Shuttle-Modellregion Oberfranken Die Technik dahinter

Mit dem Start des Testbetriebs sind selbstfahrenden Kleinbusse vermehrt in den drei Kommunen Kronach, Hof und Rehau zu sehen. Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme werden dort testweise die ersten Runden automatisiert zurückgelegt. Zuvor hatte der TÜV die Sicherheit von Strecken und Fahrzeugen bestätigt. Dann wird man zum ersten Mal den selbstfahrenden Shuttles im Straßenverkehr begegnen, was für manche anfangs ein ungewohnter Anblick sein mag. Zur Sicherheit ist jedoch bei jeder Fahrt ein sogenannter Operator an Bord. In Echtzeit übermitteln Sensoren Informationen. Wie das funktioniert lesen Sie hier.

 
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Prototyp der Leitstelle. Foto: Shuttlemodellregion Oberfranken

Kronach - Mit dem Start des Testbetriebs sind selbstfahrenden Kleinbusse vermehrt in den drei Kommunen Kronach, Hof und Rehau zu sehen. Dort werden testweise die ersten Runden automatisiert zurückgelegt. Zuvor hatte der TÜV die Sicherheit von Strecken und Fahrzeugen bestätigt. Dann wird man zum ersten Mal den selbstfahrenden Shuttles im Straßenverkehr begegnen, was für manche anfangs ein ungewohnter Anblick sein mag. Zur Sicherheit ist jedoch bei jeder Fahrt ein sogenannter Operator an Bord. In Echtzeit übermitteln Sensoren Informationen.

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Wie orientieren sich die Fahrzeuge? Dass Shuttles unvorhergesehene Wege fahren, ist auszuschließen. Den Fahrzeugen wird eine exakt zurückzulegende Route einprogrammiert – sie fahren somit wie auf virtuellen Schienen und immer auf dem gleichen Weg. Bei der Programmierung werden gleich die Verkehrszeichen mitberücksichtigt, da das Shuttle diese nicht selbst lesen kann. Bei Ampelanlagen ist dies ein wenig komplizierter, da das Signal ständig wechselt. Daher wurde eine „V2X“-Kommunikation installiert, um das Ampelsignal über Funk an das Fahrzeug weiterzugeben. V2X steht für „Vehicle-to-everything“.

Die Lokalisierung findet über mehrere Wege gleichzeitig statt. Bei der Routenprogrammierung wird gleichzeitig die Umgebung digitalisiert, wodurch den Shuttles eine Referenzkarte in 3D vorliegt. Mithilfe seiner Sensorik vergleicht das Fahrzeug zu jedem Zeitpunkt die aktuelle Umgebung mit der Referenzkarte und prüft seine Position. An einigen Stellen kommen nicht genügend Referenzpunkte für ein vollständiges Bild zusammen. Man behilft sich dann wie beispielsweise in Rehau damit, sogenannte Landmarken an den Straßenlaternen anzubringen. Außerdem wird durch die automatische Lokalisierung via GPS jederzeit die korrekte Position der Shuttle sichergestellt, ergänzt noch durch die sogenannte Odometrie, das heißt, das Shuttle zählt die Anzahl seiner Radumdrehungen sowie den Lenkeinschlag mit und weiß dadurch, wo es sich gerade befindet.

Die in den Shuttles verbaute Sensorik dient aber nicht nur zur Orientierung, sondern auch zum Erkennen von Hindernissen. Dies können parkende Fahrzeuge oder Lieferwagen, aber auch Fußgänger sein, die die Straße kreuzen. Sobald die Sensoren ein Hindernis erkennen, entscheidet das Fahrzeug in Echtzeit, ob es abhängig vom Abstand zwischen Hindernis und Fahrzeug langsamer wird oder ganz zum Stillstand kommt. Bei abrupt aufkommenden Hindernissen bremst das Shuttle entsprechend stärker ab. Oft ist das Shuttle auch vorsichtiger und bremst frühzeitiger als Autofahrende, da durch die Sensoren eine permanente 360°-Überwachung der Umgebung sichergestellt ist und Gefahren schneller registriert werden.

