Vorstoß des Landrats Lauensteiner Lernprozesse

Bot zwischen 1917 und 1961 die Bühne für zahlreiche Tagungen der klügsten Köpfe ihrer Zeit: die Burg Lauenstein. Foto: Archiv/Neue Presse

Die Geschichte der Mantelburg als deutschlandweit wichtige Tagungsstätte zwischen 1917 und 1931 ist vor Ort kaum bekannt. Das soll sich nun ändern.

 
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Heinz Köhler hatte schon 1989 versucht, die jüngere Geschichte der Burg Lauenstein wieder ins Blickfeld der Gegenwart zu rücken. Der damalige Kronacher Landrat organisierte in Kooperation mit der evangelischen Akademie Tutzing eine zweitägige Veranstaltung zu deutsch-deutschen Themen auf der Burg. Sie begann an einem symbolträchtigen Tag, dem 17. Juni. „Es sollte eigentlich der Beginn von jährlich stattfindenden Tagungen sein“, erinnert sich der heutige Altlandrat. Den Großereignissen nachempfunden, die zwischen 1917 und 1931 Hunderte Vordenker und kreative Köpfe auf die Mantelburg gelockt hatten (wir berichteten).

Doch Köhlers Traum zerplatzte. Wenige Monate nach der zweitägigen Veranstaltung fiel die Berliner Mauer. Im Rausch der sich anbahnenden Wiedervereinigung dachten die politisch Verantwortlichen im Frankenwald an Vieles – aber nicht mehr an die Historie Lauensteins. Was ein Aufbruch in die Zukunft werden sollte, verschwand wieder in der Düsternis der Vergangenheit.

Einer, der sich damit nicht abfinden will, ist der Kronacher Kunstschaffende Ingo Cesaro. Als Organisator der Lauensteiner Werkstätten hatte er Mitte der 90er-Jahre reichlich Gelegenheit dazu, in die Geschichte der Burg einzutauchen. Doch die Historie erforschen und die Ergebnisse niederzuschreiben, das konnte er nicht. „Ich bin Poet, kein Wissenschaftler“, sagt Cesaro. Doch er fand einen befreundeten Forscher, der diese Aufgabe übernahm: Robert Müller-Mateen. Der aus Haßlach bei Teuschnitz stammende Lehrer fing nach der Pensionierung vor rund zehn Jahren von seinem Wohnort Nürnberg aus an, zahlreiche Archive zu wälzen.

Im Laufe der Jahre fand er heraus, dass auf der Mantelburg zwischen 1917 und 1931 geschichtlich relevante Ereignisse stattfanden. Politisch befand sich das Land zwischen dem zu Ende gehenden Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik. Es wurde diskutiert und gestritten darüber, in welche Richtung Deutschland sich entwickeln sollte. „Und Lauenstein war dafür die Bühne“, sagt Müller-Mateen. So lud der Verleger Eugen Diederichs 1917 gleich zweimal Künstler und Politiker, Ökonomen und Intellektuelle auf Burg Lauestein ein. Die militärische Niederlage im Krieg vor Augen, diskutierten im Frankenwald unter anderem der spätere Bundespräsident Theodor Heuss, die berühmten Soziologen Max Weber und Werner Sombart und der Schriftsteller Ernst Toller.

Während die Erkenntnisse in Wissenschaftskreisen auf großes Interesse stießen, ist das im Frankenwald bisher anders – zu Ingo Cesaros Bedauern: „Es kann doch nicht wahr sein, dass das vor Ort keiner weiß“, schüttelt der 80-Jährige den Kopf. Doch das könnte sich bald ändern. Am Dienstag stellte Robert Müller-Mateen seine Forschungsergebnisse dem Kronacher Landrat Klaus Löffler vor. Dieser war „Feuer und Flamme, daraus etwas zu entwickeln“, sagte er im Anschluss.

Er beauftragte Bernd Graf aus dem Sachgebiet Kreisheimatpflege sowie Kreiskulturreferentin Julia Völker damit, gemeinsam mit Ingo Cesaro, Robert Müller-Mateen, aber auch mit dem Ludwigsstadter Bürgermeister Timo Ehrhardt und Kreisheimatpfleger Siegfried Scheidig, hierzu ein Konzept auszuarbeiten. Die Ideen gehen bisher von einer Sonderveröffentlichung bis hin zu Veranstaltungen sowie speziellen Informationstafeln auf der Burg. „Ich finde das total spannend“, machte sich Landrat Klaus Löffler für einen erneuten Vorstoß stark – 33 Jahre nach seinem Amtsvorgänger Heinz Köhler.

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