Ihr Debütalbum heißt „Gereg“. Der Titel steht für den ersten, von Dschinghis Khan während des Mongolischen Reiches eingeführten Reisepass.
Jaya: Unsere Vorfahren haben viele großartige Dinge erfunden. Eines davon ist der Gereg. Das ist der erste diplomatische Reisepass in der Geschichte der Menschheit. Dschinghis Khan hat ihn vor über 800 Jahren eingeführt. Damit konnte man innerhalb des riesigen mongolischen Reiches ohne Beschränkungen reisen. Im 13. Jahrhundert herrschte Chaos, aber mit diesem diplomatischen Dokument war man als Reisender sicher. Unser Album betrachten wir als einen solchen diplomatischen Pass. Damit können wir um die Welt touren und den Menschen unsere wunderbare Kultur und Geschichte nahe bringen.
Warum singen Sie in Ihrer Muttersprache?
Gala: Die englische Sprache und der Kehlkopfgesang vertragen sich nicht. Diese Technik ist für die mongolische Sprache erfunden worden und funktioniert seit tausenden von Jahren. Wir möchten den Menschen auf der ganzen Welt demonstrietren, wie schön unsere Muttersprache ist. Wir finden, man darf ruhig stolz auf seine Herkunft sein, so lange man seinen Kaffee mit jedem Gast teilt.
Sie singen über den „großen Dschingis Khan“, den Begründer des mongolischen Reiches. Warum ist es Ihnen wichtig, an diesen Herrscher zu erinnern?
Enkush: Dschinghis Khan ist der Gründervater unseres Landes. Er ist für uns Mongolen so bedeutend wie George Washington für die Amerikaner. Leider wurde er im Ausland oft missverstanden, was mit Ignoranz zu tun hat. Dschinghis Khan hat nicht nur den Reisepass erfunden, sondern auch den Postservice. Unsere Vorfahren haben sogar das erste Papiergeld eingeführt.
Dschinghis Khan war auch ein Kriegsherr, der China, Afghanistan, Iran und die Türkei eroberte. Spielt das eine Rolle in Ihren Texten?
Gala: In unseren Songs geht es unter anderem darum, stark zu sein und für sich selbst einzustehen. Sie stehen für das Gute im Menschen. Dschinghis Khan war natürlich ein Krieger und Sieger. Aber wir wollen aufzeigen, dass er auch viel für die Menschheit getan hat.
In Ihren Songs kritisieren Sie die moderne mongolische Gesellschaft. Was missfällt Ihnen daran?
Temka: Was die Mongolei betrifft: Wir möchten junge Menschen dazu ermutigen, zusammenzuhalten und sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren. Und wir möchten alle Menschen dazu ermuntern, diesen wunderschönen Planeten zu schützen. Wir müssen gemeinsam etwas gegen den Klimawandel tun, damit wir nicht die Letzten sind, die auf der Erde leben.
Spürt man in der Mongolei den Klimawandel?
Temka: Ja natürlich. Ich bin in einer Nomadenfamilie aufgewachsen. Die Sommer und Winter in meiner Kindheit waren moderat. Aber zuletzt waren die Jahreszeiten wirklich extrem. Von unfassbar kalt bis unfassbar heiß. Das macht das Leben der Nomaden sehr schwer. Das Fatale ist, dass wir Naturvölker mit der Natur immer sehr respektvoll umgehen, aber die Folgen des Klimawandels müssen auch wir ertragen.
Das Gespräch führte Olaf Neumann
Das ganze Interview findet sich unter
The Hu wurden vom mongolischen Außenminister zum Botschafter ihres Lands ernannt. Mit welcher speziellen Botschaft touren Sie jetzt um die Welt?
Jaya: Wir wollen den Menschen außerhalb der Mongolei nicht nur unsere Kultur, Geschichte und traditionellen Instrumente vorstellen, wir wollen die junge Generation auch dazu inspirieren, zusammenzuhalten und sich gegen die negativen Dinge in der Welt zur Wehr zu setzen. Unsere Botschaft lautet: Seid stark! Seid mutig! Durch unsere Musik wollen wir den Menschen Energie und Kraft geben.
Sie alle haben am Konservatorium in Ulan Bator studiert. Was war der Schwerpunkt Ihres Musikstudiums?