So kann es vorkommen, dass ein Shuttle seine Geschwindigkeit reduziert, obwohl von außen betrachtet keine Gefahr vorzuliegen scheint. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Passanten zu nah von der Seite an das Shuttle herantreten oder andere Autofahrende zu dicht vorbeifahren. Blockiert ein Hindernis die virtuelle Schiene, kann das Shuttle es zurzeit noch nicht im automatisierten Modus umfahren. In diesem Fall muss der Operator heute noch eingreifen und die Steuerung übernehmen.

Die am Projekt beteiligte Firma Valeo, die auch in Kronach ansässig ist, rüstet je eines der beiden Shuttles in Hof, Rehau und Kronach mit diversen neuen Sensoren und Kameras aus. Langfristig soll es dadurch möglich werden, auf den begleitenden Operator bei gleicher Sicherheit zu verzichten und mehrere Shuttles aus einer Leitwarte zu überwachen und notfalls fernzusteuern. Sofern die Tests auf dem Firmengelände in Neuses positiv verlaufen, kann auch die Leitwarte in der Hofer Innenstadt aufgerüstet werden. Ein zusätzliches Shuttle dient zudem als Versuchsträger für die Erprobung zukünftiger Sensorkonfigurationen.

Elektrisch angetriebene Fahrzeuge wie die selbstfahrenden Kleinbusse sind bei niedrigen Geschwindigkeiten kaum zu hören. Hier hat der Gesetzgeber inzwischen nachjustiert, denn bis Mitte 2021 müssen Neufahrzeuge mit einem zusätzlichen Akustiksignal ausgestattet sein. Fußgänger in Hof, Kronach und Rehau brauchen also keine Sorge zu haben, von dem Shuttle plötzlich überrascht zu werden, denn auch die Shuttles wurden inzwischen nach positiven Tests durch den TÜV nachgerüstet. Ein Konzept hierzu wurde von der Stadt Rehau verantwortet.

Allgemeines zum Projekt: Das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderte Forschungsprojekt Shuttle-Modellregion Oberfranken (SMO) verfolgt das Ziel, den Betrieb von insgesamt sechs hochautomatisiert fahrenden Shuttles im öffentlichen Straßenraum zu erproben. Die Fahrzeuge bieten jeweils Platz für maximal zehn Fahrgäste und werden ab 2021 in Kronach, Hof und Rehau mit Fahrgästen unterwegs sein. Die verschiedenen Anwendungsfälle touristischer Verkehr (Kronach), Anbindung Bahnhof-Innenstadt (Hof) – beide als Ergänzung zum örtlichen ÖPNV – sowie der Werksverkehr in Rehau helfen dabei, die innovative Mobilitätsform im Livebetrieb zu erproben und neue Marktmodelle zu entwickeln. Die Shuttles verkehren in Hof und Kronach auf neu geschaffenen Linien und ergänzen somit die bisherigen innerstädtischen ÖPNV-Angebote. In Rehau verkehren die selbstfahrenden Navya-Shuttles zunächst als Werksverkehr für die REHAU AG + Co. Erst zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2021 wird der Betrieb öffentlich zugänglich sein.

Die Bevölkerung soll bei der Beurteilung und Weiterentwicklung stets intensiv mit einbezogen werden. Hierfür wurden von der Hochschule Coburg bereits eine Haushaltsbefragung über die Erwartungen der Bürger zum Projekt durchgeführt, die derzeit ausgewertet wird. Weitere Befragungen folgen.

Weitere Informationen zum Projekt sind im Internet unter www.shuttle-modellregion-oberfranken.de sowie auf den Facebook- und Twitter-Kanälen des Projektes erhältlich. Zudem ist das Hofer Leitwartenbüro (Ludwigstraße 75) dienstags und donnerstags von 16 bis 17 Uhr für alle Interessierten Bürger geöffnet.