Im Unterschied zu früheren Montagsspaziergängen trafen sich die Teilnehmer nun nicht mehr unangemeldet auf dem Marktplatz, sondern vor dem Stadtschloss, mit vorheriger Anmeldung. „Bleibt auf unserem Spaziergang ruhig und lasst Euch nicht von außen provozieren. Vorfälle werden später von der Polizei übernommen“, wurden die Teilnehmer per Lautsprecherdurchsage ermahnt. Mit Plakaten und Trillerpfeifen machte sich die Gruppe auf ihren Weg quer durch die Gassen der Vestestadt. Angeführt wurden sie von zwei Demonstranten, die ein Banner mit der Aufschrift des Bündnisses „Coburg zeigt Gesicht“ trugen.
Auch Familien mit kleinen Kindern schlossen sich der Gruppe an. Immer wieder waren „Aufwachen, Aufwachen“-Sprechchöre zu hören. In den engen Straßen gab es für Touristen und Restaurantbesucher oft keine Möglichkeit, den Demonstranten auszuweichen, was besonders bei Eltern für Unmut sorgte.
Am Ende des Zuges wurde versucht, Unbeteiligte von den Anliegen der Demonstranten zu überzeugen – per Postkarten mit der Aufschrift „Protest gegen die Spaltung unserer Gesellschaft“. Allerdings lehnten die meisten Passanten das ab.
Kundgebung auf dem Marktplatz
In der Mohrenstraße platzte einem jungen Mann der Kragen: „Ich fasse es nicht. Ihr seid doch diejenigen, die versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten“, schimpfte er wütend den Spaziergängern hinterher. „Wenn Ihr wenigstens einen vernünftigen Grund für Eure Aktion hättet, aber spätestens seit dem Wegfall der Corona-Beschränkungen gibt es den nicht mehr. Demonstriert Ihr, weil ich freiwillig eine Maske trage?“
Nach einer guten Stunde versammelten sich die Spaziergänger um das Alberts-Denkmal auf dem Marktplatz für eine abschließende Kundgebung. Im Unterschied zu früheren Spaziergängen kam es in der Innenstadt zu keiner Begegnung mit Gegendemonstranten. Aus der Menge trat plötzlich ein älterer Mann hervor und ergriff das Wort. Er sei „Facharzt für Hygiene“, im 80. Lebensjahr und „ungeimpft“, sagte er. Allein die Auskunft, dass er eine Impfung ablehne, löste beim Publikum Beifallsbekundungen aus. „Seit knapp zwei Jahren werde ich wegen meiner Haltung als unsolidarisch bezeichnet. Wer ist denn hier wirklich unsolidarisch?“, wandte er sich an seine Zuhörer und gab die Antwort gleich selbst: natürlich die Aktionäre, die mit Kliniken ihre Dividenden erwirtschafteten. „Lasst Euch nicht für dumm verkaufen“, warnte er.
Zum Schluss ergriff noch eine weitere Spaziergängerin das Mikrofon, die ihrem Ärger Luft machen wollte. Sie kritisierte die 3G-Regel, die noch immer im Coburger Rathaus und in Einrichtungen im Coburger Land Bestand hat. „ Solange nicht die letzte Maßnahme gefallen ist, kämpfen wir mit allen demokratischen Mitteln weiter“, kündigte sie an.