Weißenbrunn Zurück aus der Ukraine: Das Erlebte sacken lassen

Rainer Glissnik

Tom Sauer und Jürgen Jakob sind wohlbehalten aus der Ukraine zurück. Alle Hilfsgüter wurden verteilt. Jetzt brauchen sie Ruhe, um die Erlebnisse verarbeiten zu können.

 
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146 Stunden – 5012 Kilometer – 456 Liter Diesel: Bis in die Region um Sumy im Norden der Ukraine führte der Weg von Tom Sauer und Jürgen Jakob. Als sich die beiden Weißenbrunner am Palmsonntag um 2 Uhr mitten in der Nacht mit ihrem Hilfstransport ins Kriegsgebiet aufmachten, war ihnen nur klar, wo sie hinwollten. „Was uns erwarten würde, war nur vage in unserer Vorstellung“, erklärt Jürgen Jakob. „Nun sind wir wohlbehalten zurück. Bus und Anhänger sind leer. Wir haben aber auch sehr viel mitgebracht. Um alle Eindrücke zu verarbeiten, werden wir eine Zeit brauchen.“ Ostern verbrachten beide wieder zu Hause.

„Ich bin froh, dass wir gesund und heil herausgekommen sind. Ich muss das alles erst einmal verarbeiten“, sagt auch Tom Sauer. „Ich muss erst ein bisschen Ruhe für mich finden.“ Abgesehen von der sehr anstrengenden Fahrerei waren die Begegnungen für beide unglaublich beeindruckend. „Ich muss das Ganze erst einmal für mich sortieren, weil es schon – ja – eine extreme Herausforderung war. Der Körper ist vorausgefahren, die Seele fährt ein bisschen hinterher“, sagte Tom Sauer. Beide haben von unterwegs schon viele Eindrücke und Erlebnisse geschildert (die NP berichtete). Außerdem gibt es auf Youtube ein ukrainisches Video über den Besuch der beiden Mitstreiter der „Aktion Roman“, auch um Zeugnis abzulegen, dass die Hilfe sinnvoll und notwendig ist.

Gut organisierte Verteilung

„In Rivne haben wir bei einer ukrainischen Hilfsorganisation noch einige hundert Kilo Brot zugeladen. Die Verteilung der Hilfsgüter ist wirklich gut organisiert. Auch kleine Ortschaften werden beliefert. Tom hatte ja den Hauptpart zu bewältigen, denn hinter dem Lenkrad musste er schier unmögliches fahrerisches Geschick zeigen“, erinnert sich Jürgen Jakob.

Damit aber nicht genug, auch die Gitarre von Tom Sauer war sehr gefragt in vielen Situationen. Jürgen Jakob: „Wir können sehr viel erzählen, aber wir müssen es erst mal sacken lassen. Für uns als an den Frieden gewohnte Menschen, ist es schwer, sich in ein Land zu begeben, was vom Krieg heimgesucht ist.“ Auch wenn beide sehr viel Not und Elend sahen, so trafen sie auch Menschen, die sie freundlich aufnahmen. „Sie hatten selbst nicht viel, aber sie teilten es mit uns. Als wir mit Spritmangel zu kämpfen hatten, tauchte ein alter Lada mit Soldaten der Heimatverteidigung auf und kippte uns mal zwanzig Liter Diesel in den Tank, mitten in der Nacht“, beschreibt Jakob die Hilfsbereitschaft der Menschen.

