Carsten Höllein versuchte bis zum Schluss, Michael Busch umzustimmen. „Ich habe ihn gebeten, die Kritik in die Partei zu tragen und dort zu debattieren. Letztlich hatte ich keinen Erfolg. Es ist schade“, sagte er. Es sei ein harter Schlag für die SPD vor Ort. „Wichtig ist, dass die Gründe für seine Austritte nicht bei uns in der Region liegen.“
Obwohl die Fraktion der SPD bei der Wahl 2018 auf die Hälfte der Sitze schrumpfte, kam er neu hinzu. Die 22-köpfige Fraktion der SPD ist gespalten. Zu Beginn der Legislaturperiode wie auch zur Halbzeit wurde der Vorsitzende nur mit knappest möglicher Mehrheit gewählt. Busch unterstütze den Fraktionsvorsitzenden Florian von Brunn. Die Fraktion ist aus Buschs Sicht nie zusammen gewachsen.
„Ich habe als Landrat mit den Führungskräften jedes Jahr eine Klausur abgehalten, auf der wir uns über unsere Strategie verständigt haben“, erzählte Busch. Das hätte er sich auch in München gewünscht, „gerne auch mit einem externen Moderator, der nicht aus der Partei kommt“. Sein Anliegen wurde abgelehnt. Stattdessen brauchte die Fraktion fünf Stunden, um in drei Wahlgängen einen Vorsitzenden zu wählen. „In dieser Form des Parlamentarismus bin ich in den vier Jahren nie angekommen“, sagte Busch.
Der Hinweis eines ehemaligen Abgeordneten, der zum Landrat gewählt wurde, erwies sich als richtig und für Busch unveränderbar: „‚Die Dringlichkeitsanträge sind nichts als Show, schaff sie ab’, sagte er mir. Und genau so ist es. Die Opposition stellt sie und sie werden von der Mehrheit abgelehnt. Damit geht nichts voran, aber es geht wahnsinnig viel Zeit der Abgeordneten dafür drauf. Die könnte man besser für seinen Wahlkreis und für Lösungen verwenden“, sagte Busch. Das, was die Fraktionen im Landtag „Klausur“ nennen, läuft in Buschs Erleben so ab: „Man sucht sich ein Thema, dazu kommt ein Experte, der einen in der eigenen Sicht bestärkt. Dann gibt es ein Foto mit ihm. Fertig.“
Busch schreibt dazu auf Facebook: „Die Wahrnehmung der Menschen ist in der Folge eine „zerstrittene Politik“, die vermeintlich nicht das Wohl der Bürgerinnen und Bürger im Blick hat, sondern nur das eigene. Und das ist Gift für alle demokratischen Parteien, ja ich sehe darin eine Gefahr für unsere Demokratie.“
In einer geschlossenen Gruppe der Fraktion schrieb er über seine Gedanken und den bevorstehenden Austritt. „Ich habe darum gebeten, das vertraulich zu behandeln“, sagt Busch. Dennoch ist es an die Öffentlichkeit gelangt. „Auch das zeigt, wie wir miteinander umgehen.“ Nach langem Überlegen und am Ende zwei schlaflosen Nächten hat er seine Entscheidung getroffen.
Dass er nicht glücklich ist der SPD-Fraktion, hatte Busch schon im Frühsommer diesen Jahres in einem Interview mit der Bayerischen Staatszeitung öffentlich gemacht. Schon damals klagte er über die „taktischen Spielchen“ und „Rituale“ im Parlamentsbetrieb, die ihn störten, und über den Unwillen in den eigenen Reihen, daran etwas zu ändern. Vielmehr habe er Ablehnung gespürt nach dem Motto: „Da kommt jetzt so ein Landrat, der uns sagen will, wie es geht.“ Gedanken an einen Austritt aus der SPD oder der Landtagsfraktion wies er da noch von sich.
Der Bayerische Landtag hat derzeit 205 Mitglieder. Im Laufe der Legislaturperiode haben bereits drei Abgeordnete die CSU-Fraktion verlassen, der prominenteste von ihnen war Franz Josef Pschierer aus dem Allgäu, der zur FDP wechselte. Die Fraktion der AfD ist von 22 auf 17 Mitglieder geschrumpft. Die SPD-Fraktion hat nach dem Austritt von Michael Busch noch 21 Mitglieder. Bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden kann es also kein Patt mehr geben. Michael Busch ist künftig einer von acht fraktionslosen Mitgliedern im Landtag. „Ich werde bei der Landtagspräsidentin Ilse Aigner beantragen auf der anderen Seite sitzen zu dürfen – nicht neben den ehemaligen AfDlern“, sagte Busch.