Einen entscheidenden Vorteil bringt die klassische V-Formation, in der viele Vögel ziehen. In dieser Formation bekommt das vorderste Tier den Großteil des Winds ab. Nachfolgende Vögel können von den Luftverwirbelungen der voranfliegenden profitieren und so Energie sparen. Ornithologen sprechen bei diesen Luftverwirbelungen von einer Wirbelschleppe. Immerhin zehn bis sechsunddreißig Prozent Energie sparen Kanadagänsen mit diesem Trick, errechnete der Biologe F. Reed Hainsworth von der Universität Syracuse im Bundesstaat New York.
Der französische Ornithologe Henri Weimerskirch hat die Herzfrequenz fliegender Pelikane gemessen. Das Herz des Vogels, der zuvorderst in der V-Formation fliegt, schlägt demnach etwa 190-mal pro Minute. Hinten geht es deutlich ruhiger zu: Die Herzen der nachfolgenden Pelikane begnügen sich mit 160 Schlägen in der Minute. Zum Vergleich: Selbst in einem energiesparenden Gleitflug sind es immerhin noch etwa 150 Schläge pro Minute. Es fliegt aber nicht stets das stärkste Tier voran. Der Vogel an der Spitze wird regelmäßig ausgewechselt.
Die Tiere nutzen das Magnetfeld
Um in die Brutgebiete vorzudringen, müssen sich die Zugvögel über weite Strecken hinweg orientieren. Gebirgsketten, Küstenverläufe, Flüsse, große Seen und andere weithin sichtbare Anhaltspunkte bieten Orientierungsmöglichkeiten. Auch Sonne, Mond und Sternen können der Navigation der Tiere dienen.
Im Vergleich zum Menschen haben Zugvögel aber noch eine besondere Fähigkeit: Sie können sich am Erdmagnetfeld orientieren. Zwar wissen Ornithologen bereits seit einiger Zeit, dass die Tiere das Magnetfeld nutzen – wie sie das tun, ist aber bis heute nicht abschließend geklärt.
Orientierung am Licht
Der Biologe Dominik Heyers von der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg geht davon aus, dass Zugvögel das Magnetfeld der Erde sogar sehen können. In den Augen von Zugvögeln konnten sogenannte Cryptochrome nachgewiesen werden, die dabei als Rezeptormoleküle fungieren könnten.
Zudem orientieren sich Vögel mithilfe von polarisiertem Licht. Durchdringt Sonnenlicht die Atmosphäre, werden die Lichtwellen gestreut. Dabei entstehen charakteristische Polarisationsmuster am Himmel, die uns Menschen in der Regel verborgen bleiben. Vögel aber können die Muster wahrnehmen und nutzen sie zur Navigation. Einen Blick für polarisiertes Licht haben übrigens nicht nur Zugvögel, sondern unter anderem auch Honigbienen, Große-Mausohren-Fledermäuse oder Wasserwanzen.