Verteidigung Ampel streitet über Finanzierung künftiger Rüstungsausgaben

Unterwegs in den USA und Kanada schickt Verteidigungsminister Boris Pistorius den Vorschlag nach Berlin, Militärausgaben nicht durch die Schuldenbremse zu beschränken. Foto: Britta Pedersen/dpa

Bald wird das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sein. Und dann? Dass die Truppe weiter viel Geld brauchen wird, ist unstrittig. Doch woher soll es kommen?

 
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Berlin - Die Finanzierung der Rüstungsausgaben nach dem Auslaufen des 100-Milliarden-Sondervermögens für die Bundeswehr entwickelt sich zunehmend zum Streitpunkt in der Ampel-Koalition. FDP-Fraktionschef Christian Dürr wies den Vorstoß von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zurück, die Milliardenbeträge nicht unter die Schuldenbremse des Grundgesetzes fallen zu lassen. "Investitionen in unsere Sicherheit hängen nicht von der Schuldenbremse ab, sondern von politischen Entscheidungen", sagte Dürr der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Deshalb werden wir in den kommenden Wochen priorisieren müssen, um den Haushalt umzuschichten."

Pistorius hatte zuvor gefordert, Ausgaben für die Verteidigung und auch für Teile der Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Der SPD-Politiker berief sich auf das Grundgesetz, in dem sowohl die Schuldenbremse als auch die Verteidigungsfähigkeit der Streitkräfte verankert ist. "Die Schuldbremse bliebe ja bestehen, aber die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz würden nicht dort eingerechnet", sagte Pistorius der Deutschen Presse-Agentur.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnte dies umgehend ab. "Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft in Fahrt zu bringen", sagte er der dpa. Der Mediengruppe Bayern sagte Lindner: "Ich bedauere, dass der Kollege Pistorius die Debatte um die Schuldenbremse fortsetzt. Damit wird wieder am Grundkonsens der Koalition gerüttelt."

Ende 2027 wird voraussichtlich das 100-Milliarden-Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr ausgegeben sein. Dieses war nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 aufgelegt worden. Offen ist, wie die anschließend weiter notwendigen hohen Investitionen zur Verbesserung der deutschen Verteidigungsfähigkeit finanziert werden sollen.

Wo sparen? Was priorisieren?

Unterstützung erhielt Pistorius von seiner Parteifreundin Svenja Schulze. "Sparappelle allein werden der internationalen Lage, in der wir uns befinden, in keinster Weise gerecht", sagte die Bundesentwicklungsministerin dem "Tagesspiegel". Zugleich wies sie auf die Sicherheitsrelevanz ihres Ressorts hin: "Für die umfassende Sicherheit unseres Landes ist auch die Entwicklungszusammenarbeit zentral - was wir jetzt kurzfristig sparen, kommt uns mittelfristig teuer zu stehen."

FDP-Fraktionschef Dürr betonte, die Schuldenbremse sei kein Hemmnis. "Sie ist vielmehr eine Lebensversicherung für die Stabilität unseres Landes - und eine Lebensversicherung kündigt man in schwierigen Zeiten nicht." Als "falschen Ansatzpunkt" bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, den Pistorius-Vorstoß. "Bei Haushaltsforderungen muss man sich politisch durchsetzen. Da hilft Juristerei nicht weiter. Denn man könnte mit gutem Recht ja zum Beispiel auch sagen, dass die Mittel für die Grundsicherung Verfassungsrang haben", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Dagegen nannte es SPD-Vizefraktionschef Achim Post falsch, "in dieser sicherheits- und haushaltspolitisch schwierigen Lage vorschnell Optionen vom Tisch zu nehmen". Das gelte für die Möglichkeit eines Aussetzens der Schuldenbremse im kommenden Jahr wie für die Debatte über ihre Reform. "Natürlich wird es auch um Priorisierungen beim Haushalt gehen müssen. Es muss angesichts von Krieg und Krisen aber ebenso darum gehen, wie dringend notwendige zusätzliche finanzielle Spielräume erschlossen werden können. Am Ende muss es gelingen, die äußere, innere und soziale Sicherheit gleichermaßen zu gewährleisten und nicht eine Sicherheit gegen eine andere auszuspielen."

Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger forderte einen "Sicherheitshaushalt" angesichts des Krieges in Europa. "Denn ohne mehr Geld werden wir unseren Frieden, die Sicherheit und Freiheit nicht effektiv schützen können. In diesen gefährlichen Zeiten ist die Schuldenbremse ein Sicherheitsrisiko", sagte sie dem RND.

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