„Die Unvermittelbaren“ TV-Auftritt für Hund aus der Region

Dabei galt die Cane Corso-Hündin mit ihren kupierten Ohren im Tierheim Haßberge lange als unvermittelbar. Doch genau solchen Hunden widmet sich eine TV-Sendung von Hundeprofi Martin Rütter, die seit Sonntag auf RTL läuft.

 
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Am Sonntagabend überschlagen sich die Kommentare auf Martin Rütters Facebook-Seite. „Wir sind schockverliebt in Yvi“, schreibt eine Nutzerin unter dem Beitrag des TV-Hundeprofis, der auf die Ausstrahlung der neuen Staffel seiner RTL-Sendung „Die Unvermittelbaren“ hinweist. Andere schließen sich ihr an: „Yvi ist mein Favorit“, heißt es an andere Stelle: „Mir kommen die Tränen vor Rührung.“ Denn Yvi hatte geschafft, so konnten fast 1,7 Millionen Zuschauer am späten Sonntagnachmittag im Fernsehen verfolgen, was niemand im Tierheim in den Haßbergen noch für möglich gehalten hatte: Die Cane Corso-Hündin scheint endlich ein Zuhause gefunden zu haben.

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Schon im vergangenen Jahr freute sich die Tierschutzinitiative (TI) Haßberge e.V., die das Tierheim Haßberge in Zell betreibt, mit ihrem Bernhardiner „Mäuschen“ an dem TV-Format teilnehmen zu dürfen. „Unvermittelbaren“ Hunden, die in Deutschlands Tierheimen vergeblich auf ein neues Frauchen oder Herrchen warten müssen, will Martin Rütter mit seinem Team damit nicht nur eine Plattform geben, sondern auch eine echte Chance. Meist sind es Angsthunde aus schlechter Haltung, die Schwierigkeiten haben, mit Mensch und Artgenossen zurechtzukommen, teilweise aber auch Vierbeiner, die wegen zu befürchtender Tierarztkosten schwer zu vermitteln sind. So wie „Mäuschen“ damals. Der Bernhardiner-Rüde war aufgrund seiner erheblichen erblichen Erkrankungen als Nachkomme aus der Zucht eines renommierten fränkischen Züchters in die engere Auswahl der TV-Teilnehmer gelangt. Dank der Sendung, die für die „Unvermittelbaren“ erst Werbung macht und potenzielle Interessenten anschließend auch mit Rat und Tat betreut, hatte „Mäuschen“ schließlich seine Menschenfamilie finden können.

Bei den Dreharbeiten mit „Mäuschen“ stellte die Produktionsfirma dann fest, dass bei der TI Haßberge noch mehr „Unvermittelbare“ im Tierheim sitzen. „Prompt wurde die TI Haßberge gefragt, ob wir auch an der nächsten Staffel teilnehmen würden“, erzählt Yvonne Jung, Zweite Vorsitzende der Tierschutzinitiative, stolz. Und zwar zunächst gleich mit zwei Hunden.

Hunde mit geringen Vermittlungschancen

Cane-Corso-Hündin Yvi ist in Bayern ein Listenhund der Kategorie 2. „Ein Jahr lang lebte sie in einem befreundeten Tierheim ohne Chance auf Vermittlung“, berichtet Yvonne Jung. „Dann hoffte die TI, in den Haßbergen einen geeigneten Platz zu finden – aber auch bei uns saß Yvi fast ein Jahr.“ Old English Bulldog Bruno verbrachte drei lange Jahre, also sein ganzes Leben, im Zwinger. Als er ins Tierheim nach Zell kam, habe er sich in einem extrem schlechten gesundheitlichen Zustand befunden, so die Tierschützer. Die veterinärmedizinischen Untersuchungen (Röntgen, CT, MRT) ergaben, dass Bruno sein restliches Leben Einschränkungen haben wird und seine neuen Besitzer viel Geld kosten wird. „Die Aussichten für Yvi und Bruno auf ein neues Zuhause sind deshalb sehr gering“, bedauert Yvonne Jung. Noch schlechter sieht es sogar für den Hollandse Herdershound Siggi aus, der nach schlechter Haltung und Isolation aggressiv reagiert und selbst die erfahrenen Mitarbeiter der TI vor echte Herausforderungen stellt. Auch er wird seinen Auftritt vor der Kamera haben – als weiteres trauriges Beispiel für einen Vierbeiner, der wohl sein restliches Leben im Tierheim verbringen werden muss.

Doch haben wenigstens Bruno und Yvi Chancen auf eine rosigere Zukunft? Die Sendung dauert wenige Sekunden, da tapst der kleine Old English Bulldog bereits durchs Bild – sichtbares Beispiel einer offensichtlichen Qualzucht, die dem jungen Rüden kaputte Gelenke und entsprechende Schmerzen beschert. Er muss sich offenbar noch bis zu einer der nächsten Folgen gedulden – die Bühne gehört in Folge eins zunächst einmal Yvi. Und Yvi macht Eindruck. Denn Yvi ist zwar ein herzensguter Hund, man sieht es ihr nur leider nicht an. Im Gegenteil. Der Hündin wurden in Bulgarien sowohl Ohren als auch die Rute kupiert – auf deutsch: verstümmelt.

