Dass sie dennoch installiert wurden, lag an einer schier endlosen Kette von Fehlverhalten und Versagen bei Behörden und Unternehmen, wie aus dem aktuellen Bericht hervorgeht. So wurden Brandschutzbestimmungen lax ausgelegt, Testergebnisse manipuliert oder falsch dargestellt und Warnungen in den Wind geschlagen.
Manche konnten sich nur noch per Handy verabschieden
So nahm das Unglück am 14. Juni 2017 ungehindert seinen Lauf. Ein defekter Kühlschrank im 4. Stock löste einen Brand aus, der schon bald auf die Fassade übergriff.
Nur knapp eine halbe Stunde nach dem ersten Notruf hatten die Flammen bereits die obersten Etagen des Hochhauses erfasst. Von der Fassade heruntertropfender, brennender Kunststoff verbreitete das Feuer auf das ganze Gebäude.
Auch der Feuerwehr werden schwere Fehler angelastet. So hatte sie den Menschen viel zu lange dazu geraten, in dem brennenden Gebäude zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Dabei zeichnete sich schnell ab, dass die Flammen rasch das ganze Hochhaus erfassen werden. Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle. Manche konnten sich nur noch per Handy von ihren Lieben verabschieden.
In Trauer mischen sich Wut und Frustration
Das Gelände um den ausgebrannten Turm ist inzwischen weiträumig mit einem Holzzaun abgesperrt. Daran sind unzählige Botschaften, Bilder und Andenken angebracht in verschiedenen Sprachen. Englisch, Arabisch, Spanisch, Amharisch - der Grenfell Tower war ein Zuhause für Menschen aus der ganzen Welt.
In Trauer der Überlebenden und Hinterbliebenen mischen sich Wut und Frustration. "Leute, die Entscheidungen getroffen haben und dabei Profit über die Sicherheit von Menschen stellten, müssen hinter Gitter", sagte Sandra Ruiz, deren zwölfjährige Nichte in dem Feuer starb, der Zeitung "Guardian".
Doch strafrechtliche Folgen hat die jahrelange Untersuchung nicht. Es sei nun an den Ermittlungsbehörden, Anklagen gegen die Verantwortlichen zu erheben, sagte eine Vertreterin von Überlebenden und Angehörigen. Ob und wann es dazu kommen wird, ist ungewiss. Ein Polizeisprecher kündigte an, der Bericht werde nun geprüft, das könne jedoch bis zu 18 Monate in Anspruch nehmen.
Bewohner wegen Herkunft und Status missachtet
Premierminister Keir Starmer zeigte sich bei einer Stellungnahme im Parlament nach Veröffentlichung des Berichts betroffen. "Ich möchte mit einer Entschuldigung im Namen des britischen Staats bei jedem Einzelnen von Ihnen und allen Familien der von dieser Tragödie Betroffenen beginnen: Es hätte nie geschehen dürfen", sagte der Labour-Politiker. Es müsse volle Rechenschaftspflicht geben und Grenfell als Prüfstein für künftige Gebäudesicherheit dienen.
Großbritannien müsse sich auch die Frage stellen, was für ein Land es sein wolle, so der Premier weiter. Die Bewohner des Grenfell Towers - einem Sozialbau in einem der reichsten Teile des Landes - seien aufgrund von ihrem sozialen Status und ihrer Herkunft wiederholt mit ihren Bedenken missachtet worden. "Das ging unglaublicherweise sogar nach dem Unglück weiter", so Starmer.