Wanderfalken in Coburg Wanda und Falco brüten Eier im Kirchturm aus

Die Wanderfalken waren kurzzeitig verschwunden – nun sind sie zurück in der Morizkirche. Eine Webcam zeigt, dass sie sich gerade intensiv um ihren Nachwuchs kümmern.

 
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Die Brutsaison der Coburger Wanderfalken hat begonnen, das ist auf der LBV-Webcam zu sehen. Foto: LBV Coburg/Wanderfalken-Webcam

Wer Mitte der ersten Märzwoche in die Wanderfalken-Webcam hineingeschaut hat, die hoch oben im Kirchturm der Morizkirche in Coburg installiert ist, war sicherlich überrascht: Ein einsames Ei lag im Wanderfalken-Brutkasten, und keine Spur vom Wanderfalken-Paar. Das ist unter anderem dem LBV aufgefallen, der in einer Pressemitteilung über die Entwicklungen im vielleicht berühmtesten Nest Coburgs berichtet. Gibt es etwa Grund zur Sorge, dass die Coburger Wanderfalken am Ende Raben-Eltern sind?

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„Nein, alles in Ordnung“, sagt Biologin Marlene Klisa vom Coburger Naturschutzverein LBV, der 2021 die Webcam im Brutkasten der seltenen Greifvögel installiert hat. „Was wir hier gesehen haben, ist ganz normal. Erst wenn das Wanderfalken-Weibchen alle Eier gelegt hat, beginnt die intensive Brutzeit, in der Weibchen und Männchen fast durchgehend abwechselnd auf den Eiern sitzen.“ Und tatsächlich: Nachdem im Zweitagestakt zwischen 6. und 12. März insgesamt vier Eier gelegt wurden, brütet das Wanderfalken-Paar mittlerweile eifrig und sitzt die ganze Zeit auf den Eiern.

Aus vier Eiern schlüpfte 2024 nur ein Baby

Wie viele Küken aus den Eiern dieses Jahr dann voraussichtlich Mitte April aber schlüpfen, das bleibt weiterhin spannend. Im vergangenen Jahr waren es vier Eier, die genau im gleichen Zeitraum wie dieses Jahr gelegt wurden. Aus den vier Eiern sind nur drei Küken geschlüpft. 2023 ist sogar nur ein Küken geschlüpft, obwohl drei Eier gelegt wurden. Dieses „Einzelkind“ wurde dann besonders gut gefüttert und wurde auffallend dick und groß, was zu regen Diskussionen im Forum der Wanderfalken-Webcam führte.

„Auch in diesem Jahr laden wir alle Naturfreunde dazu ein, die Vogel-Sensation aus der Morizkirche über unsere Webcam zu begleiten und gemeinsam zu beobachten, wie viele Nachwuchs-Wanderfalken 2025 aufwachsen“, sagt LBV-Biologin Marlene Klisa. „Besonders auch für Kinder ist es spannend, über unsere Webcam zu beobachten, wie sich die kleinen Vögelchen aus den Eiern kämpfen, wie sie von ihren Eltern gefüttert und gepflegt werden, wie süß sich die kleinen Fellkugeln aneinanderkuscheln und wie sie dann wagemutig erste Flugübungen machen.“

Bereits das neunte Jahr in Folge brüten die seltenen Greifvögel, die von ihren Fans liebevoll „Wanda und Falco“ genannt werden, nun schon in der Turmspitze der Morizkirche in Coburg. Seit 2021 sind wir live mit dabei! Die Arbeitsgruppe Naturfotografie des LBV Coburg bietet in einer eigens installierten Webcam spannende Einblicke in das Leben hoch über den Dächern der Coburger Innenstadt. Über die Internetseite coburg.lbv.de können alle Naturfreunde den beiden bei der Brut und Aufzucht ihrer Jungen zuschauen.

