Valeo in Ebern Protest gegen Stellenabbau“

Helmut Will
Sie kämpfen für den Standort Ebern und gegen Arbeitsplatzabbau (von links): Werner Strätz, Mitglied des Betriebsrates, Betriebsratsvorsitzende Sonja Meister, Ralf Dirschl, Bezirksleitung IGM Bayern, Vertrauenskörperleiter Thomas Werner, Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Andrea Sicker, IGM und stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Karin Beck. Foto: /Helmut Will

„Zukunftsmusik statt Streichmusik“: Statt Arbeitsplätze zu verlagern und auf „Sparprogramm“ umzuschalten, fordern Betriebsrat und IG Metall eine Stärkung des Standorts Ebern.

 
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Ebern - Die Sorge um Arbeitsplätze ihrer Kollegen stand den Verantwortlichen von Betriebsrat und IG-Metall (IGM) im Gesicht geschrieben, als sie am Dienstagabend von der Sitzung des Aufsichtsrates kamen und vor dem Haupttor der Firma Valeo vor Mikrofon und Kamera ein Statement abgaben. Innerhalb kurzer Zeit steht ein zweiter Stellenabbau oder eine Verlagerung von 80 Mitarbeitenden bevor, nachdem bereits im ersten Halbjahr 2021 im Werk Ebern 95 Stellen gestrichen wurden. Die ständigen Ankündigungen des Valeo-Konzerns schaffen Unsicherheit und Ängste bei den Beschäftigten, heißt es.

„Gemeinsam für sichere Arbeitsplätze bei Valeo“, hatte das Motto der Aktion im Frühjahr 2021 gelautet. Jetzt fordern der Betriebsrat vom Team Ebern und IGM: „Zukunftsmusik statt Streichkonzert“, was sie auf einem entsprechend gestalteten Plakat verdeutlichten. Die Stärkung des Standortes Ebern wurde gefordert, statt Arbeitsplätze zu verlagern und auf „Sparprogramm“ umzuschalten. Es war ein spontaner Protest, an dem sich am Dienstagabend sechs Personen von Betriebsrat und IGM beteiligten. Nach der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates traten diese vor die Presse.

Als Erste erhob Sonja Meister, Betriebsratsvorsitzende in Ebern, ihre Stimme gegen das „Streichkonzert“ des Unternehmens. „Nachdem wir im Herbst des letzten und Anfang dieses Jahres das erste Abbauprogramm in Ebern hinter uns hatten, waren wir schon sehr schockiert, dass uns im Juli ein nächster Stellenabbau mit 80 Arbeitsplätzen, vorwiegend in der Entwicklung, am Standort Ebern angezeigt wurde“, sagte Sonja Meister. Es sei schon länger angesprochen worden, dass man am Standort Ebern Alternativen brauche, was man bei der Aufsichtsratssitzung am Dienstag erneut angesprochen habe. Es sei ein falsches Signal Stellen abzubauen oder verlagern zu wollen, sagte sie, weil es um Existenzen, um Menschen und Familien gehe. „Ich möchte zu bedenken geben, wenn Unternehmen den Wandel mit Konzepten von gestern gestalten wollen, wird die Zukunft nicht bewältigt werden können“, so die Betriebsratsvorsitzende. Es sei ein falsches Signal Menschen, die zehn Jahre zuvor für gute Bilanzen sorgten, jetzt auf die Straße zu schicken.

Im „Windschatten von Corona“

„Uns als IG Metall treibt ganz klar um, dass unter dem Windschatten Corona und dem Deckmantel der Transformation billig verlagert wird, ja sogar die Sorge, dass mit ständigem Restrukturierungen die Standorte bis zur Handlungsunfähigkeit zusammengeschrumpft werden“, sagte Andrea Sicker, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Geschäftsstelle Bamberg.

In der Aufsichtsratssitzung habe man sich stark gemacht für die FTE-Group-Holding und den Standort in Ebern. Durch das Verlagern von produktionsnahen Prozessen sowie Versuchs- und Entwicklungsleistungen aus Deutschland heraus, würden künftig Beschäftigungsprobleme geschaffen, so die IGM-Vertreterin. „Deshalb sagen wir ganz klar, der Wandel hin zur veränderten Mobilität wird nicht ohne innovative Menschen, ohne Beschäftigung gelingen können, dazu braucht es aber Innovationen, Investitionen, kluge Prozesse und Weitsicht“, so Andrea Sicker.

Man stelle sich die Frage, wenn hier nichts mehr entwickelt wird, was dann zukünftig noch produziert werden soll. „Diese Frage stellen sich die Menschen und diese Sorge äußern sie auch ihrer IGM gegenüber. Am Ende des Tages geht es um viel mehr, es geht um die Industriearbeitsplätze hier in der Region, um gute Entgelte und Arbeitsbedingungen, damit Familien hier in der Region leben können, deshalb müssen die Weichen entsprechend gestellt werden“, sagte Sicker. Es sei es wichtig, dass alle, Betriebsrat, IGM und die Beschäftigen an einem Strang ziehen, nur wenn man zusammen halte, könne vieles gelingen. Allerdings war heraus zu hören, dass seitens des Unternehmens keine Kompromissbereitschaft bestehe.

Verlagerung in Billiglohnländer

Aus Sicht der Arbeitnehmer, so Vertrauensköperleiter Thomas Werner und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Karin Beck, brauche es mehr Orientierung für die Menschen und ein Zukunftskonzept für den Standort Ebern, da Valeo ein wichtiger Arbeitgeber für die Region Ebern sei. Statt Strategien für die Zukunft zu entwickeln, soll aber weiter Personal reduziert werden, kritisieren Betriebsrat und IGM. „Jetzt sollen weitere 80 Arbeitsplätze verlagert werden in ,Low-cost-countrys’, auf Deutsch in Billiglohnländer. Ernst gemeinte Chancen für den Standort Ebern sind nicht erkennbar“, bedauert Thomas Werner. Nicht nur innerhalb des Werksgeländes gebe es großes Interesse an einem funktionierenden Industriestandort. „Wir werden die Stadt Ebern, Landkreis Haßberge und weitere Interessensvertreter an einem Tisch bringen und weiterhin informieren“, so der Vertrauenskörperleiter.

Rückblick: Valeo erwarb die FTE Gruppe im Juni 2016, damals waren am Standort in Ebern noch etwa 1650 Menschen beschäftigt. Weltweit beschäftigte die Gruppe über 3000 Menschen. Nach über 15 Jahren in den Händen von Finanzinvestoren freute sich die Belegschaft über einen sogenannten strategischen Eigentümer. Leider geht die Zahl der Beschäftigten seitdem stetig bergab, das liegt nicht alleine an den Synergieeffekten eines Großkonzernes, sondern auch am Technologiewandel in der Automobilbranche. Gerade am Standort Ebern ist man mit seinen Produkten und Komponenten fast ausschließlich vom Verbrennungsmotor abhängig. Am Standort Ebern sind noch zirka 1300 Menschen in Lohn und Brot.

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