Haben Sie bei Ihren Texten bestimmte Lieblingsthemen?
Ich bin sehr inspiriert von der Natur – im Weiten und mystischen Sinne. Ich sitze da und lasse mich einwickeln in die aktuelle Stimmung. Es ist besonders inspirierend, wenn ich in einer schönen Abenddämmerung sitze. Und das andere große Thema ist natürlich die Liebe. Sowohl im positiven Sinn, als auch im Bezug auf Herzschmerz. Beides ist total wichtig. Was mich aber meistens zum Songschreiben bewegt, ist dann doch der Herzschmerz. Da habe ich Zugang zu ganz tiefen Gefühlen, und die sind ungemein inspirierend.
Leiden Sie denn so oft an Herzschmerz?
Also ich bin seit 5 Jahren glücklich vergeben, aber ich hatte schon oft genug Herzschmerz in meinem Leben. Sei das die erste Liebe, oder ein unerreichbarer Klassenkamerad, in den du unglücklich verliebt bist. An dieses Gefühl kann ich mich so gut erinnern. Ich war schon zwei Mal sehr, sehr unglücklich verliebt. Dementsprechend habe ich da noch eine unendliche Quelle an Inspiration.
Einer ihrer Bandkollegen hat einmal in einem Interview gesagt, dass Sie auch großes Gewicht auf die Texte Ihrer Songs legen – vielleicht mehr, als andere Bands. Inwiefern?
Was Faun schon immer ausgemacht hat, sind die Texte. Wir haben so ein unfassbar breit gefächertes Repertoire, sei es alte Gedichte, die vertont wurden, aber auch aktuelle Texte, die wir geschrieben haben, die Hits geworden sind, wie „Federkleid“. An einigen meiner Bandmitglieder sind wirklich Poeten verloren gegangen. Deshalb haben wir eine schöne Grundveranlagung dazu, tolle Texte zu schreiben. Faun ist ja auch bekannt dafür, ganz viele verschiedene Sprachen zu vertonen, sei es Altisländisch, Latein, Spanisch, Mittelhochdeutsch oder unser heutiges Deutsch. Ich glaube, da kommt auch der Fokus auf unsere Songtexte her.
Sind für Sie als Sängerin diese vielen verschiedenen Sprachen eine Herausforderung?
Für mich persönlich überhaupt nicht, weil ich mit 16 angefangen habe zu singen aufgrund der schwedischen Folkband Germana. Ich habe deren Texte gelernt, und die haben nur auf Schwedisch gesungen, das hat mir aber total Spaß gemacht Mir ist es sehr zuträglich, bei Faun in anderen Sprachen zu singen. Man muss es mögen. Es ist mit Sicherheit auch Arbeit. Ich bin bereits mit einer schweizerischen Folkmetal-Band getourt. Und die hatten teilweise Songs auf Gälisch Und das ist nochmal eine ganz andere Sprache. Mir persönlich macht es Spaß, ich weiß nicht wieso, aber es ist so.
Faun macht seit rund 20 Jahren gemeinsam Musik. Sie selbst sind mehr als ein Jahr dabei. Wie sind zu dazu gestoßen?
Ich kenne ganz flüchtig den Synthie-Mann von Faun. Und dann hat mich Oliver von der Band kontaktiert und gefragt, ob ich mal proben möchte. Wir haben uns mit der ganzen Band getroffen. Und dann hat es einfach gefunkt. Sowohl persönlich, als auch musikalisch. Ich war sehr glücklich.
Haben Sie die Musik von Faun schon vorher verfolgt?
Ich kannte den Namen Faun, und ich hatte tatsächlich das erste Studioalbum „Licht“. Aber alles, was danach passiert ist habe ich nicht weiter verfolgt. Einfach, weil ich es aus den Augen verloren habe. Es gibt so viele Bands heutzutage. Aber ich mochte die Musik von Faun schon immer sehr gerne. Etwas Melancholisches findet sich in den meisten Songs, das finde ich sehr schön
War Ihnen eigentlich anfangs bewusst, wie erfolgreich die Band eigentlich ist, zu der sie jetzt stoßen?
Ich habe die Geschichte der letzten zehn Jahre nachgelesen. Und dann war ich sehr positiv überrascht. Nicht, dass ich es Faun nicht zugetraut hätte. Aber ich habe mich einfach total gefreut, nicht nur für mich, sondern auch für die Band. Es ist sehr handfeste Musik, da gehört einiges musikalisches Können dazu. Dementsprechend fand ich es einfach schön, dass die Band und ihre Musik die Anerkennung bekommen haben, die sie verdienen.
