SpVgg Bayreuth „Da dachte ich, ist der eigentlich verrückt?“

Chris Wolf (rechts) wechselt nach Beendigung der aktiven Laufbahn in die Vereinsführung der SpVgg Bayreuth. Foto: imago/ Peter Kolb

Er ist ein Urgestein der SpVgg Bayreuth. Chris Wolf spielte ab der Jugend für die Altstadt, schaffte zuletzt mit seinem Verein den Sprung in Liga drei. Die aktive Laufbahn hat er jetzt beendet, schlägt aber ein neues Kapitel in der Vereinsführung auf.

 
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Bereits Vater Lothar Wolf kickte Anfang der 80er Jahre für die SpVgg Bayreuth in der 2. Bundesliga Süd. Chris Wolf ist das Altstadt-Gen somit in die Wiege gelegt. Ab der B-Jugend spielte er beim jetzigen Drittligisten, übersprang aufgrund seines Talents die A-Jugend und wurde aus der U 19 vom damaligen Trainer Klaus Scheer in den Bayernligakader berufen. Im August 2008 feierte er sein Debüt in der ersten Bayreuther Mannschaft. 2011 dann der Tapetenwechsel – Wolf wechselt für zwei Spielzeiten zum TSV 1860 München und spielt darauf eine weitere Saison beim SV Elversberg. Im Sommer 2014, nach dem Bayreuther Aufstieg in die Regionalliga, dann die Rückkehr an den Roten Main, wo Wolf die Rolle eines Stamm- und Führungsspielers einnimmt. Im Sommer dieses Jahres dann der Rücktritt als Aktiver mit dem Drittligaaufstieg als Krönung – nach 307 Pflichtspielen (sechs Tore) im Trikot der Altstadt beendet Chris Wolf seine Karriere als Fußballer.

Herr Wolf man kann sie zu Recht aus Bayreuther Urgestein bezeichnen. Haben Sie noch Erinnerungen an Ihren ersten Einsatz?

So vage. Eher an das erste Jahr. Ich war ja noch sehr jung. Da bei den Herren gleich mitspielen zu dürfen, war für mich etwas Großes. Aber an konkrete Szenen aus dem ersten Spiel kann ich mich nicht mehr erinnern.

Nach den Stationen 1860 und Elversberg dann die Rückkehr. Was waren die ausschlaggebenden Gründe?

Zum einen wollte ich wieder näher bei meiner Familie sein, denn ich bin ein heimatverbundener Typ. Zum anderen wollte ich in der Firma meines Vaters Fuß fassen.

Es war dann ab 2014 eine turbulente Zeit. Gegen den Abstieg gespielt, den Aufstieg knapp verpasst und dann doch aufgestiegen. Was waren, abgesehen vom Aufstieg die Highlights?

Also sehr emotional waren natürlich das Relegationsspiel gegen Aubstadt, als wir zur Halbzeit gefühlt schon abgestiegen waren und dann aber die Klasse noch gehalten haben. Die Feier nach dem Spiel werde ich nie vergessen. Auch das Spiel in Eichstätt, als wir den Totopokal gewonnen und den DFB-Pokal fix gemacht haben. Da habe ich das 1:0 geschossen . So viele Tore waren es ja nicht, deswegen kann ich mich an diese Spiele ganz besonders erinnern.

Ist etwas Negatives hängen geblieben?

Ehe ich weggegangen bin der Abstieg, das Spiel in Bamberg gegen Hof. Das ist schon noch in der Erinnerung. Und dann aus der letzten Saison eben das Spiel in Burghausen, als ich mir das Kreuzband gerissen habe.

Sie haben viele Trainer erlebt. Scheer, Kurth, Starke, Albersinger, Rost. Wer hat am meisten geprägt?

Also ich werde keinem etwas Schlechtes nachsagen. Aber zwei muss ich schon herausstellen. Klaus Scheer hat mir das damals überhaupt alles erst ermöglicht und mir als jungem Spieler unfassbar viel Rückendeckung gegeben. Da bin ich heute noch sehr dankbar. Und dann Timo Rost natürlich. Das was er aus der Mannschaft gemacht hat, einen Abstiegskandidaten mit fast der gleichen Mannschaft innerhalb von drei Jahren zu einem Aufsteiger in die dritte Liga zu formen, das ist schon einzigartig, das mitzuerleben.

Jetzt muss man Thomas Kleine natürlich erst einmal Gelegenheit geben, zu arbeiten. Aber grundsätzlich ist der Weggang von Timo Rost schon ein Verlust?