Gala: Zwei von uns haben einen Master-Abschluss, Temka zum Beispiel hat Performing Arts studiert, und zwei von uns sind ausgebildete Pferdekopf-Geiger. Jaya hat zudem Flöte und andere Holzblasinstrumente studiert, die in unserer Musik Verwendung finden.
Wie schwer sind traditionelle mongolische Instrumente wie die Pferdekopfgeige, die zweisaitige Laute oder die Maultrommel zu spielen?
Gala: Es ist sehr kompliziert, diese einzigartigen mongolischen Instrumente zu erlernen. Zum Glück haben wir schon mit zwölf Jahren damit angefangen und blicken somit auf eine 20jährige Erfahrung zurück.
In der riesigen Mongolei leben nur drei Millionen Menschen, die Hälfte davon in der Hauptstadt Ulan Bator. Wie sind Sie aufgewachsen?
Temka: Zwei von uns stammen aus der westlichen Mongolei und sind in Nomadenfamilien aufgewachsen. Wir sind später in die Stadt gezogen, um Musik zu studieren. Praktisch jeder Mongole hat Verwandte, die in der Wildnis leben. Wir wissen alle, wie man ein Pferd reitet. Ein Sprichwort lautet: Ein Mongole wird auf einem Pferd geboren, lebt auf dem Rücken eines Pferdes und stirbt darauf.
Es heißt, die Mongolen seien mit den nordamerikanischen Indianern verwandt.
Gala: Es gibt auf der Welt viele Menschen, die irgendwie mit unserem Volk verbandelt sind. Wir Mongolen glauben, dass wir mit den Indianern verwandt sind, weil wir zum Teil dieselben Traditionen haben. Es gibt auch sprachliche Gemeinsamkeiten mit den amerikanischen Ureinwohnern. Unsere Religion, der Tengrismus, ist aus dem altaischen Schamanismus hervorgegangen. Tengri bedeutet auf Mongolisch Himmel. Wir Zentralasiaten haben viele Gemeinsamkeiten mit den Indianern. Von uns ist es ja nicht weit bis nach Alaska.
Wie haben Sie zu Ihrem einzigartigen Stil gefunden, bei dem mongolische Instrumente auf modernen Hard Rock treffen?
Enkush: Das Ganze fing an mit unserem Produzenten Dashka. Er hatte vor acht Jahren die Vision, dass tradtionelle mongolische Musik mit Hard-Rock-Elementen unglaublich klingen müsste. Er fing dann an, über alte Spieltechnischen und mongolische Dichtung zu recherchieren. 2016 schlossen wir uns schließlich zu The Hu zusammen und begannen, erste Songs zu machen. Das war eine Herausforderung, denn wir betraten musikalisches Neuland. Einer Sache nachzugehen, die noch gar nicht existiert, ist sehr schwer. Aber die Mühe hat sich gelohnt! Was unsere Musik so einzigartig macht, sind die uralten Instrumente. Aber wir haben sie nicht so belassen wie wie waren, sondern für unsere Zwecke modifiziert. Jetzt können wir darauf Hunno Rock spielen.
Ist Ihr Kehkopfgesang typisch für die Mongolei?
Enkush: Nein, nicht ganz. Wir haben ihn an die Rockmusik angepasst. Es war also viel Vorarbeit nötig, um diese Band so zu erklingen zu lassen, wie sie jetzt klingt.
Warum fühlen Sie sich zum Obertongesang hingezogen?
Gala: Nicht jeder in der Mongolei beherrscht diese Gesangstechnik. Eigentlich sind es nur wenige. Es dauert viele Jahre, bis man diesem verblüffenden Stil beherrscht. Früher wurde das Wissen darüber innerhalb der Familien weitergegeben; heute haben wir Gesangsschulen, wo man den Obertongesang von der Pike auf erlernen kann. Wir sind inzwischen seit zehn Jahren dabei, aber wir üben immer noch.
Mit welcher Obertontechnik singen Sie Ihre Songs?
Gala: Es ist sehr wichtig, dass wir in der Band verschiedenen Stimmfarben haben. Das macht uns einzigartig. Unsere Hauptstimme ist Gala, ein Bass. Jeder von uns hat eine einzigartige Kehle. Enkush singt die hohen Töne, Jaya die tiefen, womit er Gala ergänzt. Temka hat auch eine Bassstimme, aber sie klingt anders als Galas. Wir sind vier Leute, die zu einem Quartett verschmelzen.
Wie populär ist Heavy Metal oder Hard Rock in der Mongolei?
