Veranstaltung über Frauen im Jemen Weil wir es dürfen

Sie gestalten den musikalischen Rahmen zur „rasanten Jemenitin“: Die Band der 8b an der HKS begeistert mit eigenen Kompositionen. Foto: Repro NP/Maja Engelhardt

Achtklässler der Heiligkreuz-Mittelschule präsentieren in der Stadtbücherei die Graphic Novel „Intisars Auto“. Aber nicht einfach nur als Lesung.

 
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Sie passte wie die Faust aufs Auge. Jürgen Behling, stellvertretender Rektor an der Coburger Heiligkreuz-Mittelschule, erinnert sich, wie er in der Stadtbücherei bei den Graphic Novels nach etwas „zum Gestalten“ suchte und schließlich bei „Intisars Auto“ landete. Der Geschichte einer jungen Frau aus dem Jemen, die mit Freude rasant Auto fährt, sich gerne im Café mit Freundinnen trifft, als Anästhesistin im Krankenhaus arbeitet und trotzdem der männlichen Kontrolle unterliegt, die ihr das Leben als moderne Singlefrau schwer macht. Doch das gelbe Büchlein von Pedro Riera und Nacho Casanova wird in der Schule nicht einfach nur so gelesen und besprochen, sondern von der 8b intensiv bearbeitet und „verschönert“.

Im Rahmen der Coburger Aktionstage zum Internationalen Frauentag stellten die Schüler samt Lehrer „Intisars Auto“ nun in der Coburger Stadtbücherei der Öffentlichkeit vor. Mit einer Präsentation von fünf Geschichten aus dem Buch, eigenen Gedanken und Musik der Klassenband. „Warum befassen sich sechs Mädchen und 17 Jungs mit der Geschichte einer Frau? Samt einer männlichen Lehrkraft?“, Jürgen Behling stellt die Frage eingangs mit Schmunzeln und beantwortet sie selbst: „Wir können das, weil wir es dürfen.“ Weil in Deutschland die Freiheit herrsche, sich ein Thema aussuchen zu können und darüber zu reden. Ohne Gefahr für das Leben.

Die Ausgestaltung des Projektes kam ihm dann beim Besuch eines Konzertes, als er einem Pianisten zuhörte, der „Geschichten gestaltete“. Improvisatorisch. „Und mit Impro haben wir bis jetzt in der Musik noch nichts gemacht“, meint er und traut es seinen Schülern doch zu. Neben der Präsentation und dem Sprechen vor Publikum.

Und es funktioniert bestens: Eindringlich erzählen die Heranwachsenden anhand der Comics aus dem Leben Intisars, einer fiktiven Person, die trotzdem das Leben des weiblichen Geschlechts im Jemen spiegelt. Autor Pedro Riera hat ein Jahr dort verbracht und mit seiner Frau zusammen Jemenitinnen interviewt. Erschreckend ist zu sehen, wie der Vater Macht über die Tochter hat, sie zwar zu Hause „rauchend auf dem Sofa lümmeln darf“, studieren konnte, die Führerscheinprüfung ablegen und doch „draußen“ sich komplett anders verhalten soll. Die sich Kinder „leiht“, um nicht als geächtete Singlefrau zu gelten, der das Auto abgenommen werden soll und, und, und.

Zwischen den Geschichten und Gedanken spielen die Schüler eigens komponierte Musik. Mal sind es starke, kämpferische Töne, mal ruhigere, die Bassist Luis, Keyboarderin Parisa, Schlagzeuger Hirad und Gitarrist Max von sich geben. „Wir haben zusammen überlegt, welche Musik gut zu den Bildern passen könnte“, so Parisa, „und dann gemeinsam komponiert.“ Die Achtklässler wünschen sich, dass die Thematik in den öffentlichen Raum kommt, „für uns ist Gleichberechtigung ziemlich normal“, meint Sofia, „und wir schätzen sie oft gar nicht, doch dies ist eben leider nicht überall der Fall.“

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