Was hat Sie am Iran und den Iranern besonders beeindruckt?
Es war meine erste Berührung mit dem Iran abseits der politischen Schlagzeilen. Ich finde es immer schön, wenn man Land und Leute in alltäglichen Situationen kennenlernt. Ich habe dort eine überbordende Gastfreundlichkeit erlebt.
Kann man im Iran individuell reisen?
Man kann sich dort frei bewegen, solange man seine Kamera nicht gerade auf militärische Anlagen richtet. Ich war von einer iranischen Mitarbeiterin der deutschen Botschaft eingeladen, die sich um den Kulturaustausch kümmert. Ich war vor allem in Teheran und auch ein paar Tage in der Steppe.
Waren Sie dort als Botschafter der deutschen Kultur unterwegs?
Ja, man ist dort irgendwie Botschafter der deutschen Kultur, aber ich sah mich nicht in einer offiziellen Rolle. Ich konnte mich mit iranischen Musikern austauschen und wir haben sogar Songs zusammen geschrieben. Man bereist ein Land anders, wenn man dort Leute über die Musik kennenlernt. Im Iran macht man sehr schnell Bekanntschaften, weil man in den Straßen oft angesprochen wird. Immer auf höfliche Art und Weise.
Gibt es im Iran eine Clubkultur?
Schwierig. Im Iran unterliegt alles der Zensurbehörde. Man muss eigentlich jedes Konzert und jede Plattenveröffentlichung genehmigen lassen. Man hat es nicht leicht, wenn man im Iran Musik machen möchte. Aber in einer Stadt wie Teheran existiert auch alles heimlich im Untergrund. Ausstellungen und Clubs sind da.
Haben Sie Gemeinsamkeiten festgestellt zwischen sich und iranischen Künstlern?
Eine tolle Erfahrung war, als wir mit der Band und anderen Musikerfreunden in die Wüste fuhren. Dort spielten wir abends immer Jam-Sessions. Es waren viele andere Sänger dabei, die in ihren Klageliedern voller Inbrunst eine schöne Traurigkeit auslebten. Das hat mich mit meinem Hang zu melancholischen Songs ausgesöhnt. Einige der Musiker, die ich traf, waren bereits in Amerika auf Tour.
Muss man sich bei offiziellen Konzerten im Iran an eine bestimmte Etikette halten?
Es darf zum Beispiel nicht getanzt werden. Aber die Künstler testen ihre Grenzen immer weiter aus und gucken, wie weit sie gehen können, ohne Ärger zu bekommen. Frauen dürfen jetzt in Fußballstadien und auf Konzerte sowieso. Aber Bands mit Hauptsängerinnen gibt es nicht. Das wird umgangen, indem vier oder fünf Männer dabei stehen uns so tun, als würden sie singen. Oder die Männer singen die Chorstimmen. Die Iraner finden tausend Wege, solche Regeln zu umgehen.
Wie reist man nach solchen intensiven Erfahrungen wieder zurück in die Heimat? Hatte Teheran Einfluss auf Ihr gegenwärtiges Leben in Deutschland?
Unbewusst bestimmt. Ich kann es nicht genau benennen. Auf jeden Fall will ich mir etwas von dieser Offenheit, Herzlichkeit und Gastfreundschaft abgucken. Ich lade jetzt aber keine Fremden von der Straße zum Essen ein, das ist ja in Deutschland ein bisschen anders.
Als freischaffender Künstler muss man ja das Rad am Laufen halten, damit man weiter davon leben kann. Kann man es sich da überhaupt erlauben, nur alle Jubeljahre eine Platte herauszubringen?
Es gibt jeden Monat hunderte von Musikern, die Aufmerksamkeit wollen. Ich finde nichts schlimmer als Bands, die eine Pflicht erfüllen, indem sie alle zwei Jahre eine neue Platte herausbringen. Bei manchen denkt man auch, hätten sie sich doch noch zwei Jahre Zeit gelassen, dann wäre es vielleicht geiler geworden. Ich will gute Songs schreiben und mir ist es egal, wie lange das dauert. Ich kann es mir eigenlich nichts vorstellen, dass es bis zu meiner nächsten Platte noch einmal fünf Jahre dauert, aber wenn es so ist, dann finde ich es auch nicht schlimm. Scheinbar funktioniert es auch so. Ich bin jedenfalls noch nicht in Vergessenheit geraten.
Ihre Familie gehört zum ostfriesischen Uradel. Haben Sie Ahnenforschung betrieben?
Wir entstammen einem ostfriesischen Adelsgeschlecht. Es gibt in Wilhelmshaven die Burg Kniphausen. Dort kann man unsere Familiengeschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Der ursprüngliche Burgherr nannte sich Häuptling. Ich bin nie so tief in unsere Familiengeschichte eingetaucht, aber ich finde es schön, dass alles für die Nachwelt dokumentiert wurde.
Hatten Ihre Eltern sich für Sie eigentlich eine ganz andere berufliche Laufbahn vorgestellt?
Ich habe auf jeden Fall eine andere Karriere eingeschlagen als meine Brüder. Mein Vater hätte es lieber gesehen, wenn ich etwas Handfesteres gelernt oder Wirtschaft studiert hätte, aber eigentlich wollen Eltern immer nur finanzielle Sicherheit für ihre Kinder. Als sie irgendwann merkten, dass ich mit der Musik auch Geld verdiene und die ersten Zeitungsartikel erschienen, waren sie ganz zufrieden mit mir. Mittlerweile veranstalten wir sogar ein Musikfestival bei uns zuhause auf dem Hof. Mein Vater freut sich immer sehr darüber.
Zu Knyphausen auf Tour
Der deutsche Liedermacher geht auf „Das Licht dieser Welt“-Tour und gastiert am 23. Januar um 20 Uhr im E-Werk in Erlangen. Karten für das Konzert gibt es bei uns.