Stimmen Sie ab! Braucht Coburg den Live-Stream?

Ein Bild vom Live-Stream in Passaus. Foto: /Livestream-Passau

Zum 1. Januar 2024 dürfen Städte und Gemeinden ganz offiziell ihre Sitzungen live ins Internet übertragen und archivieren. Braucht es das auch in Coburg?

 
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Wie kann man die Bürger bei politischen Entscheidungen besser mitnehmen? Für die Wählergemeinschaft Pro Coburg gibt es auf diese Frage eine ganz klare Antwort: „In dem man ihnen zum Beispiel ermöglicht, sich objektiv über Sitzungen des Stadtrates zu informieren“, findet Jürgen Heeb, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft. Seit vielen Jahren plädiert Pro Coburg daher dafür, die Sitzungen live ins Internet zu senden – „und vor allem für einen späteren Abruf verfügbar zu machen“, sagt er.

Das Argument, die Menschen könnten sich aus der Zeitung über die Sitzung informieren, zieht für ihn schon lange nicht mehr. „Die Gruppe der 18- bis 35-Jährigen liest doch kaum noch eine. Wir müssen anders an die Leute rankommen und dazu muss man Wege eröffnen, die manchmal unkonventionell erscheinen“, betont er. Aus Gesprächen mit Bürgern wisse man, dass sich viele nicht ausreichend informiert fühlen, was in ihrer Stadt politisch passiert. „Und wenn wir dann bestimmte Themen erklären, heißt es ganz oft, dass man das zum ersten Mal so hört.“

Gesetzesänderung macht es möglich

Nach einer Testphase während der Corona-Zeit stellte Pro Coburg 2022 den Antrag, die Sitzungen des Stadtrates dauerhaft live zu streamen – und vor allem im Nachgang als sogenannte Video-on-demand-Aufzeichnungen abrufbar zu machen. Doch damit bewegte man sich in einer Grauzone. Weil die Speicherung vom Bayerischen Datenschutzbeauftragten moniert wurde, stellte Coburg den Stream wieder ein. Eine Gesetzesänderung zum 1. Januar 2024 macht es nun aber möglich, dass aufgezeichnete Sitzungen für einen bestimmten Zeitraum auch nachträglich zum Anschauen angeboten werden können, „Für uns ist diese Speicherung der wichtigste Punkt in der gesamten Debatte“, sagt Heeb. Denn im Testbetrieb hätte sich gezeigt, dass zwar nur wenige Bürger um 14 Uhr einschalten, um am Handy oder Rechner die Sitzung zu verfolgen. „Aber wenn ich mir von den 42 Punkten, die in fünf Stunden behandelt werden, die anschauen kann, die mich interessieren, dann ist das was anderes“, sagt Heeb. Er sieht in der Möglichkeit, Beiträge gezielt abzurufen, eine Chance für mehr Transparenz und Objektivität. „Und dass man damit das Politikerbashing von Groß nach Klein einfangen kann.“ Denn vor Ort werde keine schlechte Arbeit geleistet.

In der Stadtratssitzung im Oktober hatte es das Thema Live-Streaming und Archivierung daher wieder auf die Tagesordnung geschafft. Wurde dann aber mit knapper Mehrheit abgesetzt, weil die Verwaltung die Umsetzbarkeit einzig im Kongresshaus sieht – dort, wo der Stadtrat seit Ende der Pandemie gar nicht mehr tagt. Um eine Übertragung aus dem Rathaussaal möglich zu machen, müsste dieser „langwierig und teuer umgebaut werden“, hieß es im Beschlussvorschlag der Sitzung. Sogar vom notwendigen Aufreißen des Fußbodens im historischen Saal war die Rede. Was es konkret alles braucht und was das alles kosten würde, darüber gab es aktuell jedoch keine Informationen. Und genau das ärgert Jürgen Heeb. „Es benötigt erst einmal eine entsprechende Analyse“, findet er. „Die Voraussetzungen für ein Streaming aus dem Rathaussaal kennen wir doch noch gar nicht.“ Und genau deshalb hätte Pro Coburg erfolgreich für das Absetzen des Antrages plädiert. „Wir gehen nun wieder zurück auf Start“, bekennt Heeb, der bereits Kontakt zu IT-Profis aufgenommen hat, um selbst Informationen über Anforderungen und Kosten zu bekommen. „Und am Ende muss man die Technik auch nicht unbedingt selbst einkaufen, sondern könnte Fremdleistungen nutzen“, findet er. Für einen Live-Stream von Sitzungen aus dem Kongresshaus würden laut Verwaltung Kosten in Höhe von 30 000 Euro pro Jahr anfallen.

Schlechte Resonanz in Bayreuth

Zahlen, die man in dieser Dimension auch aus Bayreuth hört, wo bereits seit September 2017 Stadtratssitzungen gestreamt und – trotz bisheriger Grauzone – archiviert werden. Allerdings ist die Nachfrage in den letzten Monaten dort derart gesunken, dass das Angebot zum Jahresende eingestellt wird, das teilte die Stadt Bayreuth am Donnerstagnachmittag mit. „Dies gilt auch für die Aufzeichnung des Streams“, heißt es in einer Mitteilung. Als Begründung wird die angespannte finanzielle Situation der Stadt genannt. Aber auch, dass der Live-Stream aus dem Sitzungssaal des Rathauses in den vergangenen Monaten kaum noch Resonanz gefunden hätte. „Zuletzt zählte die Stadt noch 240 Zugriffe mit einer durchschnittlichen Verweildauer von sieben Minuten“, teilte die Stadt Bayreuth mit. In den Jahren zuvor war man noch auf 660 Zugriffe pro Sitzung und eine Verweildauer von 19 Minuten gekommen.

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