Mehrere Richter fragten kritisch, warum Trump dem Notstandsgesetz zufolge zwar den Handel komplett stoppen dürfte, aber nach Auffassung der Trump-Gegner keinen Prozent Zoll erheben dürfe – worauf deren Anwälte entgegneten: Ein kompletter Importstopp bringe kein Geld ein, Zölle sehr wohl. Und gerade weil sie Einnahmen erzeugen, müsse das Parlament darüber entscheiden.
Zugleich äußerten auch konservative, von Trump ernannte Richter Zweifel an der Argumentation der Regierung. Sie wollten wissen, warum plötzlich fast alle wichtigen Handelspartner – von Spanien und Frankreich bis zur Schweiz – als Gefahr für die nationale Sicherheit gelten sollen. Richterin Amy Coney Barrett fragte, ob es wirklich die Auffassung der Regierung sei, dass "jedes einzelne Land" ein Sicherheitsrisiko darstelle. Richter Neil Gorsuch warnte zudem vor einer "Einbahnstraße", bei der immer mehr Macht vom Kongress zum Präsidenten wandert, wenn ein solch breiter Notstandsbegriff akzeptiert werde.
Was steht auf dem Spiel?
Für Trump sind Zölle zum zentralen Element seiner Amtszeit geworden. Bei einer Niederlage müsste die Regierung ihre Zollpolitik zurücknehmen, das könnte bestehende Handelsabkommen infrage stellen und auch einen Einfluss auf das öffentliche Image seiner Administration weltweit haben. Möglicherweise wäre die Regierung dann auch verpflichtet, Milliarden Dollar an Importfirmen zurückzuzahlen. Viele Unternehmen, deren Kosten durch die Zölle rapide gestiegen sind, haben nach US-Medien weltweit die Anhörung verfolgt.
Noch ist offen, was konkret folgen würde, sollte der Supreme Court zugunsten der Kläger entscheiden. Auch die potenziellen Auswirkungen des Falls auf die EU und damit auch die Zölle, die deutsche Importe in die USA betreffen, sind unklar. Eine Richterin bohrte selbst bei einem der klagenden Anwälte nach, wie denn seiner Meinung nach Rückerstattungen bei rechtswidrigen Zöllen praktisch abgewickelt werden würden, betonend, dass das ein "ziemliches Chaos" werden könnte.
Was sind denkbare Folgen?
Falls das Gericht das Notstandsgesetz als juristische Argumentation nicht anerkennt, könnte die Regierung versuchen, ihre Argumentation zu verändern und sich auf andere Gesetze berufen, um die Zölle aufrechtzuerhalten. Die Frage ist auch, wie es sich mit Fällen verhält, bei denen die US-Regierung mit anderen Ländern Handelsabkommen vereinbart hat, die Zölle beinhalten. Möglich ist auch, dass sich das Urteil nur auf einen bestimmten Zeitraum beziehen könnte, in dem Trump Zölle verhängt hat. Ursprünglich hatten sich die Vorinstanzen mit den erstmals Anfang April angekündigten länderspezifischen Zöllen befasst, die Dutzende Handelspartner der USA betreffen.
Wann gibt es ein Urteil?
Das ist unklar. Ein Urteil könnte es bald, aber auch erst im nächsten Jahr geben. Auf dpa-Nachfrage hieß es vom Supreme Court, dass das Gericht generell eine Entscheidung innerhalb einer laufenden Prozessperiode anstrebe, in der die Verhandlung eines Verfahrens stattfindet. Die aktuelle Periode begann im Herbst und endet im nächsten Sommer.