„Spaziergang“ in Ebern Verfassungsschutz warnt vor Veranstaltung

Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz warnt vor der Teilnahme am „Abendspaziergang“ in Ebern: Es gebe Verbindungen zu einer rechtsextremistischen Gruppierung. Foto: picture alliance/dpa//Arno Burgi

Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat Hinweise darauf, dass eine rechtsextremistische Gruppierung zum „Spaziergang gegen Spaltung“ in Ebern mobilisiert. Die Polizei ist in Bereitschaft.

 
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Ebern/ München - Seit vergangener Woche kursiert in den sozialen Medien ein Aufruf zu einem „vorweihnachtlichen Abendspaziergangs gegen die Spaltung“ in Ebern. Wörtlich heißt es: „Wir lassen uns das nicht mehr gefallen“ und: „Wir sagen Nein zur Impfpflicht, weg mit den unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen“. Am Montag hatte Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann dazu aufgerufen, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen, nachdem diese weder offiziell angemeldet, noch ein Initiator namentlich bekannt ist (die Neue Presse hatte berichtet). Nun meldet sich das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zu Wort und informiert über Verbindungen zu einer rechtsextremistischen Gruppierung. Seit dem 15. Dezember 2021 mobilisiere das „Kollektiv Zukunft schaffen Heimat schützen“ (KZSHS) offen einsehbar über den Messenger-Dienst Telegram für einen „vorweihnachtlichen Spaziergang gegen die Spaltung“ am Abend des 22. Dezember 2021 in Ebern.

„KZSHS ist eine dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnende Gruppierung aus dem Raum Nordbayern mit einer ideologischen Nähe zum Neonazismus“, erklärt Dr. René Rieger von der Stabsstelle Kommunikation beim bayerischen Verfassungsschutz. Aktivitäten von KZSHS seien sowohl in der realen Welt als auch virtuell erstmals im Jahr 2021 festgestellt worden. „Realweltlich trat die Gruppierung insbesondere mit der Durchführung von für die subkulturelle rechtsextremistische Szene typischen Freizeitaktivitäten, wie beispielsweise gemeinsame Wanderungen, in Erscheinung“, heißt es vom Verfassungsschutz.

Jedoch sei auch die Teilnahme an dezidiert politischen Veranstaltungen zusammen mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen festgestellt worden. So gebe KZSHS in einem Beitrag vom 1. Mai 2021 beispielsweise an, die rechtsextremistische Gruppierung „Neue Stärke Erfurt“ am „nationalen Arbeiterkampftag“ durch eine Demonstrationsteilnahme in Erfurt unterstützt zu haben.

Werbung für den III. Weg

„Über Telegram verbreitet KZSHS verfassungsfeindliche Agitation“, berichtet das Landesamt für Verfassungsschutz. Darüber hinaus verbreite die Gruppierung, ebenfalls über Telegram, zahlreiche Beiträge anderer rechtsextremistischer Gruppierungen, wie etwa der rechtsextremistischen NPD-Jugendorganisation JN sowie einen Aufruf des NPD-Bundesverbands weiter; außerdem auch vielfach Beiträge der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ (III. Weg), darunter auch Postings, die als Wahlaufrufe für den III. Weg bei der Bundestagswahl vom 26. September zu verstehen seien.

„Mit ihrer Tätigkeit unterstützt KZSHS nachdrücklich auch die von diesen Organisationen ausgehenden, auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielenden Bestrebungen“, bilanziert der Verfassungsschutz. Das KZSHS wird erstmals im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 erwähnt werden.

„Der Aufruf zur Versammlung am 22. Dezember lässt auf den ersten Blick keinen Bezug zum Rechtsextremismus erkennen“, sagt Pressesprecher René Rieger. „Dies ist im Zuge der Anti-Corona-Proteste eine beliebte Verschleierungstaktik von Rechtsextremisten, mit dem Ziel Anschluss an das bürgerliche Spektrum zu finden.“ Ähnlich würden rechtsextremistische Gruppierungen etwa auch den Tierschutz als Thema suchen, um Menschen an sich zu binden, die auf eine offen kommunizierte nationalistische oder gar rechtsextreme Einstellung eher abweisend reagieren würden.

Nicht sicher sei, ob die Initiatoren aus der Gruppierung kommen, fest stehe nur, dass von ihr für die Veranstaltung geworben werde, so der Sprecher. Und: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass neben dem KZSHS noch weitere rechtsextremistische Gruppierungen an der oben genannten Veranstaltung am 22. Dezember teilnehmen werden.“

In Alarmbereitschaft ist unterdessen die Polizei. „Wir haben Kenntnis von der Veranstaltung“, bestätigt am Dienstag Daniel Ruß, Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken in Würzburg. Man habe die bis dato noch immer unangemeldete Veranstaltung „auf dem Schirm“ und werde sie polizeilich begleiten. red

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