Eigener Inhalt Frisch gestärkt

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Am 6. Januar darf man aus Tradition trinken. Ach – man muss. Nur zu viel sollte es nicht sein. Egal, was genau man feiert

 
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So ganz sicher sind sich die Fachleute nicht, was denn am 6. Januar nun tatsächlich begangen wird: die Erscheinung Jesu, die Ankunft der Heiligen Drei Könige, der frühere Jahreswechsel – oder vielleicht doch die letzte der mysteriösen Raunächte. Nur eins ist klar: Gefeiert wird in
jedem Fall.

Die Debatte geht schließlich schon beim Namen los. Wer zu Epiphanias neigt, glaubt wohl eher an eine Erscheinung. Beim Dreikönigstag gedenkt man ziemlich sicher der viel zitierten Weisen aus dem Morgenland. Hochneujahr ist wörtlich genommen der Einstieg in 2018. Und beim "Öberschden" liegt der Ursprung – zumindest was das Wort angeht – ganz klar im heidnischen Brauchtum.

Und in der Beobachtung des Himmels. Weil ein Jahr aus zwölf Mondmonaten nur 354 Tage umfasst, das Sonnenjahr jedoch 365, werden die fehlenden elf Tage – beziehungsweise zwölf Nächte – "außerhalb der Zeit" eingeschoben. Und zwar zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar. Ideale Voraussetzungen für die Annahme, dass während dieser Spanne die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt seien und womöglich sogar die Grenzen zu anderen Welten.

Sei es am Ende, wie es will – es gibt die große Chance, sich nicht nur einfach so, sondern mit bestem Grund dem Alkohol hinzugeben. Und weil das ausschließlich aus Gründen der Tradition erfolgt, dürfen die Krüge ganz offensiv und ohne Reue gehoben werden.

Wie es fränkischer Brauch will, trinkt man sich am 6. Januar die "Stärk‘" an. Was sicherlich ordentlich geschehen sollte, weil Kraft und Gesundheit ja ein ganzes Jahr vorhalten sollen. Nirgendwo steht im Übrigen, dass ein vergleichbares Ritual bei Thüringern oder Sachsen seine Wirkung verfehlen würde.

Traditionalisten behaupten, es müsse für jeden Monat ein "Seidla" vom Bock getrunken werden. Also idealerweise zwölfmal ein halber Liter von einem Bier, das stärker gebraut ist als üblich. Das Befolgen dieser Regel dürfte allerdings bei den wenigsten Kräfte mobilisieren. Zumindest nicht für den Moment. Es bietet sich daher an, entweder von der Zwölfer-Regel abzuweichen oder von der Größe des Gebindes.

Mit dem Dreikönigsfest hat der Umtrunk nichts zu tun. Aber wenn man den einen oder anderen bösen Geist damit vertriebe, wäre es ja auch schon ein Erfolg. Und im Verlauf der Kräfte schenkenden Verkostung kann man ja ein wenig über den Disput nachsinnen, wie es sich wohl zugetragen hätte, wären die Weisen aus dem Morgenland weiblich gewesen. Geschlechter-Debatten liegen derzeit ja im Trend.

Frauen sind sich sicher, ihre Geschlechtsgenossinnen wären damals garantiert nicht ewig herumgeirrt, sondern hätten nach dem Weg gefragt, wären demzufolge rechtzeitig angekommen, um bei der Geburt zu helfen, und hätten praktische Geschenke wie Windeln, Fläschchen und Spielzeug mitgebracht. Selbstverständlich hübsch verpackt. Anschließend hätten sie die Tiere aus dem Stall verbannt, alles ordentlich geputzt und einen leckeren Eintopf gekocht!

Männer hingegen sind der Überzeugung, dass in diesem Falle das Fest erst im Februar gefeiert würde. So lange hätten die Frauen ja gebraucht, um sich für passende Kleider, Schuhe und Frisuren zu entscheiden. Obendrein hätten sie zweimal umkehren müssen, weil sie nicht sicher gewesen wären, ob sie das Licht abgedreht, den Herd ausgeschaltet und die Haustür zugesperrt hätten. Und dann hätten sie noch länglich gestritten, welche Seite der Karte nach Norden zeigt.

Definitiv bedarf derlei Erörterung eines Anstoßes – nicht nur gedanklicher Art. Na denn: Prost!

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