Das Webcam-Angebot wird auch dieses Jahr wieder sehr rege genutzt. „Das Interesse mit 7000 Webcam-Zugriffen allein in den vergangenen Wochen ist nach wie vor sehr groß“, sagt Bernd Leuthäusser, der die Webcam ehrenamtlich für den LBV betreut. „Es sind tolle Szenen zu beobachten, und der Blick lohnt sich!“ Im LBV-Forum zu den Coburger Wanderfalken wird das tägliche Geschehen sehr genau verfolgt und kommentiert. Alle interessierten Wanderfalken-Fans können sich kostenlos anmelden und beteiligen.

Der LBV Coburg, der als gemeinnütziger Naturschutzverein die Installation sowie die laufenden Kosten der Webcam bisher allein trägt, bittet weiterhin um Spenden und sucht noch Sponsoren, um die Webcam langfristig zu ermöglichen. „Wir freuen uns über jede finanzielle Unterstützung für die Webcams“, sagt Frank Reißenweber, erster Vorsitzender des LBV Coburg.

Die Geschichte der Wanderfalken im Coburger Land

Als sich der Wanderfalke 2016 das erste Mal nach 132 Jahren im Coburger Land niederließ, war das eine Sensation für Vogelliebhaber. Der Greifvogel war in den 1970er-Jahren in Bayern außerhalb der Alpen ausgestorben, vor allem wegen des gefährlichen Insektengifts DDT, das damals nach langem Kampf der Naturschutzvertreter in der Landwirtschaft verboten wurde. Durch konsequenten Schutz und künstliche Nisthilfen in hohen Gebäuden besiedelt der Wanderfalke jetzt wieder fast ganz Bayern – jedoch lange nicht in der Region, denn mangels Naturfelsen ist das Coburger Land kein erstklassiges Wanderfalkengebiet. 1884 hatten Wanderfalken das letzte Mal bei Fürth am Berg gebrütet, danach reisten sie nur noch durch unsere Region hindurch. Es gab zwar schon immer wieder Brutversuche, sie verliefen aber nie erfolgreich.

Um den Wanderfalken im Coburger Land wieder fest anzusiedeln, hatte der LBV bereits vor einigen Jahren an der Veste Coburg und am Müllheizkraftwerk Wanderfalkenkästen angebracht, diese wurden aber bisher nicht angenommen. Der Nistkasten in der Morizkirche wurde vor 20 Jahren installiert, die Vogelschützer mussten sich aber bis 2016 gedulden, bis er von den Wanderfalken endlich gefunden und angenommen wurde. Die Kirchturmspitze ist optimaler Platz für den Wanderfalken. Der Nistkasten ist optimal geschützt vor Fressfeinden und die Umgebung mit den vielen Dächern und Türmen bietet den Jungvögeln optimale Bedingungen für die ersten Flugtage. Ganz in der Spitze des Morizkirchturms, brüten die Wanderfalken in diesem Jahr schon zum neunten Mal in Folge.

Mit tatkräftiger Unterstützung der Süc und der Stadt Coburg hat der LBV Coburg dann 2021 im Nistkasten zwei Beobachtungskameras installieren lassen, mit denen sich jetzt das Brutgeschehen und die Aufzucht des Nachwuchses live verfolgen lassen. Die Tag- und Nacht-Funktion gibt die Möglichkeit zur 24-Stunden-Vogelbeobachtung. Auch hören kann man, was im Wanderfalken-Nest vor sich geht. Und dank Infrarot-Funktion kann man die Vögel auch im Dunkeln noch beobachten. Nach heutigem Wissensstand ist dies für die Tiere kaum wahrnehmbar und somit nicht schädlich.

Mit enormem Zeitaufwand hat Olaf Pilz ehrenamtlich für den LBV Coburg einen kurzweiligen und liebevollen 24-minütigen Dokumentarfilm über den Coburger Wanderfalken-Nachwuchs zusammengestellt. „Die Nistkasten-Stories aus 62 Meter Höhe“ stehen langfristig im Youtube-Kanal als kostenloses Umweltbildungsangebot zur Verfügung. Der Film ist ebenfalls über coburg.lbv.de zu finden.