Wie in alten Zeiten Die Köhler von Koppenwind

Christian Licha

Alle drei Jahre bietet sich am Rande des kleinen Steigerwalddorfes ein ganz besonderes Schauspiel: Hier wird dann nach alter Tradition hochwertige Holzkohle hergestellt – und zwar ganz traditionell mit einem Kohlenmeiler.

Klaus Baumann stammt aus einer Köhler-Familie. „Mir hat es mein Vater Hans-Peter beigebracht, der das Handwerk wiederum von seinem Vater erlernte“, sagt der 50-Jährige. Auch die nächste Generation scheint gesichert zu sein, denn mit Baumanns 29-jährigen Sohn Benedikt hilft auch der Nachwuchs fleißig mit. Alle drei Jahre stellen die Baumanns am Rande des kleinen Steigerwalddorfes Koppenwind nach alter Tradition hochwertige Holzkohle her – und zwar ganz traditionell mit einem Kohlenmeiler.

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Drei Tage Arbeit liegen hinter Klaus Baumann und seiner 15-köpfigen Helferschar, die ausschließlich aus Verwandten und deren Angehörigen besteht. 14 Ster bestes Buchenholz in ein Meter langen Scheiten wurden in mehreren Schichten fein säuberlich aufgeschlichtet, damit ein annähernd halbkugelförmiger Haufen entsteht. Ein Ster entspricht einem Würfel von einem Meter Seitenlänge, also einem Kubikmeter. Das Ganze steht auf der sogenannten Kohlplatte, einer Fläche die mit Feldsteinen vor vielen Jahren dauerhaft befestigt wurde. In der Mitte des Holz-Haufens ist der Docht: Drei Fichtenstangen stehen im Dreieck zueinander, die mit Reisig eingebunden werden. Als Trennschicht wird Moos verwendet, das außen an den Buchenholzscheiten angebracht wird. Zum Schluss wird der Kohlenmeiler mit sandigem Boden bedeckt. „Das sieht dann fast wie ein überdimensionierter Maulwurfshügel aus“, sagt Baumann augenzwinkernd.

Es wird richtig heiß

Nach der schweißtreibenden Vorarbeit wird es dann noch heißer und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wie bei einer Kerze wird der Meiler ganz oben am Docht entzündet. Mit Moos und Boden abgedichtet, wird schließlich das Loch in dem der Docht steht, mit einem Blechdeckel luftdicht verschlossen. Mit Metallspitzen, die Klaus Baumann eigens für die Köhlerei anfertigen ließ, werden einzelne Zuglöcher eingestochen, mit denen das Feuer im Meiler reguliert werden kann. „600 bis 700 Grad heiß wird es im Inneren des Meilers“, weiß der Köhler aus Leidenschaft, der auch am Rauch erkennt, wie sich das Feuer entwickelt. Durch die Farbe des Rauches weiß Baumann, ob zu viel oder zu wenig Luftzufuhr herrscht und wie weit die Verkohlung vollendet ist.

Ist der Rauch weiß und dicht, ist das Holz noch nicht verkohlt, ist er hell, fast durchsichtig und langsam bläulich, ist das Holz verkohlt. Der Meiler verkohlt von oben nach unten. In dessen verlauf sackt der Meiler langsam ein. „Nach drei Tagen ist das Gröbste überstanden“, sagt der Fachmann, der sich für die etwa acht Tage andauernde Aktion extra Urlaub genommen hat. Denn Tag und Nacht muss der Köhler beziehungsweise die Rauchentwicklung überwacht werden. Wenn die Verkohlung beendet ist, ist der Meiler auf die Hälfte seines ursprünglichen Volumens zusammengeschrumpft. Die Abdeckung wird geöffnet, und dann wird die Kohle mit einem Rechen und Schaufeln ausgezogen und zum Abkühlen ausgebreitet. Zwei Tage muss die Kohle trocknen. Bei idealen Verhältnissen ergeben ein Ster Rohholz rund 100 Kilo Holzkohle. Die Familie Baumann will damit kein Geschäft machen, sondern teilt das „schwarze Gold“ unter den Helfern auf. „Die Qualität unserer Holzkohle ist überhaupt nicht mit Kohle aus dem Baumarkt zu vergleichen“, sagt Klaus Baumann, und hält ein Stück des verkohlten Holzes in der Hand: „Wenn sie bläulich schimmert, dann ist das die beste Qualität, die man sich vorstellen kann“. Im Gegensatz zur Fabrikherstellung verwenden die Baumanns nur reines Buchenholz, wodurch viel größere Kohlebrocken und weniger Feinanteil als bei im Handel gekaufter Ware entsteht.

Bis 1987 wurde in Koppenwind gewerblich die Holzkohleherstellung so betrieben. Ganz früher wurden die Köhler „schwarze Männer“ genannt, weil sie im dunklen Steigerwald lebten und durch die Arbeit ständig voller Ruß und Kohlenstaub waren. Mehr als 1000 Jahre war Koppenwind eine Hochburg der Köhlerei. 24 Kohlplatten sind nachgewiesen. Klaus Baumann vermutet sogar, dass es die berühmte Glashütte von Balthasar Neumann in Fabrikschleichach ohne die Köhler wohl nicht gegeben hätte: Die Glasproduktion war nämlich damals auf den hochwertigen Brennstoff angewiesen.