So hält man auch auf türkischer Seite an den anspruchsvollen Zielen für dieses Jahr fest. Bereits seit dem vergangenen Jahr waren nach der Coronakrise wieder rund 15,5 Millionen Urlauber in die Türkei gereist, die für einen Umsatz von 52 Milliarden Euro sorgten. In zwei bis drei Jahren sollen es wie geplant allein an der 600 Kilometer langen Riviera zwischen Kas und Alanya 20 Millionen Gäste werden.
Doch gibt es auch Sorgenfalten, wenn das Wort Erdbeben fällt. Stichwort Istanbul mit seinen mehr als 16 Millionen Einwohnern. Die Megacity wächst jedes Jahr trotz eines sehr hohen Erdbebenrisikos um fast vier Prozent. Über Jahrzehnte wurden hier viele Wohngebäude wie überall in der Türkei aufgrund des Bevölkerungszuwachses schnell, nicht selten ohne Sorgfalt und teilweise illegal errichtet.
Seismologen weisen seit Jahrzehnten immer wieder auf die Gefahren für die türkische Metropole hin. Nur 15 Kilometer von der Stadt entfernt verläuft am Grund des Marmarameeres mit der sogenannten „Nordanatolischen Seitenverschiebung“ eine geologische Störungszone. Hier schiebt sich südlich der Prinzeninseln die anatolische Kontinentalplatte seitwärts entlang der eurasischen Kontinentalplatte – jedes Jahr um 25 Millimeter. Deshalb wurde die Metropole in ihrer langen Geschichte immer wieder von schweren Erdbeben heimgesucht.
Die Spannungen durch das nur 100 Kilometer entfernte Izmit-Beben von 1999, bei dem offiziellen Angaben zufolge 18 000 Tote zu beklagen waren, haben sich verlagert. Messungen des Geoforschungszentrums in Potsdam haben nachgewiesen, dass sich die seismische Lücke südlich von Istanbul bis heute nicht durch ein Erdbeben geschlossen hat und durch das Izmit-Beben noch einmal belastet wurde. Die Erkenntnis ist nicht neu. Die Wahrscheinlichkeit, dass das „große Beben“ vor Istanbul innerhalb der nächsten 30 Jahre kommt, lag schon vor 15 Jahren bei 60 Prozent.
Naturkatastrophen sind unvorhersehbar
Für die Tourismussaison 2023 spielt das keine Rolle. Deniz Ugur gibt sich da sehr pragmatisch: „Die Ferienentscheide orientieren sich in der Regel nicht an der Möglichkeit von Naturkatastrophen, die niemand vorhersagen kann.“ Ahmet Sahin, Vorstandsmitglied der Agentur Bluemice in Antalya, ist zuversichtlich: „Bei uns gibt es keine Stornierungen. Die Reservierungen aus Europa laufen weiter gut. Es sieht so aus, als ob wir in dieser Saison richtig gut ausgelastet sein werden.“ Murat Babatas sieht das genauso: „Mein Gefühl sagt mir, dass die Solidarität in Deutschland die Buchungen für die Türkei dieses Jahr nicht einbrechen lassen wird.“