Wie war es, als Neuling zu einer eingespielten Truppe zu stoßen?
Es sind ganz tolle Menschen, die mich supergut aufgenommen haben. Als ich dazu gestoßen bin, war das nicht geplant, sondern sehr kurzfristig. Es war zehn Tage vor dem ersten Tourkonzert. Und das war rein musikalisch für mich eine große Herausforderung. Ich war privat mitten in einem Umzug von der Schweiz zurück nach Deutschland. Ich musste in kurzer Zeit alle Songs und Texte lernen, darauf achten, was die andere alle machen. Wann setze ich ein, wann macht wer was, wann gehe ich von der Bühne. Das war Wahnsinn. Meine lieben Kollegen sind seit etwa 15 Jahren ein fixes Team, und das merkt man auch, wenn man dazu kommt. Aber ich muss sagen, ich wurde von allen meinen Bandkollegen unterstützt, wo ich konnte. Deshalb hat alles super geklappt. Ich war total erleichtert.
Faun hat, seit Sie dabei sind, in Ländern Europas, Russland, in den USA und auf Festivals gespielt. Sie sind also schon viel rumgekommen. Ist das Tourleben so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Ich war davor auch schon auf Tour, aber mit Faun ist es total entspannt. Es ist eine ganz angenehme Truppe. Jeder passt so ein bisschen auf den anderen auf. Es ist eine tolle Crew. Alles Franken. Auf Tour zu sein ist trotzdem immer etwas anstrengend, weil man keine Ruhezeiten dazwischen hat. Dabei braucht man das gerade als Sänger, damit die Stimme mal einen Tag lang Pause hat. Das hat man auf Tour halt nicht. Und dann kommen noch andere Herausforderungen dazu, wie Welchen Zug wir jetzt nehmen, oder wenn ein Flug gecancelt wurde. Es ist immer abenteuerlich, aber es ist auch total schön, in andere Länder zu reisen, und zu sehen, dass das Publikum, sei es jetzt russisches oder amerikanisches oder französisches, alle den Text kann und auf Deutsch mitsingt.
Wie war denn das erste Konzert mit Faun, waren Sie aufgeregt?
Ich war furchtbar aufgeregt. In dem Moment selbst kann ich gut den Tunnelblick aufsetzen und sehe nicht so genau, was um mich herum passiert. Aber im Nachhinein, auch direkt nach der Show, habe ich einfach gemerkt, wie ich wieder frei atmen konnte. Ich war echt sehr nervös.
Gibt es einen Höhepunkt in diesem ersten Jahr, an den sie sich besonders gern erinnern?
Es gibt ganz viele wunderschöne Konzerte, jetzt schon. Aber einer der Höhepunkte war auf jeden Fall letztes Jahr in Moskau. Wir hatten ein Lied von uns angefangen zu spielen, und alle Leute im Publikum haben ihre Handytaschenlampe angezündet und die Arme zu diesem langsamen, mystischen Song bewegt, Das war wirklich ein wunderschöner Moment. Ich hab das schon oft gesehen bei anderen Bands., Aber wenn man selbst auf der Bühne steht und das von dort aus sieht – da hatte ich Tränen in den Augen. Es war wirklich unfassbar schön.
Wie fällt ihr Resümee nach über einem Jahr Faun aus? Können Sie sich vorstellen, das noch lange zu machen?
Ich kann mir das supergut vorstellen. Wir haben eine ganz tolle Stimmung in der Band. Mein Resüme ist einfach nur, dass ich mich total angekommen fühle.
Was haben Sie gemacht, bevor Sie zu Faun gestoßen sind?
Mit 16 etwa hab ich angefangen, meine Stimme weiter auszubilden. Davor habe ich in Chören gesungen. Dann mit 19 habe ich mit Freunden eine Garage-Rockband gegründet. Wir haben einen Musikförderpreis gewonnen und konnten damit ein Album finanzieren, haben gutes Feedback bekommen. Dann bin ich in die Schweiz gezogen und wir haben die Band aufgelöst. Ich habe erstmal keine Musik mehr gemacht und in meinem erlernten Beruf als Automobilkauffrau gearbeitet. Aber ich habe ganz klischeehaft gemerkt, dass ich total depressiv werde, wenn ich keine Musik mache. Mir ging es gar nicht gut. Mein Freund hat gesagt, entweder du kündigst, oder ich kündige für dich. Und danach hat sich eines nachdem anderen wie von selbst ergeben. Mein Freund ist auch Berufsmusiker, mit ihm habe ich eine neue Band gegründet, da ich so viele Texte schon geschrieben hatte. Dann bin ich zur Schweizer Metalband gekommen, und dann ist das mit Faun schon passiert. Ich bin mit dem Fluss des Lebens gegangen.
