Ungewöhnliche Straftat Viel Glück und ein gnädiger Richter

Martin Schweiger
Ein mildes Urteil fiel am Mittwoch vor dem Amtsgericht Haßfurt: Eine verbotene Fahrradfahrt unter Drogeneinfluss konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden.Foto Foto: NP Archiv/René Ruprecht

Mit dem Bier in der Hand vor einem Polizeiauto bei Rot über die Ampel gefahren – das muss einem erst einmal einfallen. Und dabei hat ein 44-jähriger Familienvater noch Glück: Er kommt mit einer milden Strafe davon.

 
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Das ist nicht ohne: 19 Einträge hat ein 44-jähriger Familienvater aus dem Maintal bereits in seinem „Sündenregister“ stehen. Am Mittwoch kam Urteil Nummer 20 am Amtsgericht hinzu: Richter Christopher Lehmann verurteilte den Angeklagten wegen einer Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße in Höhe von 100 Euro. Damit war er gut bedient. Denn eine verbotene Fahrradfahrt unter Drogeneinfluss konnte ihm das Gericht nicht nachweisen.

An einem Novembernachmittag vergangenen Jahres traute eine Polizeistreife kaum ihren Augen, als sie bei Rot an der Straßenkreuzung zwischen Zeil und Sand stand. Vor ihrem Polizeiauto fuhr der Angeklagte mit einer Bierdose in der Hand mit seinem Fahrrad bei Rot über die Fußgängerampel. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf und unterzogen den Radfahrer wenig später einer Verkehrskontrolle. Der offenbarte ihnen offenherzig, dass ein Drogentest positiv ausfallen werde, da er Subotex als Drogen-Substitutions-Stoff nehme. Der anschließende Bluttest ergab nicht nur Rückstände des Substitutionsmittels, sondern auch THC, also Cannabis, im Blut des Angeklagten. „Ich rauche gerne Joints“, gab er auf der Anklagebank offen zu. Er sei damals von der Arbeit gekommen und habe sich ein Feierabendbier gekauft. An der Ampel habe er die Handschuhe angezogen und sei daher erst bei Rot über die Ampel gefahren. Das Polizeiauto habe er nicht bemerkt, gab er zu Protokoll.

Im zarten Alter von 13 Jahren wurde er zum ersten Mal straffällig. Vor allem wegen Diebstählen und Drogendelikten wurde er bereits verurteilt – auch zu Haftstrafen. Er lebt nach eigener Auskunft von Hartz-IV und hat über 20 000 Euro Schulden, die er derzeit nicht zurückzahlt. „Ich warte auf Vollbeschäftigung“, erklärte er dem Gericht.

Nach Aussage der Polizeibeamten fuhr der Angeklagte keine Schlangenlinien und hatte keine Ausfallerscheinungen. Dies war sein Glück. Denn das Gesetz gibt – im Gegensatz zum Alkoholkonsum – keine Grenzwerte vor, ab denen eine Strafe fällig wird. Eine Fahruntüchtigkeit konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden, weshalb nur die Verurteilung wegen des Überquerens der Straße bei Rot übrig blieb.

Dennoch verwarnte ihn der Vorsitzende: „Ich habe eine große Warnung für Sie: Die Polizei hat Sie auf dem Schirm. Bei der nächsten Fahrt mit Drogen oder Alkohol im Blut droht eine Freiheitsstrafe“, sagte Richter Lehmann. Mit einem „Danke“ nahm der Angeklagte das Urteil an.

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