Szenario: Explosion Großübung mit 450 Einsatzkräften

Michael Will

Rund 450 Einsatzkräfte haben am Wochenende verschiedene Einsatzszenarien in einer Großübung geprobt. Als Szenario diente hierbei eine Explosion.

 
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In Ditterswind heult am vergangenen Samstagmorgen gegen 8.45 Uhr die Feuerwehrsirene. Auf dem nahen Zeltplatz im Wald hat es eine Explosion gegeben, vermutlich sind drei Personen verletzt. Mit diesem Szenario hat am Morgen eine Großübung begonnen, bei der Feuerwehr, THW, Bundeswehr, Polizei und Rotes Kreuz mit rund 450 Einsatzkräften bis in den späten Nachmitttag hinein rund acht Stunden verschiedene Einsatzszenarien geübt haben.

Dabei galt es unter anderem für die Feuerwehren, einen mehrere Tausend Quadratmeter großen Waldbrand in den Griff zu bekommen, wofür mehrere Kilometer Schlauchleitungen mit zig Pumpen aufgebaut wurden. Zum Einsatz kam auch ein Löschhubschrauber aus Österreich mit einem Außenlastbehälter, der mehrere Stunden lang Wasser über dem Waldgebiet abwarf. Das THW war in dem unwegsamen Gelände am Büchelberg für den Wegebau eingesetzt.

Das Bayerische Rote Kreuz übte mit 70 Einsatzkräften und knapp 20 Fahrzeugen die Rettung und Versorgung von insgesamt 13 Verletzten, die über den Tag verteilt an verschiedenen Orten in dem rund acht Quadratkilometer großen Übungsgebiet zu beklagen waren. „Als besondere Herausforderung galt dabei das zum Teil extrem unwegsame Gelände“, sagt Jürgen Geisel, stellvertretender Katastrophenschutz-Beauftragter des BRK-Kreisverbandes Haßberge, der gemeinsam mit Kreisbereitschaftsleiter Stefan Funck die Szenarien für das BRK ausgearbeitet hatte. Enge und teilweise matschige Waldwege, extreme Steigungen sowie dicht bewachsener Wald stellten besondere Anforderungen an alle Übenden. Teilweise kam ein Rettungswagen an seine Grenzen, der die nach geraumer Zeit mehr und mehr ausgefahrenen rutschigen Waldwege nicht mehr befahren konnte.

Als gegen 9 Uhr am Zeltplatz Ditterswind der erste Rettungswagen eintrifft, finden Notfallsanitäter Lukas Krapf und seine Kollegin Nina Schenk von der Bereitschaft Zeil drei Verletzte vor, die teilweise schon von der Feuerwehr aus dem Wald zu einem Übergabepunkt transportiert wurden. Alle drei haben Rauchgas eingeatmet, stehen unter Schock, eine Patientin hat eine Unterschenkelfraktur. Nachdem sich das Rettungsteam einen ersten Überblick verschafft hat, beginnt gemeinsam mit dem wenig später eintreffenden Notarzt Ingo Schmidt-Hammer sowie den Besatzungen zweier nachrückender Krankentransportwagen die Erstversorgung der drei Verletzten sowie schließlich der Abtransport ins Krankenhaus. Zuvor wird bekannt, dass die drei jungen Leute nicht alleine waren, zwei weitere Zeltende sind offenbar unter Schock in Richtung Ditterswind davongelaufen. Von ihnen fehlt jede Spur.

Während die Feuerwehr sofort beginnt, die nähere Umgebung abzusuchen, werden durch den eintreffenden Einsatzleiter Rettungsdienst, Markus Langguth, weitere BRK-Einheiten nachalarmiert, darunter die Rettungshundestaffel. Währenddessen entsteht durch Funkenflug rund 1,5 Kilometer weiter am „Büchelberg“ ein Waldbrand, der sich rasch ausbreitet und anschließend für einen Großeinsatz der Feuerwehr und des THW sorgt.

Von den beiden Vermissten fehlt weiterhin jede Spur. Jetzt sind die Profis der Rettungshundestaffel mit ihren Vierbeinern gefragt. Nach einer Lagebesprechung am Feuerwehrgerätehaus Ditterswind werden verschiedene Areale festgelegt. Staffelleiterin Bianca Herz schickt schließlich vier Suchteams mit ihren Flächenhunden in das Waldgebiet „Schindhügel“, wo die Hunde eine Fläche von rund 50.000 Quadratmetern absuchen. Die vier Flächensuchhunde durchkämmen den Wald in verschiedenen Abschnitten. Knapp 30 Minuten später stößt Rettungshund „Lucky“ auf einen Verletzten, der zusammengebrochen auf dem Waldboden liegt. Durch lautes Bellen zeigt der Vierbeiner an, dass er eine Person gefunden hat. Sofort eilen Hundeführer Tobias Hofmann und dessen Begleiter Tobias Murken zum laut bellenden Hund und beginnen mit der Erstversorgung des Verletzten.