Haben Sie musikalische Vorbilder?
Ja, die schwedische Folkband Germana ist eines meiner größten Vorbilder. Gesangstechnisch finde ich, Shakira ist eine grandiose Sängerin. Neben Germana die größte Inspiration für mich ist aber der Sänger von Tool und Perfect Circle. Sehr progressive, düstere Musik, in der ich total lebe.
Glauben Sie, Faun existiert noch weitere 20 Jahre?
Ich will es doch schwer hoffen. Ich kann es mir schon vorstellen, weil es Folkmusik ist, und die ist nicht zeitgebunden. Das finde ich sehr schön. Auch laufen wir mit keinem Trend mit. Ich glaube auch, dass Menschen es immer brauchen werden, sich wie wir in unserer Musik in Träumen zu verlieren. Dementsprechend hoffe ich, dass wir das noch ganz lange machen dürfen.
Was dürfen die Fans beim Konzert auf der Plassenburg erwarten?
Wir werden dort unsere Sommerfestival-Show vorführen. Das heißt, es werden vor allem ganz mystische Klänge zu hören sein, und wir werden Feuer mit auf die Bühne bringen, das Ganze in einer spektakulären Kulisse. Ich war selbst schon auf der Plassenburg. Es ist wunderschön dort. Ich glaube, dass wir alle dort eine ganz andere Welt entführen dürfen. Außerdem haben wir ganz tollen Support mit am Start: Ganaim, eine Irish Folk Band. Es kann eigentlich nur ein gelungener Abend werden.
Haben Sie ein Ritual, bevor Sie auf die Bühne gehen?
Wir haben auf der letzten Tour einen Prolog jedes Mal vor den Konzerten gesungen. Auf den Festival Shows gibt es nichts mehr Gemeinsames. Nur Fiona und ich singen immer ein Lied miteinander. Ansonsten hat jeder sein ganz eigenes Ritual, weil jeder sich irgendwie anders aufwärmen muss.
Was für Pläne hat Faun in den nächsten Monaten?
Wirklich konkrete Pläne gibt es nicht, außer zu versuchen, möglichst wundervolle Musik zu machen und diese in die Welt hinaus zu tragen. Dieses Jahr sind wir schon so viel unterwegs, wir fliegen nach Brasilien für neun Tage, wir sind in Russland, dann haben wir die Best-of-Tour. Dann müssen wir natürlich schon an unserem nächsten Album feilen und dafür ins Studio gehen. Auch hoffen wir, dass wir nächstes Jahr vielleicht wieder in die USA können oder in andere Länder, die wir dieses Jahr nicht schaffen zu besuchen Aber so konkret kann man das natürlich immer nicht sagen, weil man ein bisschen darauf schauen muss, was auf einen zukommt.
Gold- und Platinauszeichnungen, Echo-Nominierungen und internationale Konzerte: Wenn man es als Band so weit wie Faun gebracht hat – gibt es da noch Ziele?
Ich glaube, Faun hat nie Musik gemacht, um Platin zu bekommen oder für den Echo nominiert zu werden. Das ist nur ein Zeichen der Wertschätzung für unsere Musik. Deshalb glaube ich, eine Intention ist, sich selbst treu zu bleiben, und den Weg des Pagan Folk weiter zu beschreiten. Einfach alte Mythen zu erwecken und neu zu vertonen und Menschen einen kurzen Ausflug aus dem Alltag zu gewähren. Ich finde es auch immer schön, zu erfahren, wenn jemandem unsere Musik hilft, und jemandem Kraft gibt. Das ist eines der größten Komplimente, das Musiker bekommen können, und das ist auch eine Intention von Faun.
Faun auf Tour
Die Mittelaltermusik- und Pagan-Folk-Band gastiert am 19. Juli um 20.30 Uhr beim „Plassenburg Open Air“ auf der Plassenburg in Kulmbach. Karten gibt es im Ticketshop unserer Zeitung.