Unterstützung für Schüler Feuerwehr für die Seele

Heranwachsende sind durch die Pandemie psychisch besonders belastet. An den Schulen gibt es viel Unterstützung. Sogar einen Notfallkurs für die Seele.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein Schüler mit Mundschutz und Visier fühlt sich verzweifelt im Klassenzimmer. Corona hinterlässt psychische Spuren Foto: /dpa

Coburg/ Neustadt - Die Plakate hängen in jedem Klassenzimmer im Schulhaus. Auf ihnen prangen rote Herzen, versehen mit Nähten, Pflastern und bunten Flicken. So als müsste dieses innere Organ wieder repariert, ja geheilt werden. Und so ähnlich ist es auch gedacht. Die großen Poster, die im Gebäude der Staatlichen Realschule Coburg II verteilt sind und von denen auch ein Flyer auf der Homepage entgegen leuchtet, gehören zu einer Aktion, die das Lehrerehepaar Julia und Kai Brückner ins Leben gerufen hat und den Namen „Erste Hilfe für die Seele“ trägt.

Nach der Werbung weiterlesen

Hilfe im Taschenformat

Neben den Plakaten liegen an der CO II zahlreiche Karten im handlichen Format aus, die von den Schülern rasch und unkompliziert ausgefüllt werden können. Bei Problemen oder der Bitte zu Unterstützung muss nur rasch die Telefonnummer angegeben werden sowie der Name der Lehrkraft, mit der man gerne in Kontakt treten möchte. Zur Verfügung steht ein fünfköpfiges Team, das sich aus Beratungs- und Verbindungslehrerin und einer Kollegin zusammensetzt. „Angeregt wurden wir im November bei einer Fortbildung für Realschullehrer in Oberfranken“, so Kai Brückner, der mit seiner Frau Julia die Aktion initiierte, „im Gespräch mit anderen Lehrkräften ist klar geworden, dass wir schon etwas tun sollten, vielleicht so eine Art Feuerwehr, die rasch eingreifen kann, wenn es brennt.“ Das Konzept, an das sich die CO II anlehnt, stammt von einer Realschule in Bayreuth.

Geringe Notwendigkeit

An der CO II sind es bis jetzt relativ wenig Heranwachsende, die das Angebot wahrgenommen haben, „ganz grob geschätzt, höchstens zehn“, meint Kai Brückner, „darüber sind wir glücklich.“ Dies liege auch daran, dass es ein sehr gutes Kollegium gebe, das individuell und flexibel Sorgen und Probleme abfedern könne. Aktuell zeigten sich die Kinder und Jugendlichen hauptsächlich besorgt wegen der Noten, „wir ermuntern immer erst einmal, die betreffende Lehrkraft direkt anzusprechen und falls sich danach keine Lösung abzeichnet, begleiten wir gerne das Gespräch“, so Kai Brückner weiter.

Er ist seit zehn Jahren Verbindungslehrer, seine Frau Julia seit acht und schätzt besonders das gute Verhältnis an der der CO II zwischen Lehrern und Schülern. „Wir können immer reden, und das ist eine gute Basis“, formuliert er es.

Weniger Druck am „Casi“

Dass sich Heranwachsende Sorgen um Noten machen und Leistungsdruck verspüren, merkt auch Ursula Kick-Bernklau, Schulleiterin am Coburger Gymnasium Casimirianum. Eine Möglichkeit, diesen Druck etwas heraus zu nehmen, besteht am „Casi“: „Seit diesem Schuljahr machen wir mit bei dem digitalen Format ‚Prüfungskultur innovativ‘“, so die Pädagogin. Dieser Rahmen ermöglicht es beispielsweise alle schriftlichen Leistungsnachweise anzukündigen, unerwartete Überraschungen für die ganze Klasse gibt es somit nicht mehr. „Dies mindert den Druck enorm, da die Schüler sich vorbereiten können und nicht sechs Stunden lang angespannt darauf warten, ob noch etwas kommt oder nicht.“

Derzeit sind es eher die Schüler der Oberstufe, die sich, an der Schwelle zum Erwachsenwerden, Gedanken machen. Verständlich, nach zwei Jahren Pandemie und nun kurz vor dem Abi. „Da zählt eben alles auf einmal ganz anders“, so Ursula Kick-Bernklau. Es gibt aber am „Casi“ auch noch andere Möglichkeiten, unterstützend zu wirken. Das Schuljahr steht unter dem Motto „Achtsamkeit“ und dieses „aufeinander Achten“ ist für die Schulleiterin auch besonders wichtig. „Zudem planen wir wieder besondere Aktivitäten, wie zum Beispiel Yoga oder ähnliches in der Mittagspause.“

Spezielle Fortbildungen

Auch an anderen Lehreinrichtungen wird einiges dafür getan, Schülerinnen und Schüler bestens zu unterstützen. An der Realschule in Neustadt haben zwei Lehrkräfte erst vor kurzem an einer Fortbildung zum Thema „Corona Coping“ („CoCo“) teilgenommen, um anschließend als Tandem andere Pädagogen in ihrer Arbeit zu unterstützen. „Ziel des Workshops war es, Lehrkräfte darin zu stärken, Corona bedingte Belastungen zu erkennen, Gespräche mit betroffenen Schülern offen und zielorientiert zu führen und Ressourcen zu stärken, sowohl ihre eigenen als auch die ihrer Schüler“, formuliert es Schulleiterin Sabine Hoffrichter. Selbstverständlich stünden auch die vorhandenen Angebote wie Hilfe durch die Beratungslehrkraft und Schulseelsorgerin weiterhin zur Verfügung. „Und natürlich die Sozialpädagoginnen der Offenen Ganztagsschule, sowie Klassen- und Verbindungslehrer, die jederzeit für vertrauliche Gespräche zur Verfügung stehen“, so Sabine Hoffrichter weiter.

Um den Spuren, die Lockdown und Distanzunterricht hinterlassen haben, entgegen zu treten, bietet das Arnold-Gymnasium in Neustadt ab dem zweiten Halbjahr einmal wöchentlich eine „offene Tür“ mit einer Schulpsychologin. „Dorthin können sich die Schüler wenden, wenn sie einen Ansprechpartner brauchen“, so Schulleiter Karl-Heinz Sänger.

Sarah Wiesner, stellvertretende Schulleiterin an der Grundschule in Creidlitz, erläutert, dass sie Kinder, die vor dem Distanzunterricht bereits psychische Belastungen hatten, möglichst lange in der Notbetreuung behalten hätten und somit derzeit kein dringender Bedarf bestünde. „Wir halten aber regelmäßig Kinder-Schulforumsstunden ab, in denen wir gemeinsam Probleme und Nöte thematisieren.“

Mehr gemeinsam lernen

An der Grundschule in Neuses bei Coburg wird in diesem Schuljahr besonderer Wert auf Gemeinschaft fördernde Unterrichtsmethoden gelegt. „Wir werden mehr in Partner- und Gruppenarbeit investieren“, so Schulleiterin Jasmin Müller-Alefeld, „da dies in den vergangenen Monaten wegen Home Schooling und Distanzunterricht zu kurz gekommen ist.“