Steinwiesen Der Christbaum zum Corona-Jahr

Heike Schülein
  Foto: /Heike Schülein

Der ungewöhnlichste Weihnachtsbaum im Landkreis dürfte diesmal in Steinwiesen stehen. Gebaut hat ihn Roland Ströhlein. Aus 256 Rollen Klopapier.

 
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Steinwiesen - Das Hamstern von Toilettenpapier hat insbesondere während des Lockdowns im Frühjahr die seltsamsten Auswüchse angenommen. Das inspirierte Roland Ströhlein aus Steinwiesen zum Bau eines 2,46 Meter großen Weihnachtsbaumes – aus 256 Rollen Klopapier.

Sein Werk hat er liebevoll geschmückt: mit roten Glaskugeln, einer stimmungsvollen Beleuchtung, roten Teelichtern sowie Tannenzapfen und -zweigen. Das Prachtexemplar ragt im Wohnzimmer der Familie Ströhlein fast bis zur Decke. Als Ehefrau Bettina am Freitagabend vor dem ersten Advent nichtsahnend von ihrer Arbeit nach Hause kam, war ihre Überraschung groß. Während in anderen Häusern festlich dekorierte Blaufichten oder Nordmanntannen für weihnachtliches Flair sorgen, erfreuen sich die humorvollen Eheleute in diesem Jahr an einer etwas anderen Weihnachtsbaum-Variante.

„Meine Frau hat an dem besagten Freitagnachmittag gearbeitet. Das war meine Chance, den Baum aufzubauen“, erzählt Roland Ströhlein. Sieben Stunden benötigte er alleine für den Aufbau mit Deko. Zuvor hatte der Steinwiesener über Wochen hinweg bei jedem Einkauf einen Zehner-Pack weißes Toilettenpapier nach Hause gebracht und in seinem Garagenkeller verstaut, bis er 26 Packungen beisammen hatte. „Der Baum ist eine ausgeklügelte Konstruktion, wofür ich einen detaillierten Plan gemacht habe“, erzählt der Hobby-Handwerker, der in sein mathematisch berechnetes Gebilde viele Stunden Arbeit „größtenteils bei Nacht und Nebel“ investierte.

Sein Bauwerk verfügt über zehn verschieden große Ebenen. Hierfür sägte er dünne Platten aus, die man sonst für Schrankrückwände verwendet. Zusammengehalten wird das Ganze in der Mitte von einer Alu-Stange und einem selbst gebauten Schemel als Grundgerüst. „Das war für mich wirklich nicht einfach zu bauen“, stellt er heraus. Der Materialwert liegt bei fast 150 Euro. Wichtig war es ihm, dass von seinem Corona-Baum eine festlich anmutende Weihnachtsstimmung ausgeht, daher die roten Kugeln, die Beleuchtung und die übrige Deko. Wer Roland Ströhlein kennt, weiß, dass er immer für eine Überraschung gut ist. Es ist nicht das erste Mal, dass er seiner Ehefrau einen alternativen Weihnachtsbaum ins Wohnzimmer stellt. Zum Beispiel durfte sie sich schon über eine eindrucksvoll dekorierte Weihnachts-Holzleiter freuen.

Wert legt Ströhlein auf die Feststellung, dass er mit seiner Aktion das Virus nicht verharmlosen wolle. „Ich bin ein strikter Verfechter der Maßgaben. Ich halte mich konsequent daran und achte so auf mich und auf alle anderen“, betont er. Inspiriert dazu habe ihn das Verhalten der Deutschen während des ersten Lockdowns. „Das Hamstern von Toilettenpapier hat keinen Sinn, es sei denn, man baut daraus etwas Sinnvolles“, sagt er. Darüber hinaus freue es ihn natürlich, seine Frau und die Allgemeinheit etwas zum Lachen bringen zu können, was gerade in dieser Zeit so wichtig sei.

Mit Reaktionen auf seine Aktion habe er zwar gerechnet. Das enorme Aufsehen habe ihn dann aber doch überrascht, denn sein Corona-Baum erlangte sogar bundesweite Berühmtheit. Bayerische Radiosender berichteten darüber; Roland Ströhlein kam zu Fernseh-Ehren in SAT.1 Bayern und TV Oberfranken und landete mit seinem Baum schließlich sogar in der Bild-Zeitung.

Nach dem ersten Schock konnte sich auch seine Ehefrau mit dem nachhaltigen und immer frisch bleibenden Kunstwerk anfreunden. „Ich hatte schon geahnt, dass etwas im Busch war, als er immer wieder Toilettenpapier mit nach Hause brachte und damit im Keller verschwand. Er hat ja immer irgendwelche Ideen. Aber wer rechnet denn mit so etwas?“, lacht Bettina Ströhlein. Mittlerweile hat sie sich an das Prachtstück gewöhnt. Der Corona-Baum darf bis zum 27. Dezember im Wohnzimmer stehen bleiben.

„Bislang hatte ich nur positive Rückmeldungen“, freut sich der Un-Ruheständler, dem das Wort Rentner so gar nicht gefällt. Was er mit den 256 Rollen Klopapier macht, ist noch nicht ganz klar. Für sich alleine verwenden wollen er und seine Frau es nicht, da sie hierfür rund zwei Jahre benötigen würden. „Damit würden wir wahrscheinlich sogar die Viruskrise überstehen“, mutmaßt er. Nachbarn und Freunde hätten ihn aber schon um einige Rollen als Erinnerungstücke gebeten. Vielleicht kommt er diesem Wunsch nach. Am liebsten aber wäre es ihm, die Rollen dem Verein „Gemeinsam gegen Krebs“ beispielsweise für eine Versteigerung zu spenden. Zu dem Verein hat er einen persönlichen Bezug. So überlebte Roland Ströhlein vor mehr als 30 Jahren sowohl einen schweren Unfall mit Langzeitfolgen als auch eine Krebs-Erkrankung. „Eigentlich müsste ich schon zwei Mal tot sein“, meint er. Seine besondere Lebensgeschichte schrieb er im vergangenen Jahr in seinem Buch „Diagnose: Glückspilz“ nieder. Mit seinem Ratgeber möchte er anderen Betroffenen Mut machen und aufzeigen, dass man selbst die schwierigsten Situationen überwinden könne.

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