Stadtrat Coburg Grüne wollen autofreie Sonntage

Yannick Seiler
Rund um Salzmarkt und Theaterplatz sollen bald zeitweise keine Autos mehr fahren dürfen, geht es nach den Grünen im Stadtrat. Foto: /Wolfgang Braunschmidt

Die Fraktion der Grünen im Stadtrat möchte etwas durchsetzen, was viele Auto- und Motorradfahrer betrifft. Gastronomen könnten profitieren und Anwohner etwas geschenkt bekommen.

 
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Coburg - Das gab es zuletzt vor rund 50 Jahren: autofreie Sonntage während der Ölkrise in den 1970er-Jahren (siehe Artikel unten). Ein Stückweit in diese Richtung gehen jetzt die Coburger Grünen. „Der Stadtrat möge einen autofreien Sonntag pro Monat“ beschließen, fordert die Fraktion in einem Antrag für die Stadtratssitzung am Donnerstag, 25. November.

Das Fahrverbot soll laut Mitteilung zwischen der Fußgängerampel auf Höhe Ehrenburg und Obere Anlage, an dem historischen Bau vorbei, die Steingasse entlang bis zum Bürglassschlösschen gelten – ab kommendem Frühjahr. Aus einer dem Antrag beigefügten Karte geht hervor, dass zudem Pfarrgasse, Neugasse, Kirchgasse, Kirchhof, Theatergasse, ein Teil der Herrngasse, Salzmarkt, Kleine Johannisgasse, ein Teil der Großen Johannisgasse, ein Teil des Steinwegs Richtung Marktplatz und ein Stück des Steinwegleins autofrei werden sollen. Wann? Das möchten die Grünen genau festgelegt haben. „Der erste Sonntag im Monat soll in der Zeit von 7 Uhr bis 22 Uhr in diesem Gebiet vom motorisierten Individualverkehr ausgenommen werden“, heißt es in dem von der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Melanie Becker unterzeichneten Schreiben.

Kostenloser Parkplatz für Anwohner

Was die Grünen fordern, möchten sie zudem kenntlich gemacht haben. Laut Mitteilung soll „der motorisierte Individualverkehr“ durch eine in das Stadtbild passende Abgrenzung auf die neue Regel aufmerksam gemacht werden. Weiter sollen Bürger in die autofreien Zonen eingeladen werden und die Straße Radfahrern und Fußgängern, insbesondere Kindern, gefährdungsfrei zur Verfügung stehen. Anwohner des Bereichs sollen zwischen Samstag 20 Uhr und Montag 8 Uhr einen kostenlosen Parkplatz in den Parkhäusern Mauer oder Post erhalten. Gastronomen, die in den dann autofreien Straßen, ansässig sind, könnten auf den frei werdenden Flächen Stühle und Tische aufstellen und Gäste bewirten, schreibt Becker weiter.

Wie die autofreien Straßen künftig genutzt werden, dafür können laut Antrag Kinderschutzbund, Domino und Stadtjugendring Ideen erarbeiten. Eine davon nennt die Stadträtin: Unterhaltungsangebote für alle Altersgruppen. Busse müssten eventuell umgeleitet werden, heißt es weiter. Mit ihnen sollen Menschen demnach an autofreien Sonntagen kostenlos fahren dürfen. Ein generelles Fahrverbot am autofreien Sonntag sei nicht geplant, schreibt Becker. Grund des Antrags seien Klimaschutz und Stärkung der Lebensqualität. Motorisierter Individualverkehr lähme beides, heißt es weiter.

Ein halbes Jahr soll die neue Sonntagsregel getestet und anschließend ausgewertet werden, fordern die Grünen. Und: „Bei positivem Ergebnis soll das dann das Konzept zeitlich und räumlich ausgeweitet werden.“

Nicht willkommen in der Innenstadt

Was nach einem Thema für abendfüllende Diskussionen klingt, beschreibt Christian Müller, Vorsitzender der Christlich-sozialen Bürger (CSB) im Stadtrat, als Antrag mit Symbolcharakter. Er bewirke nichts Entscheidendes zu Gunsten des Klimaschutzes. „Es führt nur dazu, dass Menschen den Eindruck erhalten, in der Innenstadt nicht mehr willkommen zu sein“, so Müller.

Auch Kurt Knoch, Kreisvorsitzender CSU Coburg-Stadt, bewertet den Antrag kritisch. Die Grünen wollten unter anderem die Erste Klasse in Bahnen, Lichtverschmutzung und geschlechtergetrennte Toiletten verbieten. „Das alles klingt wie Satire, es sind aber reale Forderungen der Grünen“, sagt er. Und nun dieser Stadtratsantrag. Knoch: „Die Bevormundung muss aufhören.“ Coburg sollte vielmehr attraktiv für alle Bürger und Verkehrsteilnehmer sein. „Die Verteufelung des Autos ist grundsätzlich falsch“, betont er.

In Coburg seien Autozulieferer und eine der größten Autoversicherungen Deutschlands beheimatet und sollten es bleiben, fordert Knoch. Anstatt das Auto schrittweise zu verbannen, müsste es zukunftstauglich weiterentwickelt werden, erklärt er.

Autofreier Sonntag denkbar

Die Fraktionsmitglieder von Pro Coburg, traditionell derartigen Anträgen eher zugeneigt, möchten sich noch nicht zu den Forderungen der Grünen äußern. Laut Fraktionsvorsitzendem Jürgen Heeb nehme man erst nach der Fraktionssitzung, die am kommenden Dienstag stattfindet, dazu Stellung.

Die Mitglieder der FDP-Fraktion bezeichnen den Antrag in einer Mitteilung als Beginn einer komplett autofreien Innenstadt. Auf Schlossplatz, Marktplatz und Albertsplatz sei „reichlich Platz“ für das geforderte Rahmenprogramm. Das Weltklima durch autofreie Sonntage in der Innenstadt zu retten sei „absurd“, erklärt Stadtverbandsvorsitzender Michael Zimmermann. Dem Antrag zugrunde liege „wieder einmal die ideologiegesteuerte Verteufelung“ durch die Grüne.

Laut Stefan Sauerteig, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, hänge der Erfolg des Antrags davon ab, ob Anwohner ihn akzeptieren und die „Akteure der Zivilgesellschaft auch tatsächlich mitziehen“. Man biete den Grünen Unterstützung an, um Bürger- und Akteursbeteiligung nachzuholen, schreibt er in einer Stellungnahme.

Doch ist die Forderung rechtlich überhaupt durchsetzbar? Willi Kuballa, Leiter des Rechtsamts der Stadt, sagt, ein autofreier Sonntag sei im Rahmen einer Sondernutzung wie zum Beispiel beim Sambafestival „sicherlich denkbar“. Allerdings müsse das rechtlich geprüft werden.

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