Unterfranken Handwerk setzt auch 2021 auf Lehrlinge

Christian Schuster
Egal ob Schreiner, Foto: HWK Unterfranken/amh-online

Trotz Corona haben im Herbst unterfrankenweit 2550 Auszubildende neue Stellen angetreten. Und auch in diesem Jahr wollen Betriebe weiter einstellen. Es gibt aber auch Verlierer.

 
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Würzburg - Die Herausforderungen durch die Corona-Krise sind auch und gerade im Handwerk groß. Die unterfränkischen Handwerksbetriebe setzen aber weiterhin viel Geld und Mühen in die Ausbildung von Lehrlingen. „Das ist in dieser Krisenzeit ein wichtiges Signal in Richtung aller jungen Menschen, die vor dem Schulabschluss stehen oder eine neue berufliche Perspektive suchen“, betont der Präsident der Handwerkskammer (HWK) für Unterfranken Walter Heußlein in einem am Donnerstag veröffentlichten Überblick über den Ausbildungsmarkt. Für das Jahr 2021 sind in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer für Unterfranken bereits knapp 1700 freie Lehrstellen gemeldet. Freie Ausbildungsplätze gebe es „über alle Berufe hinweg sowie in allen Regionen“. Junge Menschen hätten damit beste Chancen, dieses Jahr mit einer Ausbildung im Handwerk durchzustarten, so der HWK-Präsident.

Die Zahlen von 2020 dämpfen Heußleins Optimismus allerdings ein wenig. Im vergangenen Herbst starteten nämlich laut Handwerkskammer lediglich 2550 junge Menschen ihre Ausbildung in einem unterfränkischen Betrieb – im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 7,6 Prozent. Die Region Schweinfurt-Main-Rhön, zu der auch der Kreis Haßberge gehört, steht dabei noch am besten da mit einem Minus von nur 5,1 Prozent neuer Lehrverträge. Die Entwicklung ist allerdings nicht neu: Die Ausbildungszahlen sinken seit Jahren kontinuierlich und befanden sich noch 2010 bei einem Niveau von deutlich mehr als 3000 Lehrlingen pro Jahr.

Weniger Schulabgänger, Flüchtlinge und der Kontakt fehlt

Gründe für den jüngsten Rückgang sind nämlich auch Teil der gesellschaftlichen Entwicklung: So habe es 2020 in Unterfranken insgesamt rund 8 Prozent weniger Schulabsolventen gegeben. Die HWK zitiert dabei die Schüler- und Absolventenprognose des Bayerischen Kultusministeriums. Und auch die Zahl der Flüchtlinge, die eine Ausbildung in einem Handwerksbetrieb suchen, nimmt ab. 2020 registrierte die Handwerkskammer 134 neue Lehrverträge von jungen Menschen unter anderem aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Pakistan oder Syrien. Im Jahr davor waren es noch 209.

Als dritten Punkt für den Rückgang der Zahlen nennt die HWK die Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen. Es sei schlicht schwieriger gewesen, Kontakt zu Schülern und Lehrern herzustellen, Berufsmessen mussten abgesagt werden. Die HWK hat Elternabende, Messen oder Beratungen inzwischen jedoch in die Online-Welt verlegt. Das Angebot werde in den letzten Wochen auch „sehr gut angenommen“, wie HWK-Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul bestätigt.

Im Landkreis Haßberge haben 2020 insgesamt 176 junge Menschen eine Handwerker-Ausbildung begonnen, teilt eine HWK-Sprecherin auf NP-Anfrage weiter mit. Im Vergleich zum Vorjahr (189) ist auch diese Zahl um knapp 6,9 Prozent zurückgegangen. Allerdings sei dies Teil der „Wellenbewegung“, die bei den Ausbildungszahlen auf Landkreisebene regelmäßig zu beobachten seien. Denn die Betriebe würden in einem Jahr einen Lehrling einstellen und drei bis dreieinhalb Jahre ausbilden bis ein neuer Bewerber eingestellt würde.