Tom Sauer und Jürgen Jakob standen bis Ostersonntag noch unter einer Megadosis von Adrenalin. „Nur langsam kommen wir zur Ruhe, aber dennoch sind wir mit all den Leuten in Kontakt, die wir in den letzten Tagen kennenlernen durften“, sagen sie. „Sie werden unsere Hilfe auch weiterhin brauchen und wir werden diese Hilfe auch geben. Unsere letzte Reise in die Ukraine wird es jedenfalls nicht gewesen sein.“

Warnung vor kriminellen „Helfern“

Die Spendenorganisation über die „Aktion Roman“ des TSV Johannisthal jedenfalls ist nun noch intensiver vernetzt. Hilfsorganisationen sind in diesen Krisenzeiten äußerst präsent. „Mit nur wenig Geld könnt ihr Kinder, Ärzte oder andere Betroffene des Ukraine-Kriegs unterstützen“, rufen die ukrainischen Helferinnen und Helfer auf. „Doch leider gibt es auch Kriminelle, die die Notlage zu ihren Gunsten ausnutzen und gefälschte Hilfsorganisationen betreiben.

Tom Sauer und Jürgen Jakob konnten vor Ort mit Anna Vintsyuk sprechen, die bei der Gebietsverwaltung von Lutsk für internationale Beziehungen zuständig ist. „Wir betreuen alle bei uns registrierten Hilfsorganisationen und überprüfen ständig deren Tätigkeit. Leider gibt es einige schwarze Schafe, die die Hilfsbereitschaft ausnutzen und in ihre eigene Tasche wirtschaften“, sagt sie.

Es kam schon vor, dass Hilfslieferungen nicht einmal die polnische Grenze erreichten und Waren vorher verkauft wurden. Nicht jede Organisation sei bereit, auch mal selbst vor Ort nachzuschauen, was los ist. „Ich bin euch mit der Aktion Roman sehr dankbar. Wir werden weiter in Kontakt bleiben.“ Anna Vintsyuk warnte auch ausdrücklich vor verschiedenen Webseiten, die mittlerweile als Spam entlarvt werden konnten. „Wer wirklich spenden möchte, der ist bei der Aktion Roman gut aufgehoben“, versichern Jürgen Jakob und Tom Sauer aus eigenem Erleben. „Durch gut verzweigte Kontakte in der Ukraine kommt die Hilfe wirklich bei den Leuten an, die sie wirklich brauchen.“

Hilfsaktion geht weiter

Die Aktion Roman will nach den Erkenntnissen von Tom Sauer und Jürgen Jakob erst recht weitere Hilfstransporte organisieren. Die Verantwortlichen um Roman Grycak bitten um weitere Unterstützung.

Das wird weiterhin gebraucht: Konserven, Nudeln, Reis, Baby- und Kindernahrung. Gerne auch Süßigkeiten und Kinderspielzeug. Sehr gerne kann auch Tierfutter abgegeben werden.

Willkommen ist auch Wasser in möglichst großen Flaschen. Dazu Verbandsmaterial, Hygieneprodukte, Babywindeln, Schlafsäcke, Isomatten, Decken, Militärkleidung und Schutzausrüstung. Aber auch Verlängerungskabel und Mehrfachstecker, Wasserkocher und Notstrom-Generatoren sind gesucht.

Wasserfilter wären ebenso willkommen. Es würde auch Feuerwehrausrüstung aller Art mitgeschickt, auch Schläuche. Geldspenden sind natürlich auch sehr willkommen. Davon werden beispielsweise ganze Paletten mit haltbaren Nahrungsmitteln gekauft. Ebenso gefragt sind Medikamente wie Blutdruckmittel, Insulin, oder Schmerztabletten.

Spenden können abgegeben werden in der Bäckerei Reif in Johannisthal und bei mobilen Verkaufsfahrzeugen, in der Aral-Tankstelle Johannisthal, im VfR Sportheim Johannisthal (Kassenhäuschen), beim TSF Theisenort (Terrasse) oder am Anhänger der Humanitären Hilfe vor dem Weißenbrunner Rathaus.

Spendenkonten: Markt Küps DE28 7706 9044 0100 7074 73 ; Stichwort:

„Hilfsaktion Roman“. Wer eine Spendenbescheinigung möchte, kann seine Spende unter dem Stichwort „Aktion Roman“ auch auf das Konto der „Humanitären Hilfe für Menschen in Not“ einzahlen:

DE17 7715 0000 0240 0109 91.

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