Zimmerergeselle auf der Walz Schmölzer ist drei Jahre und einen Tag unterwegs

Andrea Hänel
Bürgermeister Bernd Rebhan verabschiedet den Zimmerergesellen Pierre Mühlfeld aus Schmölz, der sich im Anschluss in seiner Zunfttracht auf die Walz, einer spannenden Reise ins Ungewisse, begab. Foto: /Andrea Hänel

Pierre Mühlfeld startete jüngst seine außergewöhnliche Reise. Drei Jahre und einen Tag will der Geselle unterwegs sein. Zu Fuß oder per Anhalter, ohne Handy und stets auf der Suche nach Arbeit.

 
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Ein bemerkenswertes Vorhaben setzt Pierre Mühlfeld aus Schmölz in die Tat um. Der Geselle, der seine Ausbildung im Zimmereibetrieb Stenglein erfolgreich absolvierte, machte sich in seiner traditionellen Handwerkskluft auf den Weg, um in der Fremde sein Können zu verfeinern, neue handwerkliche Herausforderungen zu meistern, seinen Horizont zu erweitern und die Welt zu erkunden. Er begab sich jüngst auf die Walz, eine Besonderheit, die in den vergangenen Jahrzehnten in Küps nicht registriert werden konnte.

Dabei gibt es Regeln zu beachten, die seit Jahrhunderten gelten. Der Handwerksgeselle muss eine abgeschlossene Lehre vorweisen, ledig, kinderlos, schuldenfrei und unter 30 Jahre alt sein. Auf der Walz darf er kein Handy und kein eigenes Fahrzeug benutzen. Mitnehmen kann er nur das Allernötigste, was in ein Tuch, das sogenannte „Charlottenburger“ eingeschlagen und so von ihm transportiert wird. Der Wandersmann muss sich selbst von Ort zu Ort um Arbeit kümmern und so für seine Verpflegung und Unterbringung sorgen. Er darf kein Geld mitnehmen und mindestens drei Jahre und einen Tag lang auch den Bannkreis von 50 Kilometern, der seinen Heimatort umgibt, nicht betreten. Dies bedeutet für den jungen Mann, die Komfortzone zu verlassen, sich von Eltern und Freunden zu verabschieden und eine Reise ins Ungewisse zu starten.

Besuch im Rathaus

Verabschiedet hat sich Pierre Mühlfeld auch von Bürgermeister Bernd Rebhan, dem er im Rathaus einen Besuch abstattete. Das Gemeindeoberhaupt freute sich über diesen besonderen und zweifellos auch sehr mutigen Schritt, den der junge Mann durchführt. „Es kamen ja öfter Wandergesellen aus allen Himmelsrichtungen vorbei, die ein Zehrgeld bekamen“, meinte der Rathauschef. „Aber wenn man einen jungen Menschen seit Jahren persönlich kennt und seinen Werdegang beobachten konnte, ist es schon etwas ganz Besonderes, wenn dieser aufbricht, um auf die Walz zu gehen. Da sieht man diese ganze Tradition plötzlich viel tiefgründiger!“, verriet der Gemeindechef und beglückwünschte Pierre Mühlfeld zu seinem Vorhaben.

Nach einem kleinen Abschiedsfest von den Freunden wurde Pierre Mühlfeld von seinen Eltern nach Nürnberg gebracht, wo sich mehrere Gesellen zum „Spinnermarsch“ zusammenfanden. In Begleitung eines anderen Wandergesellen ging dann die Reise los – Richtung und Ziel offen. Der ältere Geselle wird den Neuling Pierre Mühlfeld nun in das Regelwerk der Walz einweisen. Dazu gehören die Ehrbarkeit, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Achtung vor der Ehre der Mitmenschen und Gewaltlosigkeit. Dann wird nach wenigen Monaten Pierre Mühlfeld die Reise allein fortsetzen, viele neue Orte und Menschen kennenlernen und eine gehörige Portion Lebenserfahrung sammeln können.

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