künftigen Klima besser zurechtkommen werden.“ Dies betonte Gnannt vor dem Marktgemeinderat, als er über die Auswirkungen des Klimawandels im Gemeindewald informierte.

Die Gemeinde Rentweinsdorf besitzt seit vielen Jahren mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt einen „Beförsterungsvertrag“ für ihren eigenen Wald, aber auch den Privatwald. „Der Gemeindewald mit 29,7 Hektar ist ein kleines Kleinod, auch wenn es von der Fläche her zu den Rotenhanschen Wäldern eigentlich gar nichts ist.“ Baron von Rotenhan betreibe nämlich in Rentweinsdorf auf einer Fläche von über 1200 Hektar Forstwirtschaft. Gnannt wies darauf hin, dass 98 Prozent des Rentweinsdorfer Gemeindewaldes eigentlich von den ehemaligen Eingemeindungen kommen. Von der Gesamtfläche von 29,7 Hektar entfielen auf den Hauptort Rentweinsdorf nur 3,6 Hektar, während auf die Ortsteile Treinfeld 11,7 Hektar, Sendelbach/Gräfenholz 7,2 Hektar, Losbergsgereuth 5,6 Hektar und auf Salmsdorf 1,4 Hektar Wald entfielen. Hauptbaumarten seien dabei die Fichte mit 3,7 Hektar, die Kiefer mit 10,4 Hektar und die Eiche mit 9,4 Hektar.

Den Klimawandel, so Förster Gnannt, dürfe man derzeit nicht aus den Augen verlieren und so zeigte er auf, wie sich der Klimawandel auswirke. Derzeit befänden sich 14 Prozent der Waldfläche Bayerns in Gebieten wärmer als 8,42 Grad. Es gebe aber auch schon „Hotspots“ mit Temperaturen zwischen 8,42 bis 9,96 Grad und dazu zählten insbesondere Unter- und Oberfranken und Teile Oberbayerns. Für das Szenario bis zum Jahre 2100 gehe man aber schon von einer Fläche von 83 Prozent wärmer als 8,42 Grad aus, wo sich 75 Prozent des Fichtenvorkommens befänden. Auf 28 Prozent der Waldfläche herrschen dann aber schon Temperaturen von 9,97 bis 11,66 Grad, die es bislang in Bayern noch nicht gebe.

Es würden sich dabei die Temperatur, der Niederschlag, der Witterungsverlauf mit mehr Extremen sowie die Länge der Vegetationsperioden ändern. Sie beginne statt im Mai schon im April und auch der Laubabfall verzögere sich im Herbst um drei Wochen. Folgen für das Klima wären, dass es voraussichtlich um 1,8 Grad wärmer werde und 40 mm weniger Niederschläge pro Jahr fallen. Dürre- und Hitzeperioden würden zunehmen und starke Stürmer würden häufiger.

Das habe Auswirkungen auf den Wald. „Der Wald kann vor dem Klimawandel nicht davonlaufen. Das Klima ändert sich drastisch und für den Wald/Bäume zu schnell. Der einzelne Baum kann sich nicht anpassen und an das Klima nicht angepasste Wälder sind gefährdet“, betonte Förster Gnannt. Dabei ging er auch auf weitere Gefahren ein wie Trockenheit, Schädlinge wie Borkenkäfer, Sturmwurf, Waldbrand oder Schneebruch. Folgen für den Waldbesitzer seien dann auch der Holzpreisverfall, Kahlflächen und unplanmäßige Holzernte, einhergehend mit ungünstigen Bedingungen aus dem Markt.

Der Forstfachmann beleuchtete diese Entwicklung an den zwei Baumarten Fichte und Eiche. Die Fichte sei der Verlierer, sei ein „Wassersäuger“, werde mit dem Klima schwer zu kämpfen haben und nur noch minimal in Mischbeständen möglich sein. Bei ihr stehe die Ampel auf rot und sie werde in Bereich von Ebern und Rentweinsdorf im Jahr 2100 nicht mehr vorhanden sein. Die Eiche könne man als „Gewinner des Klimawandels“ bezeichnen und deswegen werde man sie favorisieren und sie sei auch für 98 Prozent der Standorte hier geeignet.

Als ein Ratsmitglied meinte „man kann doch nicht nur auf die Eiche setzen“, stellte Förster Gnannt klar: „Wir wollen nicht nur auf die Eiche bauen. Die Mischung machts und wir wollen auf Mischwald setzen. Es wird auch noch Fichte, vielleicht in frischen Nordhängen, möglich sein. Aber wir müssen unsere Wälder in Mischbestände umformen. Wir sind also in einem Walderhaltungsmodus, dass die Waldflächen erhalten bleiben, dass Wald Wald bleibt, auch wenn er einmal anders aussehen wird.“