Wegen Schulden Rodacher soll vom Marktplatz entführt worden sein

Mathias Mathes
Die Entführung eines heute 63-jährigen Mannes vom Marktplatz in Bad Rodach beschäftigt derzeit das Coburger Landgericht. Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Wegen Schulden sollen vier Männer einen 63-Jährigen aus Bad Rodach erpresst und als Geisel genommen haben. Jetzt stehen sie in Coburg vor Gericht.

 
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Die Entführung eines heute 63-jährigen Mannes vom Marktplatz in Bad Rodach in eine Werkstatt im thüringischen Rippershausen beschäftigt derzeit die große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richterin Jana Huber am Landgericht Coburg. Zeugen lieferten am Dienstag eine Fülle von Details zu dem Vorfall im Oktober vergangenen Jahres, der nach Aussagen des Opfers in eine Geiselnahme und räuberische Erpressung mündete.

Der 63-Jährige hatte berichtet, dass ihn einer der vier Angeklagten im Alter von 35, 38, 41 und 60 Jahren vor der Eisdiele auf dem Marktplatz aufgegriffen habe. Er sei gezwungen worden, mit dem eigenen Wagen zum Parkplatz des nahen Rewe-Markts zu fahren. Dort habe ihm der Beschuldigte ins Lenkrad gegriffen, sodass die Fahrt in einem Gebüsch endete. Aus seinem Wagen sei er dann in ein bereit stehendes Fahrzeug gebracht worden (die NP berichtete).

Eine Frau aus Bad Rodach und ihr Lebensgefährte gaben jetzt an, dass sie am Abend des 10. Oktober „einen dumpfen Schlag“ aus Richtung Rewe-Parkplatz gehört hätten. Sie hätten sich daraufhin mit ihren Rädern zum Parkplatz begeben. Als sie einfuhren, sei ihnen ein dunkler Audi auf der Zufahrt aufgefallen. Auf diesen Wagen sei ein Mann zugelaufen, der auf den Beifahrersitz eingestiegen sei. „Er machte einen überraschten Eindruck auf mich“, so der Zeuge. Dann sei das Auto weggefahren. Nach den Worten des 63-Jährigen muss er sich zu diesem Zeitpunkt, an den Fußknöcheln mit Kabelbindern gefesselt, auf dem Rücksitz des Audis befunden haben.

Die Zeugen fanden gleich darauf heraus, wo der dumpfe Schlag herrührte. Halb im Graben, mit geöffneten Türen und eingeschaltetem Licht, hätten sie das Fahrzeug des Opfers auf einer Grünfläche nahe der Laderampe des Lebensmittelmarkts entdeckt. Ein Geldbeutel und andere Utensilien seien in dem Wagen verstreut gewesen. Ihm sei gleich klar geworden: „Irgendwas passt da nicht“, so der Zeuge. Er und seine Freundin verständigten schließlich die Polizei.

„Es kam zu diesem seltsamen Montag in der Kanzlei.“ Mit diesen Worten begann ein Coburger Rechtsanwalt seine Zeugenaussage. Wie der 63-Jährige angegeben hatte, habe er zu einer List gegriffen, um seinen Entführern zu entkommen. Die hätten ihn eine Nacht in der Werkstatt festgehalten und ihn mit dem Tod bedroht, wenn er nicht seine Geldschulden bei ihnen begleiche. Er habe dann gesagt, dass er mehrere Hunderttausend Euro in einer Anwaltskanzlei in Coburg aufbewahren lasse. Am Morgen nach einer für den Entführten ziemlich unruhigen Nacht hätten sich die Beschuldigten zwecks Geldübergabe mit ihm zu der Kanzlei begeben.

Dort fanden sie jedoch nur einen Kollegen des Anwalts des Geschädigten vor. Dieser berichtete, dass der 63-Jährige verzweifelt darum gebeten habe, eingelassen zu werden. „Bitte, bitte, bitte lassen Sie mich rein“, habe er gefleht. Als er dem Anwalt von der Entführung berichtet hatte, konnte der die Geschichte nach eigenem Bekunden erst gar nicht recht glauben. Er habe diverse Erfahrungen mit Menschen mit Verfolgungswahn, so der Zeuge. Doch nach und nach sei deutlich geworden, dass sein Besucher Schlimmes erlebt haben musste. „Er hatte wirklich Todesangst“, so der Eindruck, den der Anwalt von dem 63-Jährigen hatte. Seine Entführer würden ihn umbringen, wenn er unverrichteter Dinge die Kanzlei verlasse.

Derweil wartete der Angeklagte K. vor der Tür der Kanzlei. Der Zeuge hielt das mit seiner Handykamera fest. Er sollte vergeblich warten, war doch das versprochene Geld nicht bei den Anwälten hinterlegt. Der Jurist rief die Polizei. Zwei Streifenbeamte stellten den vor der Tür wartenden K. zur Rede. Der habe bereitwillig seine Personalien angegeben und den 63-Jährigen einen Betrüger, gegen den bereits ermittelt werde, genannt. Bald war es jedoch K. selbst, gegen den sich strafrechtliche Ermittlungen richteten.

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