Staatssekretär am Rennsteig Lichtblick für die Glasindustrie

Veronika Schadeck
Michael Kellner (Dritter von links) beim Pressegespräch. Mit im Bild: Carletta Heinz, Bernd Hörauf und Nikolaus Wiegand (von links). Foto: /Veronika Schadeck

Die Bundespolitik verspricht finanzielle Unterstützungen für die energieintensive Branche. Es soll Krisen- und Förderprogramme geben.

 
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Die Glasindustrie kämpfte schon vor dem Ukrainekrieg mit drastisch gestiegenen Energiekosten. Jetzt hat sich die Situation nochmals verschärft. Der Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen) war am Donnerstag in Kleintettau und versprach finanzielle Unterstützungen.

So sollen kurzfristig Krisen- und Förderprogramme den energieintensiven Unternehmen am Rennsteig helfen. Dafür müsse der Finanzminister auch kurzfristig Hilfen aus dem Haushalt bereitstellen, sagte Kellner. Nähere Details wollte er nicht nennen, er räumte aber ein, dass sein Ministerium an Lösungen arbeite.

Weiterhin sprach Kellner von der Dekarbonisierung der Industrie, die Vorrang haben müsse. Die entsprechenden Förderprogramme müssen daher angepasst werden, sodass sie auch die Glasindustrie in Anspruch nehmen können.

Kellner nahm auch die Bayerische Landesregierung in die Pflicht. Sie müsse ihren Teil dazu beitragen, damit die Transformation hin zu einer nachhaltigen Produktion erfolgreich wird.

Der heimische Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grüne) sprach davon, dass die Energiewende bisher verschlafen worden sei. Ihn ärgere, dass dadurch nicht nur die Industrien, sondern auch viele Arbeitsplätze in Gefahr sind. Jetzt gehe es darum, das Überleben der energieintensiven Unternehmen zu sichern. „Es geht aber nicht um Unterstützung mit der Gießkanne, sondern um konkrete Hilfen für betroffene Unternehmen.“

Von Insolvenz weit entfernt

Schnelle staatliche Unterstützungen sind notwendig, so die geschäftsführende Gesellschafterin der Heinz-Gruppe, Carletta Heinz. Heinz-Glas, so erklärte sie, gebe es seit 400 Jahren in der Region. „Wir sind froh, dass das Problem jetzt ganz oben angekommen ist.“ Das Unternehmen habe ein Kostenproblem, aber – und somit dementierte sie Gerüchte – von einer Insolvenz sei die Heinz-Gruppe glücklicherweise weit entfernt. Nach dem Gespräch war Carletta Heinz zuversichtlich, dass „wir unsere Polster nicht aufbrauchen müssen“.

Der Vertreter von Gerresheimer Tettau, Bernd Hörauf, sprach von einem „professionellen Gespräch“ und von einem breiten Konsens in einer schwierigen Situation. Bezüglich der Unsicherheit bei den Gaslieferungen äußerte er sich überzeugt: „Ohne Gas brauchen wir uns auch nicht über Unterstützungen zu unterhalten!“

Der heutige Termin gebe Hoffnung und helfe für den Weg in die Transformation, so der Geschäftsführer der Wiegand-Glas Unternehmensgruppe, Nikolaus Wiegand. Kommunen, Land und Bund müssen sich Gedanken machen, wie die Herausforderungen schnell bewältigt werden können. Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren für eine Energieversorgungssicherheit könnten hilfreich sein. Auch könnten die Politik und die Glasindustrie zusammen an einer fränkisch-thüringische Modellregion arbeiten, um das Thema Wasserstoff auf den Weg zu bringen.

Auch der Bundestagsabgeordnete Jonas Geissler äußerte sich zuversichtlich, dass kurzfristig Lösungen gefunden werden. MdL Jürgen Baumgärtner bezeichnete die Energie- und Ukrainekrise als die größte Herausforderung in der Nachkriegszeit. Es müssen alle politischen Ebenen zusammenarbeiten und einer drohenden Dekarbonisierung entgegenwirken.

Direkter Austausch

Landrat Klaus Löffler hat bei diversen Gelegenheiten immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, sich direkt vor Ort ein Bild von der Situation zu machen. „Insofern bin ich Staatssekretär Michael Kellner sehr dankbar, dass er meiner Bitte nachgekommen ist und dass er sich in Tettau sehr viel Zeit genommen hat, um mit unseren Unternehmern in den direkten Austausch einzutreten. Wichtig wird es nun sein, dass es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt. Dafür steht zu viel auf dem Spiel.“

Und in der Tat: Gerade vor dem Hintergrund von möglichem Gasmangel und Gasstopps aus Russland bereitet sich die Wiegand-Glas Unternehmensgruppe auf ein Abschalt-Szenario vor. „Wir beschäftigen uns damit, dass wir im schlimmsten Fall die Schmelzwannen selbst kontrolliert stilllegen können“, sagt Geschäftsführer Oliver Wiegand. Versiege der Gasstrom von heute auf morgen, würde das Glas kalt und aushärten. Die Schmelzwannen wären dann nicht mehr zu retten – ein Millionenschaden. Neue Wannen sind mit Investitionen in Höhe von über 15 Millionen Euro verbunden.

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