Ein besonderes Augenmerk fällt derzeit den sogenannten personennahen Dienstleistungen zu. Optiker, Zahnärzte oder Orthopädieschuhmacher können derzeit ihrer Arbeit nur unter erschwerten Bedingungen nachgehen. Friseure mussten komplett schließen. Insgesamt sei der Bereich „Gesundheit und Körperpflege“, so fasst die HWK die Berufsfelder zusammen, jedoch nur leicht um 3,6 Prozent zurückgegangen, heißt es seitens der Handwerkskammer. Der von manchen erwartete massive Einbruch sei damit ausgeblieben, der Rückgang bewege sich auf dem Niveau der Vorjahre.

Allerdings macht sich die Handwerkskammer auch keine Illusionen: Der erneute Lockdown werde für die Betriebe, die von den Schließungen betroffen seien, immer mehr zur Zerreißprobe. In der Gesamtheit bleibe das Engagement in Sachen Ausbildung aber auf hohem Niveau. Denn die Handwerksbetriebe würden auch künftig qualifizierte Fachkräfte benötigen.

Friseure in der Krise: Schon vor Corona wenig Azubis

Während die Handwerkskammer (HWK) für Unterfranken eher einen positiven Ausblick auf den Ausbildungsmarkt 2021 wagt, wird es im Gespräch mit Oliver Merkl, Obermeister der Friseurinnung im Kreis Haßberge eher düster. „Ich sehe keine gute Zukunft in den nächsten zwei Jahren“, lautet die Vorausschau des Haßfurter Salon-Inhabers. Dass unterfrankenweit 10 Prozent der neuen Lehrlinge bereits im Bereich Gesundheit und Körperpflege untergekommen seien, sei für ihn mit Blick auf die Haßberge eine „utopische Zahl“.

Aufgrund der monatelangen Schließung werde der Innungsobermeister wohl selbst in diesem Jahr keinen neuen Lehrling einstellen. Dabei sei Merkl natürlich ein absoluter Verfechter der Ausbildung, wie er betont. Schon immer gewesen. Allerdings befindet sich Merkl derzeit auch in einer Zwickmühle: Lehrlinge könnten nicht in Kurzarbeit geschickt werden, die Personalkosten bestünden also weiterhin, obwohl niemand arbeiten könne. Abgesehen davon könnten Lehrlinge wegen der geschlossenen Salons bis auf ein paar Übungsabende in der Woche ihre Prüfungen nur schwerlich vorbereiten. Viele Inhaber hätten daher Angst oder zumindest Respekt davor, 2021 weitere Azubis einzustellen.

Doch die Situation in Sachen Friseur-Ausbildung sei schon vor Beginn der Corona-Pandemie schlecht gewesen. Von den rund 80 Friseurbetrieben des Landkreises würden neben seinem eigenen Salon lediglich drei oder vier regelmäßig ausbilden. „Viele stellen inzwischen keine Lehrlinge mehr ein“, so Merkl. Das sei auch bei den jährlichen Abschluss-Zeremonien zu sehen. Im vergangenen Jahr seien lediglich drei freizusprechende Lehrlinge gegeben. Dies sei schon seit Jahren so, die Corona-Pandemie habe das nur noch verschlimmert. Denn abgesehen von den geschlossenen Salons musste auch die Ausbildungsmesse in Haßfurt abgesagt werden. Für den Ausbildungsberuf Friseur zu werben, sei also gelinde gesagt schwierig.

Immerhin bewege sich politisch ein wenig, so der Hinweis von Oliver Merkl. Derzeit gebe es politische Gespräch darum, ob zumindest während der Schließungen die Ausbildungsvergütungen, die die Betriebe an die Lehrlinge zahlen, in die Fixkosten aufgenommen werden sollen. Damit könnte man die finanzielle Belastung für die Inhaberinnen und Inhaber zumindest ein wenig abfedern. Allerdings sei hier noch nichts beschlossen, räumt der Innungsobermeister ein.

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