Für die Volksbühne ist Lilienthal kein Unbekannter. Als Castorfs Chefdramaturg und Stellvertreter wirkte er zwischen 1991 und 1998 bereits an dem Haus. Lilienthal, der aus Berlin-Neukölln stammt, leitete zudem von 2003 bis 2012 das Berliner HAU Hebbel am Ufer und feierte dort künstlerische Erfolge.
Holzinger und die kapverdische Choreographin Monteiro Freitas sollen ein sogenanntes Artistic Board bilden. Man wolle sich regelmäßig zusammensetzen und wesentliche Entscheidungen des Hauses besprechen, erklärte Lilienthal.
"Es gibt trotzdem eine Möglichkeit der letzten Entscheidung bei mir", sagte Lilienthal. Holzinger und Freitas sollten möglichst viel an dem Haus künstlerisch arbeiten können. Das Konzept sei noch "extrem work in progress", betonte die Choreographin Holzinger, die für ihre spektakulären Bühnenstücke mit nackten Frauenensembles bekannt ist. Sie hat schon einige Male an dem Haus inszeniert ("Ophelia's Got Talent", "Sancta").
Auch Holzinger bewarb sich auf Intendanz
Mehr als 30 Bewerbungen waren für die Leitung eingegangen - auch von Holzinger. Sie habe sich Sorgen gemacht, dass sich zu wenig Frauen bewerben und sei mit dem Haus eng zusammengewachsen, erklärte sie. Letztlich habe sie ihre Bewerbung aber wieder zurückgezogen - sie könne sich eine Intendanz aktuell nicht vorstellen.
Für die Neubesetzung hatte sich Chialo von einem Expertengremium beraten lassen. Lilienthals Vertrag läuft bis Sommer 2031.
Tanz soll ein Drittel des Programms ausmachen
Lilienthal gab in Berlin einen ersten Vorgeschmack, was ihm für das Haus im früheren Ost-Berlin inhaltlich vorschwebt. So wolle er Identitätsfragen rund um Leben in der DDR neu stellen.
Außerdem soll etwa Tanz an der Volksbühne dazukommen. Dies solle vielleicht rund ein Drittel des Programms ausmachen, sagte er. Es sollen aber auch weiter große Schauspiel- und Sprechtheaterarbeiten gezeigt werden.
Er gehe davon aus, dass es zu rund 95 Prozent ein internationales Line-up der Regisseure geben werde. Das sei ein "bewusster Widerstand gegen die Renationalisierung, die politisch in diesem Land und im deutschsprachigen Raum und in Europa passiert".