Von Goethe, über Sachsen-Komiker zu Walter Ulbricht
Von seinem schlechten Image werde der obersächsische Dialekt schon seit dem späten 19. Jahrhundert verfolgt, erklärt der Linguist Beat Siebenhaar von der Universität Leipzig. Erklärungen gibt es dafür einige: Sie reichen von Goethe, der vom Sächsischen nicht viel hielt, über die Sachsen-Komiker bis hin zum Politiker Walter Ulbricht und den DDR-Grenzsoldaten.
Auch Pegida-Demos und weitere zeitgenössische Phänomene weckten negative Assoziationen. Siebenhaar fügt hinzu: "Zudem wird das Sächsische immer wieder von Nicht-Sachsen imitiert, um die etwas einfältigen, eher städtisch geprägten Kleinbürger und Kleinbürgerinnen mit Hang zu rechten Strukturen zu charakterisieren."
Goldschmidt merkt jedoch an, dass die überwiegende Mehrheit der Kommentare positiv sei. Menschen fänden den sächsischen Dialekt in ihren Videos sympathisch, planten zum ersten Mal in ihrem Leben eine Reise gen Osten. Dennoch sieht Goldschmidt eine klare Diskrepanz zu Content-Creatoren, die sich mit anderen, nicht-ostdeutschen Dialekten befassen. "Dieses "Sächsisch klingt dumm" kommt immer wieder. Ich habe beispielsweise kein einziges Mal gelesen "Hessisch klingt dumm"".
Sachsen als Sinnbild für Ostdeutschland
Sächsisch ist für viele der einzig als "ostdeutsch" erkennbare Dialekt. Siebenhaar erklärt: "Da die Sachsen und Thüringer einen großen Teil der Bewohner der ehemaligen DDR ausgemacht haben, war es dieser Dialekt, der im Zusammenhang mit der DDR am häufigsten gehört wurde." Somit sei dieser im Gegensatz zu anderen Dialekten "markiert" – vorbelastet, sozusagen – und werde für Stereotypisierungen verwendet.
Siebenhaar fügt hinzu: "Dass nun Politiker, Wissenschaftlerinnen, Bankdirektoren im beruflichen Kontext Sächsisch sprechen, ist im Moment kaum absehbar. Dann aber könnten solche Vorurteile abgebaut werden." In der Realität mag dies noch unwahrscheinlich erscheinen – auf Goldschmidts Social-Media-Kanälen ist aber schon heute zu erleben, wie es sich anhört.