Spielwarenmesse Nürnberg „Geschäfte laufen über Menschen“

Frank Schneider, Sebastian Straubel und Martin Schmitz am Messestand von rolly-toys. Foto: Landratsamt/Köhler

Die Messe Nürnberg wird einmal mehr zum Branchentreff für Spielwaren. Unternehmen aus der Region präsentieren sich stark.

 
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Explodierte Preise, Fachkräftemangel, Verzögerungen auf der Frachtroute durchs Rote Meer – die Zeiten für die Spielwarenindustrie sind hart. Aber so leicht lassen sich die Hersteller aus dem Coburger Land nicht unterkriegen. Eine Mischung aus Optimismus, Trotz und Durchhaltewillen war es, die Sebastian Straubel bei seinem Besuch der Internationalen Spielwarenmesse erlebte. Dementsprechend zufrieden fiel das Fazit des Coburger Landrats aus: „Unsere heimischen Unternehmen haben sich mit vielen Neuigkeiten und Innovationen stark präsentiert.“

Einig war man sich in Nürnberg: Die Lage ist nicht einfach. „Aber sie wird auch nicht besser, wenn wir den Kopf in den Sand stecken“, sagte Barbara Fehn-Dransfeld von Heunec. Die „Kuschelagenten“ aus Neustadt erneuern jedes Jahr zwischen 10 und 15 Prozent ihrer Produktpalette und haben in Nürnberg einen prominenten Neuling dabei: Paule, das Maskottchen des Deutschen Fußballbundes. Der könnte zum Verkaufsschlager werden, wenn heuer die Europameisterschaft in Deutschland wieder ein Sommermärchen schreibt. Darauf setzt auch Josephine Dransfeld, wobei sie nur mit einem Augenzwinkern sagt: „Wir glauben fest an die deutsche Nationalmannschaft.“

Heunec gehört wie viele Unternehmen aus dem Coburger Land zu den treuen Ausstellern bei der Nürnberger Spielwarenmesse. Und so wird es bleiben, auch wenn Uwe Beyer (Puppenmanufaktur Götz Rödental) dabei für sich die Frage des Kosten-/Nutzen-Verhältnisses lieber nicht mehr stellt: „Denn sonst wären wir nicht mehr hier.“ Immerhin: Viele Kunden binnen kurzer Zeit treffe man noch. Und diese Kontaktpflege ist wichtig, sagt Frank Schneider. Der Geschäftsführer von rolly-toys aus Neustadt weiß: „Geschäfte laufen über Menschen.“ Deshalb ist für Schneider die Spielwarenmesse immer noch der Branchentreffpunkt schlechthin weltweit – „und ich sehe nicht, dass sich das jemals ändern wird“.

Haba schaltet den „Turbo“ ein

Mit großer Spannung wurde der Messe-Auftritt von Haba erwartet. Das Traditionsunternehmen aus Bad Rodach befindet sich gerade in einem Insolvenzverfahren. Keine einfache Situation also für Geschäftsführer Dr. Mario Wilhelm. Er stand mitten im Gewimmel auf dem überdurchschnittlich gut besuchten Haba-Messestand und hatte gute Nachrichten für die Delegation aus dem Landratsamt: „Verbände und Händler haben uns signalisiert, dass sie uns unterstützen wollen.“ Haba hingegen signalisierte, wie es möglichst schnell wieder festen Boden unter die Füße bekommen will: mit kreativer Produktentwicklung und besserem Service. „Und wieder mehr Produkten im kommenden Jahr“, versicherte Wilhelm.

Landkreis-Wirtschaftsförderer Martin Schmitz zeigte sich beeindruckt von dem, was Haba auf der Messe präsentierte: „Das Unternehmen hat bei der Entwicklung den Turbo eingeschaltet.“ Sebastian Straubel fand den Auftritt der Mannschaft aus Bad Rodach beeindruckend. Die echte Haba-DNA sei wieder zu verspüren, der Messestand nach Ansicht des Landrats „ein Highlight“.

„Lissi“ kommt jetzt aus Hongkong

Ein großer, alter Name feiert bei der diesjährigen Spielwarenmesse ein Comeback: „Lissi“. Lissi Bätz und ihre Puppen gehörten einst zu Neustadt wie der Muppberg, die Lissi-Puppen waren bereits bei der ersten Spielwarenmesse vor 75 Jahren ausgestellt. Carsten Martin ist ein Enkel der Bätz-Familie, lebt seit über 25 Jahren in Hongkong und vertreibt jetzt „Lissi“. Die Puppen findet man zum Beispiel bei Woolworth oder Rossmann. Der Wunsch, die Marke wieder bekannter zu machen, hat Martin nach Nürnberg geführt – mit dem Wissen, dass er den Großteil seiner Geschäfte und Verträge bereits bei einer Messe im Herbst in Hongkong gemacht hat.

Ganz neu ist die Spielwarenmesse für die Friedenstab GmbH. Eigentlich ist das Rödentaler Unternehmen in der Kunststofftechnik unterwegs, hat aber vor kurzem den fränkischen Hersteller „Musical Toys“ gekauft. Jetzt gibt es bei Friedenstab also auch Tröten und Fanfaren. Das passt, sagt Christiane Rädlein, die kaufmännische Leiterin: „Wir stehen zu Made in Germany.“ Ob sich der finanzielle und logistische Aufwand einer Beteiligung an der Spielwarenmesse gelohnt hat, wollte Rädlein noch nicht hochrechnen. „Aber aufregend und spannend ist es in Nürnberg auf jeden Fall.“

Das findet auch Susanne Müller, die mit ihren Festartikeln schon ewig Teil der Spielwarenmesse ist. Sie merkt zwar deutlich, dass bei den Menschen derzeit Kaufzurückhaltung angesagt ist, sieht aber zumindest den Fasching als ihre Hauptsaison gesellschaftlich wieder im Kommen. Die Hippie-Zeit der 70er Jahre und der vom mega-erfolgreichen „Barbie“-Film ausgelöste Boom dürften nach Einschätzung Müllers den bevorstehenden Faschingsendspurt prägen.

Holzspielzeug, Puppen, Verkleidung, Kindermöbel – das gute Dutzend der Hersteller aus dem Coburger Land deckt eine große Bandbreite ab. Und ist damit trotz aller Zurückhaltung der Bevölkerung im Konsumverhalten ein starker Zweig der regionalen Wirtschaft. Sogar mehr als das, meint Landrat Sebastian Straubel: „Die Internationale Spielwarenmesse Nürnberg wäre ohne die Firmen aus dem Coburger Land ein gutes Stück ärmer.“

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