Ja, auch als Typ. Was er in so kurzer Zeit bewegt hat. Mittlerweile sprechen wir auch über ein Trainingsgelände beim Post SV, welches nur für die erste Mannschaft da ist. Also auch im Umfeld hat er viel bewegt. Von daher ist es schon ein Verlust für den Verein. Aber ich glaube mit Thomas Kleine haben wir jemanden, der das, was Timo Rost aufgebaut hat, fortführen kann.

Was in der Kabine ist, bleibt in der Kabine. Aber gibt es eine Anekdote zu Rost, die sie teilen könnten?

Ein Ereignis fällt mir da tatsächlich sofort ein. Da dachte ich im ersten Moment, ist der eigentlich verrückt. Timo Rost hatte uns gerade übernommen und wir hatten ein Spiel in Schalding. Wir hatten erst einen oder drei Punkte und haben auch dort mit 1:2 verloren, obwohl wir eigentlich gut gespielt hatten. Und Timo Rost hat nach dem Spiel zu uns gesagt: „Also Jungs ich sag euch ganz ehrlich. Wir werden auf jeden Fall vor der Winterpause die Abstiegsränge verlassen.“ Wir haben uns alle angeschaut und auch im Bus noch drüber gesprochen und und gefragt, was der da eigentlich erzählt. Wir waren abgeschlagen Tabellenletzter. Aber tatsächlich kam es dann so.

Kommen wir zu Ihnen. Den Kreuzbandriss sprachen Sie bereits an. Gab der den Ausschlag, die aktive Karriere zu beenden?

Ja. Am 2. Mai bin ich von Dr. Gruber nochmals operiert worden, weil die Schmerzen bis heute noch nicht weg sind. Also das Knie war schon der Hauptgrund für mich zu sagen, ich kann nicht mehr weiter machen. So wollte ich zwar nicht aufhören, aber mir blieb nichts anderes. Immerhin sind wir noch aufgestiegen. Auch wenn ich nicht ganz so viel beitragen konnte, war ich ja immer bei der Mannschaft.

Welche Bedeutung hat ihrer Meinung nach der Aufstieg für Stadt und Region?

In meinen Augen kann man das gar nicht in Worte fassen, dass Bayreuth zurück im Profifußball ist und in der Sportschau gezeigt wird. Gerade auch für viele junge Spieler aus der Region ist das eine Chance, sich auf kurzem Weg vielleicht in einer Drittligamannschaft beweisen zu können. In meiner Jugend hatte ich diese Möglichkeit nicht. Gerade für junge Spieler ist es eine ganz andere Motivation, im Unterbau von einem Bundesligaverein spielen zu können.

Aber Profisport kostet immer Geld. In Bayreuth gibt es noch Basketball und Eishockey. Kann eine Stadt von dieser Größe so viel Profisport stemmen?

Das ist tatsächlich eine spannende Konstellation, über die ich mir auch schon oft Gedanken gemacht habe. Doch ich glaube, in Bayreuth gibt es für jede Sportart bestimmte Gönner und Befürworter, die etwas damit verbinden – beim Eishockey, Basketball und auch beim Fußball. Man braucht simmer Sponsoren und Leute, die für das Projekt brennen. Aber kann ich mir schon vorstellen, dass das funktionieren kann. Gerade beim Fußball mit dieser Aufmerksamkeit, die die dritte Liga deutschlandweit bietet.

Sie haben jetzt zwar aufgehört zu spielen, gehen der Altstadt jedoch nicht verloren. Assistent der sportlichen Leitung – wie kam es dazu und was sind ihre Aufgaben?

Dazu kam es vor allem dank Wolfgang Gruber. Ihn schätze ich wirklich sehr. Ich muss ihn da wirklich herausheben. Ohne ihn wäre es in Bayreuth nie so weit gekommen nach der Insolvenz. Schon als Spieler habe ich mich öfters mit ihm ausgetauscht, wie es nach meiner aktiven Zeit aussehen könnte. Und es ist seiner Initiative zu verdanken, dass ich dem Verein erhalten bleibe. Ich kenne viele Jungs schließlich über Jahre und soll jetzt als Bindeglied zwischen Mannschaft und Vereinsführung fungieren und versuchen, die ganzen Strukturen weiter zu verbessern.

Was wünschen Sie sich in ihrer neuen Funktion für die nächste Saison und mittelfristig?

Der größte Wunsch ist, dass das jetzt keine Eintagsfliege ist. Wir wollen nicht nur ein Jahr dritte Liga spielen, um dann wieder abzusteigen. Nächste Saison geht es natürlich um den Klassenerhalt. Aber wir wollen uns in der Liga etablieren, alles auf eine gute Basis und gesunde Beine stellen und dazu das Umfeld weiterentwickeln. Dazu will ich meinen Beitrag leisten, dass es nicht kurzfristig, sondern ein nachhaltiges Projekt ist.

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