Vergleichsweise kleine Ereignisse haben zum Teil große Auswirkungen auf die Zukunft – auch in der Natur. Ein Beispiel dafür könnte das Abholzen einer bestimmten Palmenart in Uganda sein.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Krankheitserreger aus dem Tierreich können auf den Menschen überspringen. Daran sind oft äußere Einflüsse schuld. So könnte das Abholzen des Regenwaldes in Uganda einen Nährboden für potenziell auch für den Menschen gefährliche Viren bieten, warnt eine US-Studie.
Vergleichsweise kleine Ereignisse haben zum Teil große Auswirkungen auf die Zukunft – auch in der Natur. Ein Beispiel dafür könnte das Abholzen einer bestimmten Palmenart in Uganda sein.
Nach der Werbung weiterlesen
Denn diese Palmen waren eine wichtige Mineralstoffquelle für Schimpansen, die daraufhin auf Fledermaus-Exkremente umschwenkten. Diese wiederum enthielten eine ganze Reihe einzigartiger Viren – und damit das Potenzial für neue vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheiten, warnt eine Studie im Fachblatt „Communications Biology“.
Wie das Team um Tony Goldberg von der University of Wisconsin-Madison in den USA berichtet, sei die Raffia-Palme (Raphia farinifera) zwischen 2006 und 2012 im ugandischen Budongo-Wald – einem Wildschutzgebiet – fast vollständig ausgerottet worden. Grund dafür war die steigende internationale Nachfrage nach Tabak: Die örtlichen Tabakbauern fällten die Palmen, um aus deren Blätter Schnüre herzustellen, die sie nutzten, um Tabakblätter zum Trocknen zusammenzubinden.
In der Folge wurde beobachtet, dass die Schimpansen im Wildschutzgebiet begannen, Fledermaus-Exkremente – auch Fledermaus-Guano genannt – unter hohlen Bäumen hervorzuholen und zu fressen.
Diese Beobachtung führte zu zwei Thesen: Einerseits glaubte die internationale Forschungsgruppe, dass die Menschenaffen Guano konsumierten, um einen Mineralmangel in ihrer Nahrung auszugleichen. Zudem gingen sie davon aus, dass die Tiere neben den Mineralien auch eine ganze Reihe Viren aufnahmen.
Zur Überprüfung dieser Vermutungen stellte das Team eine Kamera an einem hohlen Baum im Budongo-Wald auf, in dem eine Kolonie von Noacks Blattnasenfledermäusen (Hipposideros ruber) nistete. Tatsächlich zeigten die Videoaufnahmen aus den Jahren 2017 bis 2019, wie die Schimpansen an 71 verschiedenen Tagen 92-mal Fledermaus-Guano fraßen.
Neben den Menschenaffen wurden indes auch Westafrikanische Guereza (Colobus guereza occidentalis), eine Unterart der Mantelaffen, sowie die kleine Antilopen-Art Rotducker (Cephalophus natalensis) bei diesem Verhalten beobachtet. Da sowohl die Mantelaffen als auch die Rotducker in Budongo nicht so intensiv erforscht worden seien, sei unbekannt, ob der Guano-Konsum auch für diese Tiere etwas Neues ist, heißt es in der Studie.
Darüber hinaus lege ein am Baum gefundener Schaufelstock nahe, dass auch Menschen den Guano sammelten – vermutlich als Dünger. Tatsächlich ist der an Stickstoff und Phosphor reiche Fledermauskot, der auch Kalium, Calcium und Magnesium enthält, weltweit als Naturdünger sehr beliebt.
Eben jene Mineralien stecken auch im Mark der Raffia-Palme, weswegen die Pflanze eine wichtige Nährstoffquelle für Schimpansen und andere Tiere im Wald war. Mit ihrem zunehmenden Verschwinden mussten sich diese umstellen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Guano-Konsum durch Budongo-Wildtiere eine Verhaltensanpassung an die Mineralienknappheit sein könnte“, heißt es in der Studie.
Diese Schlussfolgerung werde durch eine langjährige Reihe von Belegen gestützt, die zeigten, dass Wildtiere in Budono auf das Verschwinden von Raffia-Palme mit der Suche nach alternativen Mineralienquellen reagierten. „Der Guano enthielt Konzentrationen von Kalium, Magnesium, Natrium und Phosphor, die denen anderer Nahrungsquellen entsprachen oder sie übertrafen“, schreiben die Wissenschaftler.