Der Mann liegt im dicht bewachsenen Unterholz, rund 150 Meter vom nächsten Weg entfernt. Um ihn aus dem unwegsamen Gelände retten und später an das Team eines Krankentransportwagens übergeben zu können, wird die Schnelleinsatzgruppe „Technik und Sicherheit“ der BRK-Bereitschaft Memmelsdorf angefordert. Mit ihrem neuen und allradbetriebenen Mannschaftsbus können sie über eine nasse und schräg abfallende Wiese den Waldrand erreichen. Mit einer speziellen Rettungswanne eilen sie ihren Kollegen von der Rettungshundestaffel zur Hilfe und transportieren den Verletzten schließlich mit vereinten Kräften aus dem Wald, verladen ihn mit samt der Rettungswanne in ihren Bus und übergeben ihn 200 Meter weiter an das auf befahrbaren Boden wartende Rettungsteam des Krankentransportwagens. Für „Lucky“ gibt es tüchtiges Lob. Einige Zeit später ist auch der zweite Vermisste in einer anderen Waldabteilung gefunden. „Leonas“ hat ganze Arbeit geleistet und Hundeführerin Brigitte Lutz mit Helferin Anja Stretz zu ihm geführt.

Unterdessen hat sich am Dorfplatz in Sulzbach unter Führung der Feuerwehr eine gemeinsame Einsatzleitung aus Feuerwehr, THW und BRK gebildet, um die Abläufe zu koordinieren. Dabei setzt Landrat Wilhelm Schneider als oberster Chef der Kreisverwaltungsbehörde nach Artikel 15 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes einen Örtlichen Einsatzleiter (ÖEL), Kreisbrandinspektor Thomas Habermann, ein. Ebenso kommt dabei die BRK-Sanitätseinsatzleitung (SanEL), bestehend aus Leitendem Notarzt (LNA) Ingo Schmidt-Hammer und Organisatorischem Leiter (OrgL) Daniel Schirmer, zum Einsatz.

Der SanEL sowie dem Einsatzleiter Rettungsdienst steht die Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UG SanEL) zur Seite. Sie wickelt den Funkkontakt mit allen im Einsatz befindlichen BRK-Einheiten ab und entsendet nach Rücksprache mit der Einsatzleitung bei Bedarf Rettungsfahrzeuge, um Verletzte abzutransportieren. An der Führungsstelle des BRK werden eine Lagekarte geführt, ein Schadenskonto erstellt, die Patientenerfassung sichergestellt sowie alle BRK-Einheiten koordiniert.

Ein besonderes Augenmerk wollte das BRK bei seinem Part nach Worten von Übungsleiter Jürgen Geisel unter anderem auf die Bildung verschiedener Einsatzabschnitte sowie dem Führen eines Bereitstellungsraums, der von Holger Eiter an der Rohrmühle geleitet wurde, legen. Als Bereitstellungsraum wird eine Örtlichkeit bezeichnet, an der sich alle alarmierten Einheiten zentral sammeln und dann bei Bedarf und mit gezieltem Auftrag von der Einsatzleitung abgerufen werden.

Im Verlauf der Übung mussten insgesamt 13 Verletzte versorgt und aus unwegsamen Gelände gerettet werden, die in dem brennenden Waldgebiet entlang der Schlauchleitung der Feuerwehr nach und nach zu Schaden kamen. Dabei wurde dieses Mal ausdrücklich nicht der Einsatz des Regelrettungsdienstes geprobt, sondern als ein Übungsziel die Arbeit der ehrenamtlichen Schnelleinsatzgruppen der verschiedenen Bereitschaften mit deren Fahrzeugen und Ausrüstung. Die Mimen wurden zuvor mit realistisch aussehenden Verletzungen von Melanie Popp und ihrem Team der Realistischen Notfalldarstellung geschminkt. Alle Verletzten wurden nach ihrer Rettung mit Einsatzfahrzeugen der Schnelleinsatzgruppen zur alten Schule nach Sulzbach transportiert.

Neben der Verletztenversorgung hatte das Bayerische Rote Kreuz noch einen weiteren Part übernommen. Während der Übung wurden die rund 450 Übungsbeteiligten von den Schnelleinsatzgruppen Verpflegung und Betreuung gemeinsam mit Snacks und Getränken versorgt. Zuvor an der alten Schule in Sulzbach gepackte Versorgungspakete wurden schließlich zu den übenden Einheiten in sechs Einsatzabschnitte geliefert. Dabei kamen im Rahmen der Logistik zur Unterstützung erstmals neu vom Freistaat Bayern aus Mitteln des Katastrophenschutzes finanzierte Mannschaftstransportwagen zum Einsatz. Erprobt wurde als Übungsziel erstmals ebenso, die SEG Technik und Sicherheit mit ihrem neuen Allradfahrzeug als Helfer in schwer befahrbarem Gelände einzusetzen.

Am Mittag statteten BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger und seine Vertreterin Carina Küfner den BRK-Einheiten in Sulzbach einen Besuch ab und ließen sich über den Ablauf der Übung informieren. Beide zeigten sich von dem Übungsszenario und den logistischen Herausforderungen angetan. Sie dankten allen Helferinnen und Helfern, die an ihrem freien Samstag allesamt ehrenamtlich im Einsatz waren, um sich so auf mögliche Ernstfalleinsätze mit derartigen Szenarien vorzubereiten.

Mehr Bilder finden Sie im Internet unter der Adresse www.np-coburg.de

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