Enkush: Bis zum Ende des kommunistischen Systems war westliche Rockmusik in der Mongolei verpönt, aber es gab trotzdem tolle Bands. Viele Leute haben damals verbotene Schallplatten von Deep Purple oder Led Zeppelin über die Grenze geschmuggelt. Heute haben wir viele tolle eigene Gruppen, die außerhalb der Mongolei leider kaum bekannt sind. Wir nennen unsere Musik Hunnu Rock. Sie hat Elemente von Metal, Classic Rock, traditioneller Musik und so weiter. Zu uns kommen viele Leute, die sich für unsere Musik interessieren. Nicht nur in der Mongolei. Das macht uns ganz schön demütig.
Ihr Debütalbum heißt „Gereg“. Der Titel steht für den ersten, von Dschinghis Khan während des Mongolischen Reiches eingeführten Reisepass.
Jaya: Unsere Vorfahren haben viele großartige Dinge erfunden. Eines davon ist der Gereg. Das ist der erste diplomatische Reisepass in der Geschichte der Menschheit. Dschinghis Khan hat ihn vor über 800 Jahren eingeführt. Damit konnte man innerhalb des riesigen mongolischen Reiches ohne Beschränkungen reisen. Im 13. Jahrhundert herrschte Chaos, aber mit diesem diplomatischen Dokument war man als Reisender sicher. Unser Album betrachten wir als einen solchen diplomatischen Pass. Damit können wir um die Welt touren und den Menschen unsere wunderbare Kultur und Geschichte nahe bringen.
Warum singen Sie in Ihrer Muttersprache?
Gala: Die englische Sprache und der Kehlkopfgesang vertragen sich nicht. Diese Technik ist für die mongolische Sprache erfunden worden und funktioniert seit tausenden von Jahren. Wir möchten den Menschen auf der ganzen Welt demonstrietren, wie schön unsere Muttersprache ist. Wir finden, man darf ruhig stolz auf seine Herkunft sein, so lange man seinen Kaffee mit jedem Gast teilt.
Sie singen über den „großen Dschingis Khan“, den Begründer des mongolischen Reiches. Warum ist es Ihnen wichtig, an diesen Herrscher zu erinnern?
Enkush: Dschinghis Khan ist der Gründervater unseres Landes. Er ist für uns Mongolen so bedeutend wie George Washington für die Amerikaner. Leider wurde er im Ausland oft missverstanden, was mit Ignoranz zu tun hat. Dschinghis Khan hat nicht nur den Reisepass erfunden, sondern auch den Postservice. Unsere Vorfahren haben sogar das erste Papiergeld eingeführt.
Dschinghis Khan war auch ein Kriegsherr, der China, Afghanistan, Iran und die Türkei eroberte. Spielt das eine Rolle in Ihren Texten?
Gala: In unseren Songs geht es unter anderem darum, stark zu sein und für sich selbst einzustehen. Sie stehen für das Gute im Menschen. Dschinghis Khan war natürlich ein Krieger und Sieger. Aber wir wollen aufzeigen, dass er auch viel für die Menschheit getan hat.
In Ihren Songs kritisieren Sie die moderne mongolische Gesellschaft. Was missfällt Ihnen daran?
Temka: Was die Mongolei betrifft: Wir möchten junge Menschen dazu ermutigen, zusammenzuhalten und sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren. Und wir möchten alle Menschen dazu ermuntern, diesen wunderschönen Planeten zu schützen. Wir müssen gemeinsam etwas gegen den Klimawandel tun, damit wir nicht die Letzten sind, die auf der Erde leben.
Spürt man in der Mongolei den Klimawandel?
Temka: Ja natürlich. Ich bin in einer Nomadenfamilie aufgewachsen. Die Sommer und Winter in meiner Kindheit waren moderat. Aber zuletzt waren die Jahreszeiten wirklich extrem. Von unfassbar kalt bis unfassbar heiß. Das macht das Leben der Nomaden sehr schwer. Das Fatale ist, dass wir Naturvölker mit der Natur immer sehr respektvoll umgehen, aber die Folgen des Klimawandels müssen auch wir ertragen.
The Hu auf Tour
Die mongolische Heavy-Metal-Band geht auf „The Gereg Tour Europe 2020“ und tritt am 30. Januar um 20 Uhr in der Tonhalle in München auf. Karten gibt es bei uns.