Die Aktivisten, von denen einige bunte Perücken aufgezogen haben, rufen „Grünheide bleibt“. Eine Frau, die im Baumhaus sitzt, erzählt, sie sei seit zwei Nächten hier. Am Holz ihrer zusammengezimmerten Hütte, die hin und her schwankt, steht: „Wald statt Asphalt“. Sie sei auch am Hambacher Forst dabei gewesen. Der Protest sei wichtig, weil sie glaube, dass es trotz des negativen Bürgervotums zu einer Tesla-Erweiterung kommen werde. „Ich bleibe jetzt erstmal hier.“
Erinnerungen an Hambacher Forst
Knapp zwei Drittel der Bürger von Grünheide in Brandenburg hatten in einer Einwohnerbefragung gegen einen Bebauungsplan zur geplanten Erweiterung gestimmt. „Uns geht es vor allem um das Trinkwasserschutzgebiet“, sagt Aktivistin Weber. Die Gemeindevertretung entscheidet voraussichtlich im Mai über den Bebauungsplan. Das Votum der Bürger ist rechtlich nicht bindend, gilt aber als wichtiges Signal. Die Bürgerinitiative Grünheide unterstützt den Protest auf Baumhäusern und rief Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf, die Aktivisten zu besuchen.
Hunderte Kilometer weiter im Westen liegt der Hambacher Forst zwischen Köln und Aachen. Er gilt als Symbol des Protestes gegen Kohle und war im Jahr 2018 zur Rodung vorgesehen, um dem Energiekonzern RWE die Möglichkeit zum Abbau der Braunkohle darunter zu geben. Die drohende Zerstörung des uralten Waldes mit hohen Baumriesen mobilisierte großen Widerstand. Es kostete die Polizei viele Wochen und Millionen Euro, um 86 Baumhäuser abzumontieren und die darunter liegenden Lager aufzulösen. Ein junger Journalist kam zu Tode, als er durch die Bretter einer Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern brach und 15 Meter in die Tiefe stürzte. Als die Räumung fast geschafft war, wurde die Rodung per Gerichtsbeschluss vorläufig verboten.
In Grünheide ist es zunächst friedlich. Doch der Protest gegen Tesla, den es seit den Bauarbeiten gibt, hat zugenommen. Naturschützer und Bürgerinitiativen sind gegen die Fabrik und gegen die Erweiterung. Tesla sieht Vorteile für die Region und will den Güterverkehr mit dem Werksbahnhof entlasten. Die Erweiterung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Tesla die Produktion auf dem bestehenden Gelände ausbauen und die geplanten 500 000 Autos im Jahr auf eine Million verdoppeln will.
Protest erreicht neue Stufe
Am Freitag will der Wasserverband Strausberg-Erkner bei einer außerordentlichen Versammlung beraten, ob er die Abwasserentsorgung bei Tesla einstellen wird. Der Autobauer warnt in einem Schreiben, das dem „Tagesspiegel“ und der dpa vorliegt: „Ein solcher Beschluss verursacht täglich einen Schaden in Millionenhöhe.“
Der Protest mit Baumhäusern ist eine neue Stufe im Widerstand gegen den Autobauer, der in Brandenburg als Zugpferd gilt für sechs Prozent Wirtschaftswachstum im ersten Halbjahr 2023 und bisher rund 12 500 Arbeitsplätze in den märkischen Sand geholt hat. Allerdings sind die Aktivisten nicht die ersten Kritiker auf Bäumen gegen Tesla: Vor fast genau vier Jahren holte die Polizei auf dem Gelände der geplanten Fabrik zwei Frauen von Bäumen, die in sechs bis acht Meter Höhe gegen die Rodung vorgehen wollten. Tesla durfte den Wald vorzeitig roden. Auch zwei Umweltverbände konnten dies vor Gericht nicht verhindern.
Das Nein bei der Bürgerbefragung zu den Erweiterungsplänen sorgt nicht nur bei Umweltschützern für gute Stimmung: Italien macht sich Hoffnung auf eine Ansiedlung des US-Unternehmens. Wirtschaftsminister Adolfo Urso sagte, man sei bereits seit mehreren Monaten mit Tesla in Gesprächen.