Sommeroperette Heldritt Es grünt so grün an der Tanke

Die Sommeroperette Heldritt verpasst dem Ufa-Filmklassiker ein Update: „Die Drei von der Tankstelle“ meistern mit Optimismus und Humor die Energiewende und auch ihre amourösen Verwicklungen. Am 12. August feiern sie Premiere auf der Waldbühne.

 
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Heiße Öko-Öfen: Auf Elektro-Bikes schnurren Harald Wurmsdobler und Julia Domke auf die Bühne. Foto: Dieter Ungelenk

Die Zeiten ändern sich – aber auf die Hormone ist Verlass. Das merken auch Willi, Kurt und Hans: Mit Spritverkauf kommen die drei Freunde heutzutage auf keinen grünen Zweig. Aber die Liebe mit ihren Risiken und Nebenwirkungen packt sie anno 2022 ganz genauso wie vor 92 Jahren, als „Die Drei von der Tankstelle“ das Licht der deutschen Tonfilmpaläste erblickten. Wie das pfiffige, aber chronisch klamme Start-up-Trio in Zeiten der Energiewende seine wirtschaftlichen und amourösen Nöte meistert, erfährt das Publikum ab kommenden Freitag, wenn die Sommeroperette Heldritt zur Premiere lädt.

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Die Retro-Tankstelle steht schon auf der Waldbühne – und kokettiert kraft ihres maroden Charmes mit der „guten alten Zeit“, als das Automobil noch als Freiheitssymbol galt und es keinen kümmerte, was hinten aus dem Auspuff quoll. Die beiden Motorräder neben der Bühne haben schon gar keinen mehr: Mit ihren E-Motoren liegen sie ebenso im Trend wie diese frische Fassung der Operette, die Regisseurin Rita Scheider für Heldritt geschrieben hat. Ohne vorab zu viel zu „spoilern“, sei verraten: Statt mit Super und Diesel verdienen die Lebenskünstler ihren Unterhalt ganz ökologisch mit nachwachsenden Frohstoffen, die noch ihrer Legalisierung harren.

Die Kräuter vor der Bühne, die der tiefenentspannte Hans liebevoll gießt, sind natürlich nur Kunst-Stoff – echt sind hingegen die fränkischen Bierflaschen, die Willi an der Tanke drapiert. Für den kühlen Kopf sorgt trotzdem Mineralwasser, denn eine Woche vor der Premiere hat die wahrhaft heiße Phase begonnen. Seit Kurzem probt das Ensemble nicht mehr im Heldritter Vereinsheim, sondern auf der Waldbühne. Noch ohne das siebenköpfige Orchester: Mit E-Piano und Notebook liefert der musikalische Leiter Reinhard Schmidt den flotten Soundtrack, den er selbst arrangiert hat. Das Publikum darf Gassenhauer wie „Ein Freund, ein guter Freud“ mit summen, doch auch mit musikalischen und textlichen Überraschungen rechnen. Denn dieses Operetten-Update ist augenzwinkernd am Puls der Zeit.

„Es wird ein unterhaltsamer Abend, der aktuelle Probleme aufs Tapet bringt und nostalgische Gefühle weckt“, bringt Harald Wurmsdobler den Ansatz auf den Punkt. Der Intendant der Sommeroperette wirkt wieder höchstpersönlich mit: Als Kurt betreibt er gemeinsam mit seinen Kompagnons Willi (Tobias Engelhardt) und Hans (Christian Andreas Engelhardt) die Tankstelle – und wie seine beiden Freunde verfällt auch er dem Liebreiz der so aparten wie wohlhabenden Lilian. Das sorgt naturgemäß für Komplikationen, aber eben auch für vergnügliche Turbulenzen bis zum Happy End.

Wer der drei Lilians Herz gewinnen wird, ahnt der aufmerksame Zuschauer spätestens beim Evergreen „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“, den vor 92 Jahren Lilian Harvey sang – und heute Julia Domke singt. Als umschwärmte Lilian gibt die fidele Sopranistin singend, spielend und steppend ihr Heldritt-Debüt – und fährt zum ersten Mal Motorrad: „Am Montag habe ich eine Einweisung bekommen und dann ging’s los“, lacht die singende Bikerin und schwingt sich auf die Elektromaschine. Die freischaffende Sängerin hat bereits an vielen namhaften Häusern gastiert, darunter die Komische Oper Berlin, die Semperoper Dresden und die Oper von Guangzhou in China. Europaweit war Julia Domke konzertant unterwegs, auch in mehreren deutschen, englischen und amerikanischen Indie-Filmen und Werbespots hat sie mitgewirkt. „Ich liebe Open-Air-Produktionen!“, verrät die gebürtige Vogtländerin, die ihre Wetterfestigkeit bei einer „Carmen“-Inszenierung im Schwarzwald bewiesen hat: „Sterbeszenen im strömenden Regen – das hat schon was!“ Auf der Waldbühne bleibt ihr das erspart, gemordet wird nicht an der Öko-Tanke, und die freundliche Wetterlage passt perfekt zum Arbeitsklima: „Es ist richtig familiär.“

Daran ist Harald Wurmsdobler viel gelegen: „Ich möchte den Künstlern ein Umfeld schaffen, in dem sie sich wohlfühlen“, meint der Intendant, der nicht mit hohen Gagen locken kann. Rund 65 000 Euro umfasst das Budget, das vorsichtig kalkuliert wurde: Allerorten leidet die Kulturszene unter Zuschauerschwund, auch die Sommeroperette blieb 2021 trotz begeisterter Zuschauer weit hinter dem Vor-Corona-Niveau zurück. 3200 Gäste lockten „Die Landstreicher“ 2019 nach Heldritt, „Die Drei von der Tankstelle“ hoffen auf 2000 Besucher. Der Vorverkauf gibt Grund zur Zuversicht.

Vorstellungen: 12., 13., 18., 19., 20. August, 19.30 Uhr, 14. und 21. August, 16 Uhr, 20. August, 14.30 Uhr. Vorverkauf: Neue Presse, Steinweg 51, Coburg, Tel. 09561/850171 oder online: www.sommeroperette-heldritt.de