Wohnen Was Mieter dürfen – und was nicht

Harald Czycholl

Grillverbot, Mülltrennung und kein Lärm nach 22 Uhr: Mittels der Hausordnung machen Vermieter ihren Mietern viele Vorgaben. Aber nicht jede Regelung ist wirksam.

 
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Leicht bekleidet oder auch nackt auf dem Balkon sein, das ist erlaubt, entschied ein Gericht Foto: imago/Kike Arnaiz

Sonnensegel, Palmenkübel und ein Grill: Wer einen Balkon hat, kann sich dort im Sommer fast wie im Urlaub fühlen. Dann schickt man noch die Kinder zum Fußballspielen in den Hof und lässt für ein bis zwei Stunden die Seele baumeln. Doch ganz so einfach ist es nicht: Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, ist nämlich gewissen Grenzen der Entfaltung unterworfen – und diese Grenzen sind meist in der Hausordnung festgeschrieben. „Die Freiheit hat dort ihre Grenzen, wo sie die Rechte der Nachbarn oder des Vermieters einschränkt“, bringt es Michaela Rassat, Juristin beim Leistungsservice der Ergo-Rechtsschutzversicherung, auf den Punkt.

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Steht die Hausordnung im Mietvertrag, dürfen Vermieter mehr einfordern

Allerdings ist umgekehrt auch nicht alles, was in der Hausordnung steht, rechtlich bindend – zumindest solange es sich nur um eine allgemeine Hausordnung handelt, die als Aushang im Treppenhaus zu finden ist. „In der allgemeinen Hausordnung erlaubt sind ausschließlich ‚ordnende Hinweise‘, etwa zu Ruhezeiten oder zur Nutzung von Gemeinschaftsräumen wie der Waschküche sowie von Gemeinschaftsgarten und Treppenhaus“, erläutert Wolfgang Müller, Rechtsexperte der Ideal-Versicherung. Außerdem können Vermieter Sauberkeit und Ordnung im Haus verlangen. Schon Hinweise zur Mülltrennung oder zum Winterdienst dürfen nicht Bestandteil der allgemeinen Hausordnung sein – hier ist nämlich die ausdrückliche Zustimmung des Mieters notwendig. Diese kann der Vermieter aber wiederum erwirken, indem er die Hausordnung zum Bestandteil des Mietvertrags macht.

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Ist die Hausordnung Bestandteil des Mietvertrags, kann der Vermieter mehr tun als nur „ordnende Hinweise“ zu geben: „Er kann die Mieter beispielsweise auch zur Reinigung des Treppenhauses, zum Laubfegen, zur Gartenarbeit oder zum Schneeräumen und Streudienst verpflichten“, informiert Rechtsexperte Müller. Darüber hinaus darf er unter anderem Vorgaben zur Mülltrennung, zur Untervermietung oder zur Freihaltung von Flucht- und Rettungswegen machen.

Kinderlärm und Musik kann nicht komplett verboten werden

Möglich sind zudem Einschränkungen beim Grillen oder Wäschetrocknen auf dem Balkon und zur Nutzung von Gemeinschaftsflächen. Das Fußballspielen im Hof oder auf der Rasenfläche vor dem Haus kann dann beispielsweise ausdrücklich verboten sein. Und Verstöße haben Konsequenzen: „Verstößt ein Mieter gegen die vertragliche Hausordnung, riskiert er eine Abmahnung durch den Vermieter“, erklärt Wolfgang Müller. „Bei mehrfacher Missachtung und in schweren Fällen kann sogar eine Kündigung erfolgen.“

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Aber auch wenn der Mieter die Hausordnung als Mietvertragsbestandteil ausdrücklich mit seiner Unterschrift bestätigt hat, ist trotzdem nicht jede dort niedergeschriebene Regelung rechtlich wirksam. Denn dem Bürgerlichen Gesetzbuch zufolge gilt der Grundsatz, dass Mieter nicht unangemessen benachteiligt werden dürfen. „Pauschale Verbote, etwa von Kinderlärm, Musikinstrumenten, Haustieren oder Rollatoren und Kinderwagen im Hausflur, sind unwirksam“, sagt Müller. „Auch Besuch und Übernachtungen von Gästen oder das Rauchen innerhalb der Wohnung darf der Vermieter nicht untersagen.“ Ebenso darf der Vermieter nicht das Wäschetrocknen in der Wohnung verbieten oder eine Klausel in die Hausordnung aufnehmen, die es ihm erlauben würde, die Wohnung jederzeit zu betreten.

Nackt auf dem Balkon ist erlaubt, Sex nicht

Ganz eindeutig ist die Rechtslage bei den pauschalen Verboten allerdings auch nicht: „Ein Kinderwagen zum Beispiel darf nur im Hausflur stehen, wenn genug Platz ist, Fluchtwege freigehalten werden und kein alternativer, gut erreichbarer Abstellplatz vorhanden ist“, sagt Müller. Und hemmungsloses Musizieren ist auch nicht erlaubt: Zwei bis drei Stunden an Werk- sowie ein bis zwei Stunden an Feiertagen sind erlaubt, hat der Bundesgerichtshof vor dreieinhalb Jahren entschieden (Aktenzeichen: V ZR 143/17).

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Generell ist es für Mieter empfehlenswert, Rücksicht auf die Interessen des Vermieters und der Nachbarschaft zu nehmen und deren Toleranz nicht zu sehr zu strapazieren. Wobei die Grenzen des Zumutbaren fließend sind. So ist es beispielsweise nicht verboten, sich auf dem Balkon knapp bekleidet oder gar nackt zu sonnen. Das Amtsgericht Merzig etwa entschied vor einiger Zeit, dass das Mietverhältnis einer freizügigen Mieterin nicht mit der Begründung gekündigt werden dürfe, dass die Sonnenbäder Gesprächsstoff in der Nachbarschaft liefern würden (AZ: 23 C 1282/04). Sex auf dem Balkon geht hingegen zu weit, so das Amtsgericht Bonn (AZ: 8 C 209/05). In dem Fall hatte die Mieterin eines Mehrfamilienhauses auf dem Balkon mit ihrem Freund geschlafen. Die Nachbarn beschwerten sich darauf beim Vermieter, der die Mieterin abmahnte. Die Richter gaben ihm recht – denn Sex auf dem Balkon würde den Hausfrieden stören.

Recht auf rauchfreie Zeiten

Balkon
Unentwegt Zigaretten auf seinem Balkon zu rauchen, kann Konflikten mit den Nachbarn und dem Vermieter auslösen. Zwar gehört das Rauchen zur Freiheit der Lebensführung und kann deshalb auch auf dem Balkon nicht grundsätzlich mithilfe der Hausordnung verboten werden. Aber immer wieder urteilen Gerichte, dass die Nachbarn das Recht auf rauchfreie Zeiten haben.

Zu viel Qualm
In einem Fall aus dem Jahr 2015 bekam ein Ehepaar aus Premnitz in Brandenburg recht, als diese sich über den Zigarettenqualm der Nachbarn aus der unteren Etage beklagten. Dabei war aufseiten der Kläger von bis zu 20 Zigaretten am Tag die Rede. Das Gericht ordnete daraufhin an, dass rauchfreie Zeiten festgelegt werden müssen (AZ: V ZR 110/14).