Am Anfang war ich noch nicht so bekannt, das kam eher mit den wachsenden Followern bei Instagram. Wenn ich in der Öffentlichkeit bin, vergeht mittlerweile kein Tag, an dem mich nicht jemand erkennt. Manche Follower schreiben mir dann, dass sie mich irgendwo gesehen haben, sich aber nicht getraut haben, mich anzusprechen. Das ist schon komisch, aber auch schön. Ich finde es besser, wenn mich jemand anspricht und ein Foto mit mir macht, als wenn man mich anstarrt und tuschelt. Man fühlt sich beobachtet. Ich darf nicht mehr bei Rot über die Ampel gehen, es könnte ja sein, dass mich jemand sieht. Ich habe als Ex-Miss-Germany und als Polizistin ja eine doppelte Vorbildfunktion. Ich darf mir eigentlich gar nichts mehr erlauben.
Mit welchen Erwartungen sind Sie als Miss Germany gestartet und wurden sie erfüllt?
Ich wollte einfach nur Selbstbewusstsein gewinnen und aus meiner Komfortzone raus. Ich war sehr schüchtern und habe mich in großen Gruppen nicht wohl gefühlt. Das wollte ich ändern. Dass ich gewinne, hatte ich nicht erwartet. Auch an das Jahr als Miss Germany hatte ich keine konkreten Erwartungen. Ich wollte einfach ein cooles Jahr haben und mich weiter entwickeln.
Ihre Vorgängerin Anahita Rehbein äußerte sich nach ihrem Miss-Germany-Jahr kritisch. Sie fühlte sich nicht genug gefördert. Können Sie das verstehen?
Das hängt vielleicht mit den Erwartungen zusammen, die man hat. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in dem Jahr mal einen Job gab, auf den ich keine Lust gehabt hätte. Und selbst wenn – ich habe es als meinen Job angesehen und bei jeder Arbeit muss man auch mal etwas machen, worauf man weniger Lust hat. Ich kann wirklich nur positives berichten. Ich hatte auch immer Ansprechpartner, die sich um mich gekümmert haben.
Was war es für ein Gefühl, die Krone wieder abzugeben?
Ich war traurig, aber ich konnte mich ja darauf einstellen. Ich hatte von Anfang an den Plan, wieder zurück zur Polizei zu gehen. Deshalb war das für mich okay, auch wenn der Moment dann schon emotional war. Für meine Nachfolgerin hab ich mich sehr gefreut. Leider kam dann aber Corona und sie hatte nicht so viel davon. Da ist mir dann auch bewusst geworden, was für ein Glück ich hatte, dass ich ein Jahr vorher Miss Germany war.
Der einstige Schönheitswettbewerb hat sich stark verändert. Inzwischen soll nicht mehr das Aussehen, sondern die Persönlichkeit der Frauen im Vordergrund stehen. Wie schätzen Sie die Veränderungen ein?
Ich finde das sehr gut. Bei mir gab es schon Veränderungen, zum Beispiel wurde der Bikini-Walk abgeschafft. Im Vergleich zu den Jahren zuvor habe ich außerdem nicht dem typischen Schönheitsideal entsprochen. Daran hat man gemerkt, dass jemand gesucht wurde, der für etwas steht und eine Geschichte zu erzählen hat. Ich glaube, ich habe da schon einen ganz guten Wendepunkt in die richtige Richtung dargestellt. Die meisten Medien haben dann auch aufgegriffen, dass ich mit 28 Jahren eine recht alte Miss Germany war und dass ich diese Zahnlücke habe.
Die Kandidatinnen heute müssen eine Mission vertreten. Hatten Sie auch eine Botschaft?
Meine Botschaft ist auch heute noch, dass unperfekt perfekt ist. Man muss nicht perfekt sein, um etwas im Leben zu erreichen. Man kann nicht alles wissen, kann nicht alles richtig machen. Man muss nicht makellos sein, um als schön zu gelten. Ausstrahlung, Wissen oder Humor machen die Schönheit eines Menschen aus. Es stimmt wirklich, dass Schönheit von innen kommt.