Mitsommernacht
In der Folgezeit war es die Johannisnacht, die wie zuvor die Mitsommernacht als „Freinacht“ im Volksglauben sagenumwoben und geheimnisumwittert blieb. Es hieß, Hexen und Dämonen seien los, man schnitt Wünschelruten und munkelte, dass sich in dieser Nacht Wasser in Wein verwandle und Tiere sprechen könnten. Auch sollten sich aus Bergschlünden verborgene Schätze heben lassen, während aus Bächen und Seen der Klang versunkener Glocken zu hören sei.
Brauchtum
Allerdings empfanden die Menschen die milden Sommernächte nicht als gar so gespenstisch wie die Rauh- und Hexennächte des Winters und des Frühlings. Also gestalteten sie ihre Abwehrbräuche zu heiteren Volksfesten aus.
Wasserbräuche
Mit Wasserbräuchen verband sich früher die Notwendigkeit, einmal im Jahr den Zustand der gemeinschaftlichen Schöpf-, Zieh- oder Fließbrunnen zu überprüfen. Instandhaltung und Reinigung der öffentlichen Brunnen oblagen stets der Dorfgemeinschaft. Nach getaner Arbeit fand man sich zu den traditionellen Brunnenfesten zusammen, um bei Eiern und Speck und so manchem Krug Bier zu feiern. Vielerorts war es zudem Brauch, aus diesem Anlass die Brunnen mit Blumen, bunten Bändern und ausgeblasenen Eiern zu schmücken. Im Volksbrauch kam dem Wasser darüber hinaus noch eine weitere Bedeutung zu: Man schöpfte frisches Wasser, badete vor Sonnenaufgang in einem Teich oder wusch sich mit frischem Morgentau, um Schönheit und Gesundheit zu erlangen. Neben dem lebensnotwendigen Wasser galt auch das Feuer als gegensätzliches Element in dieser Zeit als besonders segensreich und wirksam.
Feuerbäuche
Am Abend der Mittsommernacht und der Johannisnacht fanden sich die Menschen zum Feuerspringen auf dem Dorfplatz ein oder zogen auf eine in der Gemarkung gelegene Anhöhe, um dort das Brennen der Sonnwend- oder Johannisfeuer zu beobachten. Wer sich traute, allein oder Hand in Hand mit seiner „Herzdame“das heruntergebrannte Feuer zu überspringen, dessen Mut sollte mit Gesundheit und langem Leben belohnt werden. In Flachsanbaugebieten achtete man zudem darauf, daß die Burschen möglichst hoch über die niedersinkende Glut sprangen. Je höher sie sprangen desto besser sollte der Flachs gedeihen. Oftmals wurde auch das Vieh über die Asche getrieben, um es vor Seuchen und Behexungen zu schützen. Um Blitz- und Hagelschlag abzuwehren nahm sich manch einer eine Handvoll Asche mit nach Hause und verstreute sie im Stall und in den Stuben.
Scheibenschlagen
Als Höhepunkt einer jeden Sonnwendnacht wurde indes das vielerorts geübte Scheibenschlagen angesehen: Zu diesem Zweck wurden kleine runde Scheiben aus Buchenholz geschnitten, in der Mitte durchbohrt und auf einen langen Haselstock gesteckt, den man ins Feuer hielt. Waren die Scheiben rotglühend geworden, wurden sie durch die Luft gewirbelt und in hohem Bogen weggeschleudert. Sie zeichneten dann einen hohen, rot aufsprühenden Bogen und sausten bergab.
Sonnwendfeuer
In alter Zeit wurden dabei Zaubersprüche und Beschwörungsformeln gesprochen, die den Umlauf der Sonne und damit Wachstum und Gedeihen der Feld- und Gartenfrüchte fördern sollten. Dort, wo man sich seitens der Kirche der aus vorchristlicher Zeit stammenden Sonnwendfeuer angenommen hatte, brannten die Feuer nunmehr als Johannisfeuer auf dem Kirchplatz, und der Ortsgeistliche selbst segnete die Glut und bat um reichen Erntesegen.