Ein Alphamann an zweiter Stelle
Dabei ist der griechische Prinz, der 1921 auf einem Küchentisch auf Korfu zur Welt gekommen sein soll, von edelstem Geblüt: Wie seine Frau stammt Philip in direkter Linie von Queen Victoria ab. Er, der geborene Anführer, tritt mit der Hochzeit in die zweite Reihe zurück. Nur wenige Jahre darf er in seiner geliebten Royal Navy dienen, befehligt auf Malta einen Zerstörer. 1952 stirbt George VI. – und Elizabeth besteigt mit zarten 27 Jahren den Thron. Der Alphamann Philip geht von nun an stets zwei Schritte hinter seiner Königin.
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In jungen Jahren soll er geflucht haben, er sei nichts als eine „verdammte Amöbe“ am Hof. Doch dann fügt er sich mit soldatischer Disziplin. Er erfüllt die Rolle des „Prince Consort“ loyal, integer, treu. Bis zum 96. Lebensjahr, als er sich zur Ruhe setzt – als dienstältester Prinzgemahl überhaupt. Er eröffnet Brücken, verliest Grußbotschaften und bezeichnet sich selbst als den „erfahrensten Gedenktafelenthüller der Welt“.
Prinz Philips rustikaler Humor
Der Herzog mit der spitzen Zunge bricht mit Lust das Zeremoniell, begrüßt mal Helmut Kohl als „Herrn Reichskanzler“ oder fragt bei einem Besuch in Australien einen Stammesführer der Aborigines: „Werft ihr eigentlich immer noch mit Speeren aufeinander?“ Prinz Philip konnte lustig sein – und dann auch wieder ziemlich direkt, unsensibel und, ja, manche seiner Sprüche waren auch rassistisch.
Oft dürfte es im Buckingham Palace Stoßseufzer der Verzweiflung gegeben haben, wenn Prinz Philip mal wieder kein Blatt vor den Mund nahm. Die Queen nannte er angeblich wahlweise „Kohlkopf“ oder „Würstchen“. Und meinte das ausgesprochen liebevoll. Er gab der Königin, die eigentlich schüchtern sein soll, Leichtigkeit. Philip war neugierig, liebte Technik und modernisierte das Königshaus fürs 20. Jahrhundert. Zu Hause soll er das Sagen gehabt haben. Ein Paar auf Augenhöhe, auch wenn sie die Krone trägt.
Der Queen fehlt ihr Kompass
1997, zu ihrer Goldenen Hochzeit, sagte Queen Elizabeth II. die Worte über ihren Gatten, die seither immer wieder zitiert werden, wenn es um die unglaubliche 73 Jahre währende Ehe der beiden geht: Er sei „quite symply“ in all den Jahren für sie „strength and stay“ gewesen, ihr Halt, ihr Fels. Die Queen wusste ihren Ehemann lang mehr zu schätzen als seine Landsleute.
Mit Philips Tod wurde vielen Britinnen und Briten gewahr, dass das Elisabethanische Zeitalter auf sein Ende zugeht. Die Queen wirkt plötzlich gebrechlicher, benutzt – früher undenkbar – eine Gehhilfe. Die Windsors haben ihren Patriarchen verloren, die Königin nicht nur die Liebe ihres Lebens, sondern auch, so scheint es, ihren Kompass. Wie hätte der Herzog von Edinburgh es gefunden, dass ausgerechnet der in Missbrauchsvorwürfe tief verstrickte Andrew seine Mutter zum Gedenkgottesdienst ein Jahr nach Philips Tod geleitete? Hätte er gespürt, welche Empörung die mütterliche Geste im Land auslösen würde?
Bei Philips Beisetzung auf Schloss Windsor im vergangenen Jahr saß die Queen dem Coronaprotokoll entsprechend allein. Ganz in Schwarz, einsam und plötzlich ganz klein ohne ihren großen Soldaten neben sich. Ohne ihren Fels.