In Indien verbreite sich gerade eine Variante, über die der Wissenschaft aber noch wenig bekannt sei, auch sie scheine den Antikörpern des Immunsystems zum Teil entgehen zu können. Drosten sieht jedoch keinen Grund zur Beunruhigung: Mit einem leichten "Impfstoff-Update" könnten die Hersteller wahrscheinlich dieser und anderen Varianten auf der Welt mit wenig Aufwand etwas entgegensetzen. Die aktuellen Impfstoffe wirkten im Labor auch nicht so gut gegen die südafrikanische und die brasilianische Mutante.
Drosten nannte jedoch noch einen entscheidenden Sicherheitsfaktor: Die Antikörper, denen die Mutanten entrinnen können, schützen überhaupt gegen die Infektion, die T-Zellen des Immunsystems jedoch gegen einen schweren Verlauf. "Und dieser Schutz gegen den schweren Verlauf ist allemal gegeben durch die jetzigen Impfstoffe."
"Es ist nicht zu erwarten, dass wir jetzt irgendwie einen vollkommenen Wirkungsverlust der Impfungen haben oder dass wir einen strategischen Fehler machen, wenn wir die jetzigen Impfstoffe verwenden", sagte Drosten. "Das heißt dennoch nicht, dass die Impfstoffe nicht verbesserbar sind. Ich rechne damit, dass wir wahrscheinlich so ab Herbst schon die ersten zugelassenen Update-Impfstoffe haben."
Modellprojekte wie in Tübingen sollten eine gute wissenschaftliche Begleitung haben, sagte Drosten. Dort können Menschen kostenlose Tests machen und bei negativem Ergebnis zum Beispiel in Läden, Theater oder Biergärten gehen. Keines dieser Projekte habe bislang bewiesen, dass es funktioniere, betonte Drosten. Das Ziel, Menschen zu motivieren, sich testen lassen und etwa einkaufen zu gehen, sei jedoch vorerst gut. Das sollte man punktuell durchaus mal ausprobieren. Wichtig sei, vorher Erfolgskriterien zu definieren wie etwa eine Zahl der Krankenhausaufnahmen, der Todesfälle nach drei Wochen oder der Wirtschaftsleistung. "Also ich denke, man sollte sich eine ganze Zahl von solchen Erfolgskriterien hinlegen, bevor man diesen Modellversuch macht, um dann irgendwann in der Nachbewertung zu sagen: Das war erfolgreich." Wichtig seien auch Abbruchkriterien und eine Vergleichsstadt ohne Modellprojekt.
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