Unternehmer blickt zurück „Ruckdeschel, Du machst das jetzt“

Ein Leben für die Kulmbacher Ireks: Hans Albert Ruckdeschel. Foto: Ireks

Vor seinem 80. Geburtstag blickt Hans Albert Ruckdeschel auf sein Leben in der Ireks zurück. Er erzählt, wie er mit fünf Jahren seinen ersten Arbeitsunfall im Unternehmen hatte und weshalb er heute nochjeden Tag ins Büro geht.

 
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Am kommenden Dienstag wird Hans Albert Ruckdeschel 80 Jahre alt. Im Interview blickt der geschäftsführende Gesellschafter der Kulmbacher Ireks zurück auf seine ersten Karriereschritte sowie die Entwicklung der Firmengruppe unter seiner Führung. Außerdem verrät er, was „sein Unternehmen“ für ihn ausmacht.

Herr Ruckdeschel, gibt es etwas, auf das Sie besonders stolz sind?

Hans Albert Ruckdeschel: Gesund sein und ohne Probleme und mit Erfolg seine Arbeit machen können, das ist das Schönste. Besonders stolz? Kann ich nicht sagen. Darüber nachzudenken ist wenig Zeit. Es gibt noch vieles zu erledigen.

Klingt nicht, als würden Sie sich langweilen?

Absolut nicht. Ich gehe jeden Tag ins Büro und freue mich, wenn alles läuft. Da sind auch mal Dinge, die ausgebügelt werden müssen, die graue Haare wachsen lassen oder die Haare ganz ausfallen lassen (schmunzelt). Wie sich unsere Unternehmensgruppe entwickelt hat, ist erfreulich. Als ich anfing, hatten wir 900 Beschäftigte. Die Struktur war ganz anders. Unsere Tochterunternehmen spielten eine vergleichsweise größere Rolle. Der Geschäftsbereich Backzutaten hatte dagegen eine geringere Bedeutung als heute, war aber trotzdem schon das wichtigste Segment. Jetzt sind es weltweit über 3000 Beschäftigte.

Wie hat es angefangen mit Ihnen und der Ireks?

Als ich fünf war, hatte ich meinen ersten Arbeitsunfall bei der Ireks – auf dem Werksgelände vor Silo eins (lacht). Damals bin ich viel mit einem ehemaligen Mitarbeiter in einem Unimog und einem Bulldog aus der Vorkriegszeit herumgefahren, denn wir hatten seinerzeit im Stadtgebiet mehrere Niederlassungen. Da habe ich oft den Nachmittag verbracht. Manchmal ließ ich den Schulunterricht ausfallen und bin dann auch mal geschimpft worden. Während meines Studiums rückte ich dann deutlich näher an die Firma heran.

Ihr Vater hat sie dann in den Verwaltungsausschuss der damaligen Holdinggesellschaft J. Ruckdeschel und Söhne KG entsandt.

Ab Januar 1975 war ich als geschäftsführender Komplementär beschäftigt. Ein halbes Jahr später ging ich in unsere Niederlassung nach Belgien. Meine Aufgabe war es, das Malzgeschäft neu zu ordnen. Das war eine sehr lehrreiche Herausforderung. Unser Wachstum ist eine schöne, aber auch anstrengende Sache. Wir mussten auch Standorte schließen, die nicht mehr zu den Anforderungen unserer Kunden und Märkte gepasst haben. Das ist immer eine bittere Entscheidung, auch wenn wir immer Rücksicht auf die tüchtigen Mitarbeiter genommen haben.

Nach ihrem Einsatz in Belgien übernahmen Sie dann die Verantwortung für das Malzgeschäft.

Ich war eigentlich nicht unmittelbar für das Malzgeschäft vorgesehen, aber es war niemand anderes da! 1976 gab es einen Personalwechsel und dann hieß es: „Ruckdeschel, du machst das jetzt drei bis fünf Jahre.“ Daraus sind über 25 Jahre geworden. Es war ein schwieriges Geschäft. Dennoch sind wir prächtig gewachsen. Als ich hier anfing, hatten wir in Kulmbach eine Kapazität von rund 30 000 Jahrestonnen Braumalz der Standardausprägung. Dazu kam dann 1973 unser Standort in Wien, wo wir uns von 36 000 Jahrestonnen auf inzwischen rund 150 000 Tonnen pro Jahr gesteigert haben. In Deutschland wurden verschiedene Mälzereien in Kulmbach, aber auch in Sulzbach-Rosenberg und Schweinfurt angegliedert. So kommen wir heute auf ein Volumen von 300 000 Tonnen jährlich.

