Tettau Vom Wandel der Traditionsbranche

Gerd Fleischmann

Schon häufiger hatte die Glasindustrie am Rennsteig Krisen zu überstehen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie man sie in Tettau bislang mit Innovationskraft meisterte.

 
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Fabrikationsanlage von Gerresheimer Tettau im Jahre 2010. Foto: Fleischmann

Tettau - Über 400 Jahre haben Glasmacher das wirtschaftliche Leben am Rennsteig geprägt und die Kommunen nach vorne gebracht. Während bereits 1785 in Alexanderhütte erstmals Glas geschmolzen wurde, nahm das Tettauer Glashüttenwerk im Jahr 1912 den Betrieb auf. Bis heute hat dieses Unternehmen, das seit 1991 zur Gerresheimer Gruppe zählt, die rauen Stürme des wirtschaftlichen Lebens überstanden und seine Position im hart umkämpften Glasgeschäft international behaupten können. Aktuell sorgt die Energiekrise für Sorgenfalten in den Chefetagen der heimischen Glasindustrie. Letztendlich geht es am Rennsteig um tausende Arbeitsplätze.

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Dass in Tettau überhaupt Glasmacher zu Hause sind, ist vor allem der Gründung einer Glasmeisterschaftshütte in Kleintettau aus dem Jahre 1661 zu verdanken: Nachdem der Stern der Glasmacher in Alexanderhütte immer mehr zu verblassen drohte, formierten sich im Tettaugrund vor 100 Jahren neue Kräfte. Das Motiv der Neugründung ist vor allem darin zu suchen, dass die Glasmacher nach Eigenständigkeit und größerer Unabhängigkeit strebten, denn von 1907 bis 1912 kam es in den drei Glashütten des Tettauer Winkels zu lange anhaltenden Streiks. Schlechte Arbeitsbedingungen und soziale Spannungen waren im Vorfeld der Neugründung an der Tagesordnung.

Der Start zu einem Neuanfang auf genossenschaftlicher Basis im Jahre 1912 ist deshalb kein Zufall, sondern die bittere Konsequenz aus der seinerzeitigen problematischen Beschäftigungssituation.

Die Gründungsversammlung erfolgte am 26. April 1912 und am 24. Mai gleichen Jahres wurde die Firma unter dem Namen „Glaswerk Tettaugrund eGmbH, Tettau/Ofr“ in das Genossenschaftsregister für Ludwigsstadt eingetragen.

Zwischen Alexanderhütte und Tettau gelegen, entstand so im „Tettaugrund“ eine Glashütte, die dem Trend der Zeit folgend, mit Gas befeuert wurde. An Stelle der herkömmlichen Kühlöfen, bei denen sich die Glaskühlung unter Umständen auf zwei Tage erstreckte, entschied man sich für die neu entwickelten Kühlbahnen. Damit ließ sich der Kühlprozess auf etwa zwei Stunden herabsetzen. Sehr positiv wirkte sich bei der Materialbeschaffung die vorbeiführende Eisenbahn aus, die seit 1903 für eine große Erleichterung sorgte.

Trotz krisenhafter Zeiten ging die Firma das Wagnis ein, die Glashütte 1922 zu erweitern und einen zweiten Ofen zu errichten. 1925 entschloss sich die Geschäftsleitung, die marode Nachbarhütte J. N. Heinz & Sohn (Alexanderhütte) zu erwerben. Im Herbst 1927 konnte dann nach etlichen Anlaufschwierigkeiten der erste Ofen in der angegliederten Glashütte in Betrieb genommen werden. Bereits 1925 stellten die Tettauer die erste halbautomatische Maschine auf. Damit begann eine neue Ära in der Herstellung. Bis zum Zweiten Weltkrieg verdrängte die neue Technik die Mundglasherstellung gänzlich. Noch während des Zweiten Weltkriegs ging die Glashütte auf die vollautomatische Produktion über.

Nach und nach veränderte sich das äußere Bild der heimischen Glashütte. Beide Glashütten – Alexanderhütte und Tettaugrund- verschmolzen zu einer baulichen Einheit. Um aber auch die Grundlagen für ein zukünftiges gesichertes Wachstum zu schaffen, kam es am 1. Dezember 1967 zum Zusammenschluss von den Glaswerken Tettaugrund eGmbH, Tettau, und Christian Hammerschmidt Glashüttenwerke Kleintettau. Es entstand eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Tettau.

In den vergangenen drei Jahrzehnten prägten Konzentrationsprozesse und Marktbereinigungen die wirtschaftliche Szene der Glasindustrie. Mit der Kooperation der Gerresheimer Glas AG im Februar 1991 tat sich ein neues Kapitel in der Firmengeschichte von Tettau auf. Gleichzeitig ergab sich durch das Ausscheiden der Gruppe „Hammerschmidt“ aus der Aktiengesellschaft eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse. Im Juli 1998 übernahm Gerresheimer die restlichen Anteile von 25,1 Prozent an der Tettauer Glashütte. Im Februar 2005 erfolgte dann die Umwandlung in eine GmbH.