Neben den Nährstoffen enthielt der Fledermaus-Guano aber eine ganze Reihe von Krankheitserregern. „Metagenomische Analysen des Guanos identifizierten 27 eukaryotische Viren, darunter ein neuartiges Betacoronavirus“, heißt es weiter in der Analyse. Das neuartige Coronavirus tauften die Forscher auf den Namen Buhirugu-Virus 1. Es sei mit dem Covid-19-Erreger verwandt.
Laboruntersuchungen des neuen Coronavirus konnten allerdings nicht beantworten, ob dieses für den Menschen infektiös sei. Nichtsdestotrotz zeige die Arbeit, welche Faktoren grundsätzlich bei der Entstehung von Zoonosen – also Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übergehen könne – eine Rolle spielen könnten.
„In Budongo führte die internationale Nachfrage nach Tabak zu einer selektiven Abholzung der lokalen Wälder und zum Verlust einer primären Quelle für Nahrungsmineralien, was wiederum zum Verzehr von Guano durch Wildtiere und zur Exposition von Wildtieren gegenüber Fledermausviren führte, darunter ein enger Verwandter der pandemischen SARS-Coronaviren“, resümieren die Forscher.
Das Verständnis von Kausalketten wie dieser könnte einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Zoonosen leisten, schreiben die Autoren – und Hinweise für einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen geben, um potenzielle Übertragungen zu vermeiden.
„Im Vergleich zu den Kosten einer Pandemie wären beispielsweise die Kosten, die entstehen würden, wenn man den örtlichen Landwirten Ersatzstoffe für R. farinifera zur Herstellung von Schnüren zum Trocknen von Tabakblättern anbieten würde, wahrscheinlich trivial.“
Verursacher
Zoonosen (altgriechisch: „zōon“/Tier und „nósos“/Krankheit) sind von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbare Infektionskrankheiten, die bei Wirbeltieren natürlicherweise vorkommen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO können die Infektionen durch Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen und andere Parasiten (vor allem Würmer) verursacht werden.
Formen
Unterschieden wird in Zooanthroponosen (Wirbeltierkrankheiten, die auf den Menschen übertragen werden) und Anthropozoonosen (Humanerkrankungen, die auf ein Wirbeltier übertragen werden).
Erreger
Beispiele für virale Zoonosen sind: Noroviren, Tollwut, Vogelgrippe, SARS, Schweinegrippe, Ebolafieber, Herpes B. Beispiele für bakterielle Zoonosen sind: Borreliose, Milzbrand, Pest, Salmonellose, Tuberkulose.Erreger
Toxoplasma gondii
In Deutschland ist im Zusammenhang mit Heimtieren der Erreger „Toxoplasma gondii“ wohl am gefährlichsten. Bei Menschen, deren Immunsystem supprimiert ist, kann eine solche Infektion unter Umständen sehr schwer verlaufen. Die Katze ist der Wirt dieses Parasiten. Menschen können sich direkt bei den Katzen anstecken oder wenn sie mit dem Erreger kontaminiertes Fleisch essen. Problematisch ist eine Neuerkrankung mit „Toxoplasma gondii“ während der Schwangerschaft. Nach einer RKI-Studie machen jährlich etwas mehr als 4000 schwangere Frauen eine Toxoplasmose durch, über 300 Neugeborene kommen mit klinischen Symptomen der Krankheit zur Welt.
Borreliose-Infektion
Zudem erhöhten Katzen einer anderen RKI-Studie zufolge mehr noch als Hunde das Risiko für eine Borreliose-Infektion. Die Katzen nehmen die Zecken draußen auf, und sie übertragen sich zum Beispiel beim Schmusen.
Meerschweinchen & Co.
Nach Angaben der Tierärztlichen Hochschule Hannover sind schlimme Krankheitsbilder bei der Haltung von kleineren Haustieren wie Meerschweinchen, Hamstern oder Kaninchen nicht zu erwarten. Allenfalls könne etwa ein Kaninchenschnupfen übertragen werden. Hamster sind häufig von tropischen Rattenmilben befallen. Deren Bisse könnten beim Menschen leichte, rötliche Pusteln hervorrufen. Bei Wildtieren ist das Risiko einer Zoonose deutlich höher. So können Igel beispielsweise Hautpilze übertragen. In den USA seien Waschbär-Spulwürmer bei Kindern nachgewiesen worden, die im Sandkasten gespielt hatten.