Kupieren: Verboten, aber noch immer praktiziert

Hundeprofi Martin Rütter hat dazu eine deutliche Meinung, die er auf seinem Facebook-Auftritt zum Fall Yvi auch in drastischen Worten kundtut. Im Fernsehen sagt er zumindest soviel: „Dass es sowas noch gibt, ist eigentlich unverständlich.“ Seit 1986 ist das Kupieren von Hundeohren in Deutschland verboten, die Rute darf seit 1998 nicht mehr gekürzt werden. Das Verbot wird allerdings regelmäßig dadurch umgangen, dass Besitzer oder Züchter ihre Hunde im Ausland kupieren lassen. Verkauf und Haltung der kupierten Tiere sind dann hierzulande zwar grundsätzlich legal, doch wie im Fall von Yvi ein gravierender Nachteil. Denn auch wenn Yvi Gesellschaft liebt und gern ein Teil davon sein möchte, ist sie mit ihrem Aussehen nicht gesellschaftsfähig. „Yvi hat das Pech, dass sie im ,Cane-Corso-Pelz’ steckt“, sagt Tierheimleiterin Britta Merkel, erste Vorsitzende der Tierschutzinitiative Haßberge, die im Fernsehbeitrag zu Wort kommt. „Wenn sie einen Retriever-Pelz hätte, wäre sie vermutlich schon tausendmal vermittelt worden.“ Doch so würden sämtliche Tierheimbesucher an der liebenswerten Hündin regelmäßig vorbeilaufen – weil sie zum Fürchten aussieht, ein bisschen wie der „Hund von Baskerville“, wie Britta Merkel findet.

Nicht nur Yvis Aussehen schreckt potenzielle Interessenten ab, auch die Tatsache, dass sie in Bayern einen Wesenstest absolvieren müsste. Den hat die Hündin schon einmal mit Bravour bestanden, doch auch die gesellschaftliche Ächtung von Vierbeinern ihres Aussehens reduziert die Zahl möglicher Herrchen und Frauchen auf beinahe Null. „Das macht einen schon traurig, wenn man sieht, dass solche Tiere Jahre hinter Schloss und Riegel verbringen, ein Leben lang“, sagt Britta Merkel. Nicht nur traurig, sondern auch wütend: auf Züchter wie Käufer, die eine solche Tierquälerei befördern.

Ein Glückstreffer für Yvi

„Ich kann Brittas Wut total verstehen“, sagt Hundeprofi Martin Rütter. Die Schwierigkeiten, einen Hund wie Yvi an die Frau oder den Mann zu bringen, hat auch das Rütter-Team bei seinen Aufrufen zur TV-Sendung gemerkt. Bis, ja bis auch Jürgen Schuhmacher und Daniela Ihle mit Tochter Lena „schockverliebt“ in Yvis Anblick waren. „Dieser Blick“ schwärmt Daniela Ihle, die sich sofort sicher ist: „Das könnte unser neuer Hund werden.“ Eigentlich hatte die Familie aus Nordrhein-Westfalen nach dem Tod der Familienhündin einen Welpen vom Züchter kaufen wollen, doch nun geben sie einem alten Hund noch eine Chance auf ein besseres Leben. „Ich kann das gar nicht glauben, was wir da für einen Glückstreffer gelandet haben“, zeigt sich da selbst der Hundeprofi sprachlos. Die Familie reist mit dem Wohnmobil die rund 400 Kilometer in die Haßberge, um Yvi kennenzulernen. Das erste Zusammentreffen verläuft positiv, wenig später wird dann das neue Zuhause auf die Ankunft der Cane Corso-Hündin vorbereitet. Tierheim-Leiterin Britta Merkel ist es dann, die ihren Schützling persönlich nach NRW fährt. Dort angekommen, scheint sich Yvi schnell wohlzufühlen. Wird es hier wirklich ein Happy End für sie geben?

Immer sonntags auf RTL

Wie es mit Yvi weitergeht, ob auch Bruno so viel Glück hat und mit welchen Problemen Siggi zu kämpfen hat, wird in den nächsten Folgen der RTL-Sendung, immer sonntags ab 16.50 Uhr sowie in der Mediathek der RTLplus-App, zu sehen sein. Auch die „Angsthunde“ Chantal oder Charlie, die ebenfalls bereits in der ersten Folge ihren Auftritt hatten, das Hundesenioren-Hospiz von Stephanie „Stevie“ Badura in Brandenburg oder die teils dramatische Tierschutz-Arbeit in Rumänien werden dann weiterbegleitet. Denn, so heißt es in der Sendung: „Auch die Unvermittelbaren haben ein richtiges Zuhause verdient.“