"Vereinfacht gesagt: Wer wenig verdient, hat kein Auto und macht keine Fernreisen, wohnt aber beengt dort, wo die Luft besonders schlecht und der Lärm besonders laut ist." Zu befürchten sei zudem, dass sich die Belastungen für diese Haushalte im Zuge des fortschreitenden Klimawandels noch verschärfen, da gerade in diesen Gegenden Probleme mit Hitzeinseln und wenig Zugang zu Grünflächen bestehen.
Arme schon immer im Nachteil
Neu sei dieses Phänomen nicht: "Historische Daten offenbaren, dass schon vor 200 Jahren die Villen der Fabrikanten dort gebaut wurden, wo der Wind und damit die frische Luft herkam (meist im Westen), und in Windrichtung der Fabrik (meist nach Osten) die Wohnquartiere der Fabrikarbeiter*innen."
Welchen Bildungsabschluss Kinder erreichen, hänge sehr stark vom Bildungsniveau der Eltern ab. Dass jeder Mensch durch eigene Arbeit den Aufstieg schaffen könne, sei ein zentrales Versprechen der sozialen Marktwirtschaft. In Deutschland sei die soziale Mobilität aber geringer als in den meisten anderen reichen Ländern. "Vor allem die Aufstiegschancen der unteren Einkommensgruppen sind gering und sinken derzeit weiter."
Wen das Sparen an öffentlicher Infrastruktur trifft
Um soziale Gerechtigkeit gehe es auch, wenn wie in Deutschland seit Jahren zu wenig in den Erhalt von Schwimmbädern, Schulen und anderer öffentlicher Infrastruktur investiert werde. Gerade arme Haushalte seien darauf angewiesen. "Wer es sich leisten kann, schickt seine Kinder auf eine private Schule, hat ein eigenes Schwimmbad und kann bequem mit seinem Auto überall hinfahren", heißt es dazu. "Wer sich all das nicht leisten kann, ist auf öffentliche Schulen, Hallenbäder und ÖPNV angewiesen – sprich einen leistungsfähigen Staat und eine gute Infrastruktur."
Negativbeispiele gebe es auch im Bereich staatlicher Förderprogramme - etwa dem für den Kauf und die Installation einer Ladestation für Elektroautos (Wallbox) in Kombination mit einer Photovoltaikanlage und einem Solarstromspeicher. "Davon profitierten nämlich vor allem Eigenheimbesitzende, die sich ein Elektroauto leisten können." Eine ohnehin wirtschaftliche Investition sei für diese wohlhabende Klientel noch wirtschaftlicher gemacht worden.
Bei bestehenden Förderprogrammen gebe es nahezu durchgängig solche Ausschlusseffekte: Finanzstarke Haushalte können von vielen Programmen und steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten profitieren, arme Haushalte nicht. Wer über die finanziellen Mittel verfüge, könne auch einem Verbot von Gasheizungen oder Verbrennungsmotoren schneller und leichter folgen.
Wachsende Ungleichheit bedeutet Ruck nach rechts
Mit der wachsenden Ungleichheit steige die Angst vor Veränderungen, "und für viele ist die persönliche Zumutbarkeitsschwelle, ob berechtigt oder nicht, erreicht. Die Solidarität sinkt. Die Gesellschaft rückt nach rechts."
Weitere Kapitel sind Themen wie Gleichberechtigung, Bildung und Ernährung gewidmet. Erklärt wird zudem, dass die Kostenwahrnehmung beim Klimaschutz derzeit vielfach viel zu kurzfristig sei. Bei der Behauptung, dass die Bekämpfung des Klimawandels zu viel kostet, werde ausgeblendet, dass Untätigkeit am Ende viel mehr kosten würde.
"Verpasst Deutschland in der Energiewende den großen Sprung, würde das für uns alle langfristig teurer und keineswegs sicherer werden. Im schlimmsten Fall werden die Schäden – etwa durch einen ungebremsten Klimawandel – irreparabel sein."
"Dieses Buch ist für uns der Startschuss auf einem längeren Weg", heißt es abschließend. Ein großer Sprung in eine bessere Zukunft sei in Deutschland möglich, wenn auch hoch ambitioniert. Auch ein gutes Leben für alle auf dieser Erde sei eine große, aber machbare Gemeinschaftsaufgabe. "Mit diesem Buch schlagen wir eine Richtung vor. Die genauen Wege müssen wir gemeinsam finden."