Investitionen spielen nach wie vor eine große Rolle in der Strategie von Ireks, sicherlich auch über den Malzbereich hinaus?

Dass wir nicht stehengeblieben sind, sehen wir am Werksgelände in der Lichtenfelser Straße am besten. Da wird ständig gebaut. Im Laufe der Zeit sind mit immer mehr Spezialitäten in der Malzproduktion die Möglichkeiten stark gestiegen, neue Anwendungen für Backbetriebe zu etablieren. In der ehemaligen Meussdoerffer-Mälzerei werden nun Spezialmalze hergestellt. Das Sortiment ist stark gewachsen. Es gibt im Prinzip unbegrenzt viele Möglichkeiten, verschiedene Spezialmalze mit den unterschiedlichsten Eigenschaften zu kreieren.

Bei all dem Wachstum definiert sich die Ireks nach wie vor als Familienunternehmen. Sicher hat das auch für Sie einen ganz besonderen Stellenwert?

Ja, das ist so. Besonders meine Frau stärkt mir seit 25 Jahren den Rücken. Dadurch, dass wir auf dem Betriebsgelände wohnen, ist sie sehr häufig im Unternehmen unterwegs. Sie ist auch jemand, der man etwas zuflüstert, was man nicht mir direkt mitteilen will. Sie fährt mit auf Messen, unterhält sich mit Kunden und geht in ihrer Rolle auf. Das ist nicht selbstverständlich, und darüber bin ich sehr froh. Es gefällt mir, dass meine Frau mit dem Herzen dabei ist.

Dass ihr Neffe Stefan Soiné im Unternehmen ist...

...betrachte ich als Glücksfall. Er hat sich hier beworben, als uns während der Planungen für unsere Backzutatenfabrik der plötzliche Tod des damals Verantwortlichen schwer traf. Seitdem hat er nicht nur in technischen Belangen sein Wissen zu Gunsten unserer Firmengruppe eingebracht, sondern sukzessive auch Geschäftsführungs- und Aufsichtsratsfunktionen bei verschiedenen Konzerngesellschaften im In- und Ausland übernommen. Und letztendlich bin ich ebenso froh, dass die Gesellschafter mir in all diesen Jahren ihr Vertrauen geschenkt haben und immer noch schenken.

Die Ireks ist quasi ihr Leben?

Im Grunde ist das so, ja. Ich habe das Unternehmen wachsen sehen. Es war nicht immer heile Welt. Man hat gelacht, gestritten, hatte Misserfolge genauso wie Erfolge. Letztere haben glücklicherweise die Oberhand behalten. Jedes Unternehmen unserer Firmengruppe hat seine eigenen Herausforderungen und Perspektiven. Dennoch sollte es so sein, dass wir am Ende alle daran denken: Wir sind eins! So haben wir auch in der aktuell schlimmen geopolitischen Situation eine positive Perspektive. In all unseren Standortländern ist etwas entstanden, was von Dauer sein kann.

Was haben Sie für die nächsten Generationen als Ratschlag?

Wichtig ist, dass das Herz dabei ist und es nicht nur ums Geldverdienen geht. Das wollen wir natürlich auch, aber wichtig ist, dass alle in der Zusammenarbeit und im Zusammensein einen wirklichen Nutzen erkennen können.

Gut zu wissen

Hans Albert Ruckdeschel
ist geschäftsführender Gesellschafter der Ireks und trägt seit mehr als fünf Jahrzehnten Verantwortung für deren Geschicke. Unter seiner Führung entwickelte sich Ireks von einem Unternehmen mit 900 Beschäftigten zu einer weltweit tätigen Firmengruppe mit inwzischen über 3000 Mitarbeitern. Über 30 Jahre verantwortete er das Braumalzgeschäft und weitere zentrale Funktionen des Unternehmens. Auch heute noch hat er verschiedene Mandate inne

Die Ireks-Gruppe
Der Kulmbacher Bäckermeister und Brauer Johann Peter Ruckdeschel legte im Jahr 1856 mit der Errichtung eines Brauerei- und Mälzereibetriebs den Grundstein für das Unternehmen Die Ireks ist heute weltweit bekannt für hochwertige Backzutaten und Braumalze. Abgerundet wird das Portfolio durch die Bereiche Aromen, Speiseeis-Produkte und Agrarhandel. Über 3000 Mitarbeiter, darunter über 500 Bäckereifachleute im Außendienst, stehen den Kunden zur Seite. Die Firma hat Standorte in 24 Ländern.

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