Volkstrauertag Ebern „Gelebtes Bekenntnis zur Vergangenheit“

Helmut Will
Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann bei seiner Ansprache am Volkstrauertag in Ebern im Beisein der Geistlichkeit und zahlreicher Vertreter von Behörden, Ämtern und Vereinen. Foto: /Helmut Will

Auch in kleinem Rahmen findet Ebern einen würdigen Rahmen zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt. Und zur Mahnung: Der Kampf um die Demokratie geht weiter.

 
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Ebern - Von einem Trauerzug, ausgehend vom Rathaus zum Ossarium in Ebern, wurde Abstand genommen. Die Geistlichkeit, Vertreter von Stadt, Ämtern, Behörden und Vereinen, trafen sich direkt am Ossarium zu einer Gedenkstunde an die Opfer von Krieg und Gewalt.

Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) sagte, dass er es wichtig finde die Gedenkstunde trotz Corona durchzuführen. Gedenken an die zahllosen Opfer der beiden Kriege sei zur Tradition geworden, mehr noch, zu einer humanitären Verpflichtung. „Dieser dürfen wir uns nicht entziehen, auch nicht in der Pandemie“, sagte der Bürgermeister. Es seien keine leeren Rituale, sondern ein integraler Bestandteil des Lebens. „Erst das gelebte Bekenntnis zur Vergangenheit macht uns zu dem was wir sind“, so das Stadtoberhaupt. Die „dunklen Zeiten der Geschichte“, könne man nicht abstreiten, vergessen oder gar verdrängen. Das würde bedeuten, die eigenen Wurzeln abzuschneiden. „Die Sprache der Verachtung und des Hasses, der Ausgrenzung gegenüber anderen, ist trotz aller schlimmen Erfahrungen mit Krieg und seinen Folgen keineswegs für immer verstummt“, sagte Jürgen Hennemann. Gerade heute gewännen sie erneut an Überzeugungskraft, wie ein Blick auf die politische Landkarte Europas zeige. Der Staatenzusammenschluss habe die längste Friedenszeit in Europa gebracht. Jedoch erlebe man auch europaweit ein Erstarken jener verhängnisvollen Ideologien und Propagandamuster, die vor einem Dreivierteljahrhundert den Kontinent beinahe in den Abgrund gerissen hätten. Es sei besorgniserregend, dass man aus den Katastrophen der Vergangenheit wenig gelernt habe. Das Gedenken an den Krieg und seine Opfer sei stets verbunden mit dem Kampf um die Demokratie.

Pater Rudolf Theiler sagte, dass das Gegenteil von Liebe nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit sei. Erinnerung sei ein Stachel gegen Gewöhnung und Gleichgültigkeit. „Wir, die heute hier versammelt sind, sind nicht gleichgültig, nicht gefühllos. Wir trauern um die Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft und erinnern uns heute an die Opfer“, so der katholische Geistliche. Er mahnte, sich nicht an Gewalt und deren Bilder zu gewöhnen, auch wenn solche täglich in den Fernseh- und Rundfunkkanälen zu sehen und zu hören seien. Er stellte die Frage, wer überhaupt noch mitfühlen könne mit den realen Opfern von Krieg und Gewalt, welche die Kameras schonungslos darstellten. „Wir haben ihn nötig, den Tag der Trauer, den Tag der Erinnerung, den Stachel gegen Gleichgültigkeit und Gewöhnung“, so Pater Theiler. Auch heute gehe es noch um Leid von Mitmenschen in den Krisengebieten der Erde. Es gehe um Leid und Leben von Menschen, wenn 87 Prozent der Bevölkerung Zukunftsängste hätten. Der Tag fordere die Christen heraus, jedes Menschenleben zu achten und zu lieben und zu hoffen, dass die Erde nicht auf einen Abgrund zusteuere, sondern auf die Zukunft Jesus Christi. Der Volkstrauertag könne auch als ein Tag des Dankes für 76 Jahre Frieden gelten. Pfarrer Bernd Grosser sprach Fürbitten in Gedenken an die Opfer die mit dem gemeinsam gesprochenen „Vaterunser“ endeten. Danach legten Abordnungen von Vereinen Kränze im Ossarium nieder.

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