Theater im Schlick Experimente in der Wurstküche

Mit Lyrik, Film und Musik startet das „Theater im Schlick“ am 6. Oktober. Foto: Dieter Ungelenk

Das Coburger Landestheater weckt seine Kellerbühne im Steinweg 29 aus dem Pandemieschlaf. Das „Theater im Schlick“ verspricht neue Formate und spannende Fusionen. Los geht’s mit einer kafkaesken Crossover-Nacht.

 
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Fleischeslust lockt die Coburger schon seit Langem nicht mehr in den Steinweg 29: Die „Hofschlachterei Schlick“, deren Name noch immer an der Marmorfassade prangt, ist längst Geschichte. Jahrzehnte standen der Laden und die Wurstküche leer, bis sie 2016 von der Wohnbau- und Stadtentwicklungsgesellschaft wiederbelebt wurden. 2019 entdeckte das Landestheater die einstige Metzgerei als Spielstätte, die sich ob ihres morbiden Charmes vortrefflich für experimentell Formate eignet. Nach der Premiere mit Dostojewskis „Der Großinquisitor“ erlebte das kleine Kellertheater unter dem Motto „Music & Theatre in the Slaughterhouse“ Live-Hörspiele, Performances und rockende Opernsänger, bis Corona auch dieses Projekt in den Stand-by-Modus zwang.

Nun keimt wieder etwas auf der „Spielwiese“: „Im Leerstand gehen die Lichter an!“, verkünden junge Mitglieder des Landestheaters, die unter dem neuen Label „Theater im Schlick“ die reizvolle Plattform kreativ bespielen und weiterentwickeln möchten – auch mit Hinblick auf die Zeit der Generalsanierung, in der das Große Haus ab 2023 geraume Weile nicht zur Verfügung steht.

Ein Team junger Regieassistentinnen hat das Konzept entwickelt, das Spartengrenzen aufbricht, alle Generationen anlocken will und auf Partizipation und Inklusion setzt. Sprich: Partner aus der Stadt wollen sie ins Boot holen, mit Hochschule, Kultureinrichtungen, sozialen Institutionen oder Initiativen kooperieren. „Wir möchten Studierende ebenso erreichen wie erfahrene Theatergänger“, umreißt Philippe Roth die Intention des Teams. Das „Theater im Schlick“ solle für alle zugänglich und bezahlbar sein – Schüler und Studenten zahlen acht Eure, Normalzahler sind mit zwölf Euro dabei.

Zum Auftakt zieht Roth die Fäden: Gemeinsam mit Dorothee Höhn und Maren Günther eröffnet der Regieassistent die neue Reihe am 6. und 11. Oktober mit einem Crossover-Abend, der Lyrik, Film, elektronische Musik und Live-Rock verbindet. Der Titel „Von Mitternacht bis Morgengrauen“ ist nicht wörtlich zu verstehen, sondern spielt auf die „nächtlichen“ Kafka-Texte an, die die Schauspieler Frederik Leberle und Nils Liebscher halbszenisch vortragen werden: „Der Monolog und zwei Kurzgeschichten sind relativ unbekannte Texte von Kafka“, erläutert Roth.

„Von Expressionismus bis Postmoderne“ möchte er multimedial den Bogen spannen; dafür hat er eigens einen Experimentalfilm im Stile der 20er-Jahre gedreht. Mit der Kamera kennt er sich als ausgebildeter Fotograf und Szenograf aus. Roth arbeitete an vielen TV-Dokumentationen und Kurzfilmen mit, bevor er sich vor rund 15 Jahren dem Theater zuwandte.

Mit Spannung darf der Beitrag der 5. Sparte zur kafkaesken Nachtvorstellung bei Schlick erwartet werden: Beim Theaterfest im Sommer heizte die Band (Eva Lehner, Nils Liebscher, Martin Trepl, Jan Korab) in der Reithalle mit Post-Punk kraftvoll ein.

„Theater im Schlick“: Folge 1 am 6. und 11. Oktober, Folge 2 am 3. und 9. November, Folge 3 am 7. und 13. Dezember, 20 Uhr, Steinweg 29.

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